Der steirische Gemeindebund-Präsident Erwin Dirnberger (im Bild mit dem österreichischen Gemeindebund-Chef Alfred Riedl) über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Gemeinden und die kommende Gemeinderatswahl.
NEUES LAND: Herr Präsident Erwin Dirnberger, gibt es Hochrechnungen, wie groß das Minus bei den steirischen Kommunen infolge der Corona-Krise durch weniger Ertragsanteile und Kommunalsteuern ist?
Erwin Dirnberger: Fakt ist, dass der Bund, die Länder und alle Gemeinden durch den Rückgang der Ertragsanteile-Steuermittel betroffen sind. Im Mai machte das zum Beispiel in meiner Gemeinde Söding-St. Johann 17 Prozent aus, im Juni waren es schon 37 Prozent. Die Prognose für Juli beträgt 22 Prozent. Es wird heuer wohl noch in allen Monaten ein Minus geben und leider ist die Corona-Krise noch lang spürbar. Wie hoch das im Jahresschnitt sein wird, ist offen. Bei einem Minus von 10 Prozent würde das für die steirischen Gemeinden ein Fehlbetrag von 140 Millionen Euro sein. Auch die Kommunalsteuer ist eingebrochen. Das ist aber von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich.
NL: Die Gemeinden sind der größte Auftraggeber für die regionale Wirtschaft. Aus Spargründen muss jetzt vieles zurückgestellt werden. Wie dramatisch ist die Situation?
Dirnberger: Das Alltagsgeschäft haben wir bestmöglich aufrechterhalten. Was dringend und nötig ist, muss getätigt werden – auch bei den Bauinvestitionen.
Hilfspaket des Bundes
NL: Wie stark kann in dieser Situation das Corona-Hilfspaket des Bundes den Gemeinden helfen?
Dirnberger: Das Hilfspaket mit einer Milliarde Euro ist eine richtige Maßnahme, weil sie auch die Wirtschaft ankurbelt und damit Arbeitsplätze sichert. Schwierig ist es für die Gemeinden, die zweiten 50 Prozent für ein geplantes Projekt aufzubringen. Deshalb gibt es die Zusage vom Landeshauptmann, dass jene Gemeinden, die es nicht schaffen, durch Bedarfszuweisungsmittel unterstützt werden. Ein Schmerzpunkt ist aber der Wegebau, der von dieser Bundesförderung derzeit nicht erfasst ist. Gerade in den ländlichen Gemeinden ist der Wegebau ein wichtiger Faktor. Es gibt aber in der Zwischenzeit positive Signale, dass auch der Wegebau gefördert wird.
Wahlen am 28. Juni
NL: Die Gemeinderatswahlen am 22. März mussten wegen der Corona-Krise abgebrochen werden und werden am 28. Juni weitergeführt. Das heißt aber auch nochmalige Wählerverständigung, strenge Hygieneschutzbestimmungen und anderes mehr. Verlieren die Wähler da nicht die Übersicht?
Dirnberger: Es liegt an uns, das alles bestmöglich zu transportieren. Mir ist wichtig zu betonen, dass jeder eine Wahlkarte beantragen kann, der noch nicht gewählt hat – vor allem dann, wenn man verhindert, krank ist oder das Wahllokal nicht betreten will. Jene, die schon vorher eine Wahlkarte beantragt haben und diese noch nicht abgegeben haben, müssen diese verwenden. Sie bekommen keine neue und alle Wahlkarten müssen vor Wahlschluss bei der Wahlbehörde unterschrieben abgegeben werden. Die Stimmen jener, die schon am vorgezogenen Wahltag oder per Wahlkarte gewählt haben, werden alle am 28. Juni mitausgezählt.
NL: Droht in der Summe eine Wahl, die niemanden mehr so richtig interessiert? Wird die Wahlbeteiligung sinken?
Dirnberger: Die Gefahr ist groß, dass die Wahlbeteiligung sinkt. Deswegen muss man allen sagen, dass das ein demokratisches Recht und eigentlich auch eine Pflicht ist. Der hingeht, der entscheidet.
NL: Spielt das Thema Gemeindezusammenlegung bei dieser Wahl noch eine Rolle?
Dirnberger: Vereinzelt vielleicht schon, aber in den allermeisten Gemeinden, so auch in meiner, ist das schon positiv erledigt. Wo der Wille zur Zusammenarbeit da ist, funktioniert es.
Zur Person
Seit 30 Jahren ist Erwin Dirnberger (62) Bürgermeister. Von 1990 bis 2015 stand er an der Spitze der Gemeinde St. Johann-Köppling. Dann kam es zur freiwilligen Fusion mit Söding, seither leitet er die Fusionsgemeinde Söding-St. Johann. Seit 1996 ist der Landtagsabgeordneter und seit dem Jahr 2007 Präsident des Steiermärkischen Gemeindebundes.
Beitragsfoto: Brodschneider