Georg Thünauer, Sprecher der Bio Ernte Steiermark, über den Anstieg an Bio-Weinflächen, neue Sorten und eine tolle Veranstaltung.
NEUES LAND: Bio-Wein scheint in der Steiermark ein richtiger Trend zu sein. Wie hat sich die Branche in den letzten Jahren entwickelt?
Georg Thünauer: Seit 2014 ist die Anbaufläche um 70 Prozent gestiegen und liegt nun bei 560 Hektar. Das sind 12,4 Prozent der Gesamtfläche. Viele Betriebe, vor allem auch größere, sind gerade in der Umstellungsphase. Da dies gesetzlich drei Jahre dauert, erwarten wir in den kommenden Jahren noch einen kräftigen Anstieg der Biofläche.
NL: Das Jahr 2018 war aufgrund der vielen Niederschläge bisher für alle Weinbaubetriebe eine große Herausforderung. Wie ging es den Bio-Winzern?
Thünauer: Das ist quer über die Branche einerseits regional und andererseits betrieblich sehr unterschiedlich. Die Niederschlagsverteilung und die Schlagkraft der Betriebe beim Pflanzenschutz waren dafür hauptverantwortlich. Sehr wahrscheinlich haben kleinere Biobetriebe heuer weniger Probleme. Auch Weinbauern mit PIWI-Sorten hatten es sicher leichter.
Neue Sorten
PIWIs – das sind Kreuzungszüchtungen von europäischen Edelreben mit pilzwiderstandsfähigen Sorten aus Amerika
NL: Was genau sind PIWI-Sorten?
Thünauer: Das sind Kreuzungszüchtungen von europäischen Edelreben mit pilzwiderstandsfähigen Sorten aus Amerika – daher die Abkürzung PIWI. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen nicht nur die Reblaus, sondern auch unsere Hauptpilzkrankheiten Echter und Falscher Mehltau nach Europa. In Amerika gab es Weinreben, die sich seit Jahrhunderten an diese Schaderreger angepasst haben. Während wir die Reblaus mit toleranten Unterlagen unter Kontrolle gebracht haben, halten wir Pilzkrankheiten mit Pflanzenschutzmitteln in Schach. Mit der Kreuzung von amerikanischen Rebsorten mit europäischen Edelsorten, versuchen Züchter die Vorteile zu kombinieren. Das sind der gute Geschmack der Europäerreben und die Pilztoleranz der amerikanischen Sorten.
NL: Welche Sorten gingen bisher aus diesen Züchtungen hervor?
Thünauer: Die ältesten Kreuzungen, die im österreichischen Qualitätssortenregister aufgenommen wurden, sind die Rotweine Roesler und Rathay. Im Juli dieses Jahres kamen die beiden Weißweine Muscaris und Souvignir Gris dazu. Als sogenannte Rebsortenweine, also keine offiziellen Qualitätsweine, werden derzeit auch Reben wie Johanniter, Bronner, Cabernet Blanc, Regent, Pinot Nova, Donauveltliner oder Donauriesling angebaut.
NL: Am Donnerstag, dem 6. September, findet unter dem Namen „Wein Biografien“ die Bio-Weinpräsentation in Graz statt. Können diese neuen Sorten dort verkostet werden?
Thünauer: Selbstverständlich, 25 Winzer präsentieren mehr als 150 Weine. Neben klassischen Sorten wird auch eine Vielfalt an neuen Sorten zur Verkostung bereitstehen. Für ein umfangreiches Rahmenprogramm mit kulinarischen Köstlichkeiten ist ebenfalls gesorgt. Ein Highlight ist sicher das „Blind tasting“, bei dem in schwarzen Gläsern die optischen Eindrücke der Weine wegfallen und man sich nur auf seinen Geruchs- und Geschmackssinn verlassen muss.
NL: Die mittlerweile neunte Präsentation wird erstmals in der Landeshauptstadt veranstaltet. Warum hat man sich dazu entschlossen?
Thünauer: Wir Bio-Winzer bemerken hohes Interesse am Bio-Weinbau und unseren Weinen, vor allem auch aus Graz. Daher möchten wir nun diese räumliche Distanz abbauen und den Kunden die Weine direkt in der Stadt präsentieren.
Zur Person
Georg Thünauer studierte Landwirtschaft und Weinbau an der Universität für Bodenkultur in Wien und übernahm im Jahr 2014 den elterlichen Weinbaubetrieb in St. Johann im Saggautal. Seit 2013 ist er auch Berater für Obstverarbeitung bei der LK Steiermark. Im Vorjahr wurde er zu einem der drei Weinbausprecher der Bio Ernte Steiermark gewählt.
Beitragsbild: Fotostudio Sissi Furgler – mediendienst.com