Über den emeritierten Erzbischof Alois Kothgasser, Bauernsohn aus St. Stefan im Rosental, ist ein Buch erschienen, das ihm auf vielen seiner Lebensstationen nachfolgt.
Mit dem Übelbacher Hermann Glettler und Franz Lackner aus St. Anna am Aigen üben zwei Steirer derzeit in anderen Diözesen höchste Kirchenämter aus. Glettler ist seit 2017 Bischof von Innsbruck, Lackner seit 2014 Erzbischof von Salzburg. Jedoch vor ihnen hatte ein anderer Steirer diese Diözesen geleitet, nämlich Alois Kothgasser. In einer kürzlich erschienenen Autobiografie gibt Kothgasser Einblick in die vielen Stationen seines priesterlichen Lebens.
Der 1937 geborene Bauernsohn aus Lichtenegg, Marktgemeinde St. Stefan im Rosental, begann schon mit sechs Jahren mit dem Ministrieren. Schon als Fünfjähriger hatte er die Frühkommunion erhalten. Als 14-jähriger wurde er vom damaligen Kaplan Martin Hrvatic mit der Frage konfrontiert: „Was meinst du, könntest du Priester werden?“ Mit seiner Nahebeziehung zu den Salesianern hatte Matic bei dem Lichtenegger Burschen auch die Gleise zum Heiligen Don Giovanni Bosco gelegt. Der italienische Ordensgründer (1815-1888) war für seine ganzheitliche Pädagogik bei seiner Tätigkeit mit jungen Menschen bekannt.
Kothgasser besuchte die Aufbaumittelschule, maturierte, legte 1958 sein ewiges Gelübde ab und arbeitete in Schülerheimen. Ab 1960 studierte er fünf Jahre lang Theologie in der Salesianischen Internationalen Hochschule Crocetta in Turin. In Turin wurde er im Februar 1964 zum Priester geweiht, die Heimatprimiz in St. Stefan im Rosental beging er ein halbes Jahr später.
Zweites Vatikanisches Konzil
Sein Doktoratsstudium absolvierte Kothgasser in Rom und erlebte hier persönlich am 7. und 8. Dezember 1965 die letzten Sitzungstage des Zweiten Vatikanischen Konzils im Petersdom. Für Kothgasser leitete dieses Konzil eine neue Epoche in der Geschichte der Katholischen Kirche ein. Er spricht von einem „Wunder des Heiligen Geistes“ und zählt das Neuentdecken des Wortes Gottes zu dem wichtigsten Ergebnis des Konzils. Die Chancen, die das Zweite Vatikanische Konzil im Umgang mit der Bibel – vor allem auch die viel stärkere Miteinbeziehung des Alten Testaments – eröffnete hat, sollen laut Kothgasser mehr genützt werden und er zitiert den russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski: „Denn wo dem Volk Gottes das Wort fehle, droht ihm der Untergang.“
Ebenso wichtig sind für ihn die Communio (Gemeinschaft mit Gott und Gemeinschaft der Glaubenden untereinander, die sich zu allen Menschen hin öffnet), die Liturgiereform und die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“. Dazu Kothgasser: „Theologie und Kirche war zuvor aus der Befürchtung heraus, das Glaubensgut zu gefährden, den Erkenntnissen der anderen Wissenschaften oft ablehnend gegenübergestanden. Jetzt signalisierte die Kirche, dass man den Wissenschaften getrost ins Auge schauen kann und dass man den menschlichen Fortschritt, sofern er das Leben wirklich fördert, positiv sehen muss.“
Bis 1980 unterrichtete er in Rom. Tief eingebrannt in ihm hat sich auch die Erinnerung an die Papstwahl von Karol Wojtila. „Erst als von irgendwo jemand „Cracoria!“ rief, löste sich die Irritation auf und wich einer grenzenlosen Verwunderung und Begeisterung. Der neue Papst war also Pole und nannte sich Johannes Paul II.“
Privataudienz beim Papst
Knapp 20 Jahre später – dazwischen war er Professor für Dogmatik und Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benediktbeuren in Bayern – durfte Kothgasser den Papst in einer Privataudienz persönlich kennenlernen. Kothgasser war zu seiner allergrößten Verwunderung kurz vorher (November 1997) zum Bischof von Innsbruck geweiht worden und fragte nach den Hintergründen seiner Bestellung, zuweilen er über keine Erfahrungen in der Pfarrleitung verfügt hatte. Darin gestand der Papst, dass auch seine positiven Erfahrungen ausschlaggebend waren, die er als Kind in Polen mit den Salesianern gemacht habe. In Innsbruck war der Steirer dem im Kirchenvolk äußerst beliebten Reinhold Stecher als Bischof nachgefolgt.
Fast wie ein Schock war für ihn fünf Jahre später der Anruf des Apostolischen Nuntius in Wien, der ihn darüber informierte, dass ihn das Domkapitel von Salzburg zum neuen Erzbischof und damit zum Nachfolger des umstrittenen Erzbischofs Georg Eder gewählt habe. Seine Antwort darauf: „Ich sage, was ich vor fünf Jahren (Berufung zum Bischof von Tirol) gesagt habe. Ich unterstelle mich ganz dem Willen Gottes, wenn Er es so will, bin ich bereit.“
Als Erzbischof von Salzburg gelang es ihm, das unter seinem Vorgänger verloren gegangene Vertrauen in die Ortskirche wieder herzustellen. Währenddessen sorgte sein Konflikt mit der damaligen Landeshauptmann Gabi Burgstaller, die in den Salzburger Landeskliniken Abtreibungsambulanzen errichten wollten, was er strikt ablehnte, österreichweit für viel Aufsehen.
Am 12. Jänner 2014 übergab Kothgasser seinen Bischofsstab an den steirischen Weihbischof Franz Lackner. Er selbst fand bei den Don Bosco Schwestern in Baumkirchen in Tirol eine neue Bleibe. Von hier aus leistet er als „Wanderbischof“ in vielen Pfarren Aushilfe im Hirtendienst.
Zum Buch
Übrigens: Das Buch „Alois Kothgasser. Mein Leben in Stationen“ ist im Tyrolia-Verlag erschienen. Geschrieben in Zusammenarbeit mit Martin Kolosz. 152 Seiten, viele Fotos, Preis 19,95 Euro. ISBN 987-3-7022-3837-7
Beitragsfotos: Stefan Fink, Josef Prödl, Karl Brodschneider