„Die hohen Standards sind uns heilig“

von Franz Tonner

Minister Andrä Rupprechter im „NEUES LAND“-Interview über TTIP, Milchquotenregelung, Almbauern und anderes.

 

NEUES LAND: Sie haben beim „DIENSTALK“ das amerikanische Freihandelsabkommen analysiert. Sind die Sorgen der Bevölkerung berechtigt?

Minister Andrä Rupprechter: Es gibt klare rote Linien, bei deren Überschreiten es kein Abkommen geben wird. Wir dürfen uns von den Amerikanern nicht über den Tisch ziehen lassen. Unsere hohen europäischen Standards bei den Lebensmitteln sind uns heilig. Transparenz, Nachhaltigkeit, soziale Standards, vor allem aber unsere Markenpolitik mit Kennzeichnungsverpflichtungen und den geschützten Herkunftsangaben dürfen nicht unterwandert werden.

NL: Gibt es auch Chancen?

Rupprechter: Durch das TTIP-Abkommen könnte der größte Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Wenn es gelingt, gemeinsame Standards für Lebensmittel auf hohem Niveau zu definieren, dann könnten diese zu „Leitstandards“ auch für einen noch größeren Markt werden. Die Landwirtschaft ist vom Umfang her aber eher marginal betroffen. In vielen Industrie- und Wirtschaftsbereichen kann TTIP bessere Marktchancen bewirken.

NL: Nach dem Russland-Embargo  werden neue Exportmärkte gesucht. Brauchen wir dazu TTIP?

Rupprechter: Wir versuchen neue Märkte aufzubauen, um den exportorientierten Sparten Absatzchancen zu bieten. Die Verhandlungen mit China, Südkorea, Indonesien und Nordafrika laufen erfolgsversprechend. Österreichische Agrarprodukte sind, dank ihrer Qualität international sehr begehrt. Mit China konnten wir das Veterinärprotokoll, die Basis für Fleischlieferungen, zu Jahresende unterzeichnen. Diese Verhandlungen führt Österreich unabhängig vom Freihandelsabkommen.

 

NL: Mit Ende dieses Monats läuft die Milchquotenregelung in Europa aus. Welche Veränderungen wird es für unsere Bauern geben?

Rupprechter: Ich möchte mit einem Maßnahmenbündel die heimische Milchwirtschaft stärken. Das reicht von der Aufstockung der einzelbetrieblichen Investitionsmittel,  über die Stärkung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbetriebe, bis zur Qualitätssicherung. Kernpunkt für die Zukunft der heimischen Milchbranche ist die strategische Marktbearbeitung in Richtung Drittlandmärkte im Rahmen der Exportoffensive. Damit sollen ganz bewusst die Auslandmärkte bedient und bearbeitet werden. Aktuell steigt die Nachfrage am deutschen Markt nach heimischem Käse, weil Österreich in der Lage ist, die Schweizer Standards zu erfüllen. Das ist eine große Chance, die wir entsprechend nützen wollen.

NL: Die Almbauern haben durch bürokratische Hindernisse viel Geld verloren. Erst durch Ihr Einwirken konnten die Sanktionen abgewendet werden. Viele fürchten bei den Landschaftselementen ähnliche Folgen. Sind diese Befürchtungen gerechtfertigt?

Rupprechter: Die Landschaftselemente sind schon seit Jahren für einige Maßnahmen förderungsrelevant. Somit hat Österreich auch die Verpflichtung, sie zu kontrollieren. Mit der Digitalisierung  wird Lage und Ausmaß der Landschaftselemente vor Beginn der Förderperiode gemeinsam mit den Betriebsführern festgelegt. Genau dadurch soll ein zweites „Almproblem“ vermieden werden. Somit haben die Bauern Rechtssicherheit für die gesamte Periode und eine direkte Vergütung für das entsprechende Ausmaß an  Landschaftselementen.

NL: Wie sehen Sie die Zukunftschancen für die steirischen Bauern?

Rupprechter: Wir haben mit dem Programm zur ländlichen Entwicklung eine gute Basis für die kleinstrukturierte steirische Land- und Forstwirtschaft geschaffen, innerhalb dessen sich die Betriebe entsprechend ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen bewegen können. Die Exportoffensive auf der einen Seite und das Bekenntnis der Konsumenten zu regionalen Produkten, das immer stärker wird, auf der anderen Seite, sollten mit der steigenden Weltbevölkerung längerfristig zu einem erhöhten Absatz führen. Wir können mit unseren hervorragenden Qualitäten dem Wettbewerbsdruck standhalten. Wir müssen die Chancen der erneuerbaren Energien, des Umweltschutzes und der weiteren „Green Jobs“ nutzen. Das Einkommen wird auch in Zukunft wesentlich von den betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten der Betriebsführer abhängen.

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