Abstand halten auch auf Almen

von Karl Brodschneider

Warum das Abstand-Halten auch auf den Almen gilt und was die steirischen Almbauern vor dem beginnenden Auftrieb am meisten bewegt.

Am kommenden Wochenende werden die ersten Rinder auf die steirischen Niederalmen getrieben. Dann folgen die Mittelalmen und in der ersten Juni-Hälfte werden die Almen in Hochlagen von 1500 bis 2000 Meter „bestoßen“. Vor einem Jahr stand die Almwirtschaft noch im Bann des sogenannten Tiroler Kuh-Urteils. Als Reaktion darauf präsentierte die Bundesregierung den „Aktionsplan für sichere Almen“ mit zehn Verhaltensregeln für Almbesucher. Zudem kam es zu einer Gesetzesänderung im ABGB.

Almwirtschaftsvereinsobmann Anton Hafellner ist fest davon überzeugt, dass dieser Aktionsplan etwas gebracht hat. „Das hat bei vielen Almgehern zu einem Nachdenken geführt und auch die Vorfälle mit Hunden sind zurückgegangen“, sagt Hafellner.

Klimawandel

Die Probleme für die Almbauern sind aber nicht weniger geworden. Dazu zählen die ständige Angst vor dem Wolf, punktuell auftretende Schäden durch Wildschweine sowie die Auswirkungen des Klimawandels. „Mit dem Thema Wasser werden wir uns vermehrt befassen müssen“, glaubt Hafellner und fordert die Almbauern auf, mit den Wasservorräten sorgsam umzugehen. Das einzig Positive an dem heurigen schneearmen Winter war, so der Obmann, dass es keine größeren Schäden auf den Almen durch Lawinen und Vermurungen gab.

Kiegerl

Alois Kiegerl ist Obmann der Weidegemeinschaft Hochalm-Bärntal.

Mit der Corona-Krise ist jetzt ein weiteres Problem aufgetaucht, das sich vor allem auf die Preissituation am Rindermarkt niederschlägt. Aber auch die Schutzbestimmungen zeigen ihre Auswirkungen. Das beweist ein Besuch bei der Weidegemeinschaft Hochalm-Bärntal im Koralmgebiet. Vor dem Auftrieb der 550 Rinder müssen alle Zäune kontrolliert und ausgebessert werden. Der Obmann der Weidegemeinschaft, Alois Kiegerl, erklärt: „Mit rund 600 Hektar sind wir die größte Pachtalm der Steiermark. Rund 30 Kilometer Zaun müssen in Schuss gehalten werden.“ Und diesmal bedarf diese Arbeit auch mehr Koordinationsaufwand. Aufgrund der geltenden Auflagen werden immer Teams zu je zwei Personen gebildet. Kiegerl weiter: „Bei dieser Arbeit ist es aber nicht schwer, den notwendigen Abstand zu halten. Und oft kommen die Teams wie zum Beispiel Vater und Sohn aus einem Haushalt, dann gibt es sowieso kein Problem.“

Selbstbedienung

Auf größere Veränderungen stellt sich jedoch Josef Pölzl ein. Der Landwirt aus Deutschlandsberg ist nicht nur Mitglied der Weidegemeinschaft, sondern er betreut auch die Tiere auf der Alm und ist für den Ausschank und die Verköstigung auf der verantwortlich. „Wir werden voraussichtlich jeden zweiten Tisch vor der Hütte absperren, damit sich die Gäste nicht zu nahekommen“, informiert der langjährige Hüttenwirt. Weiters ist ein Selbstbedienungsbereich angedacht. Pölzl: „Dann können sich die Gäste ihre Getränke selbst holen.“ Wegen der Hütte macht sich der Landwirt jedoch keine Sorgen: „Sie ist sehr klein, deshalb sitzen unsere Gäste auch alle draußen. Und wenn es regnet, kommen Wanderer gar nicht zu uns.“

Einen Fixtermin für die steirischen Almbauern und Senner wird es heuer nicht geben. Der für Ende Juni geplante Almtag im Ennstal wird ersatzlos gestrichen. Dagegen will man – wenn möglich – den traditionellen Almpflegetag Mitte Juli wieder durchführen.

 

Beitragsfotos: Kiegerl/Grabner

 

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