Tierzuchtdirektor Horst Jauschnegg über gesellschaftliche Trends als eine der größten Herausforderungen in der steirischen Tierhaltung.
NEUES LAND: Nahezu auf den Tag genau sind Sie nun seit fünf Jahren Leiter der Tierzuchtabteilung in der Landwirtschaftskammer. Wie geht es unseren Tierhaltern in der Steiermark?
Horst Jauschnegg: Wir haben derzeit knapp 23.000 landwirtschaftliche Betriebe in der Steiermark, auf denen Tiere gehalten werden. Die Palette reicht dabei von Rindern über Schweine, Geflügel, Pferde, Ziegen und Schafe, Fische bis hin zu den Bienen. Ich traue mir durchaus zu sagen, dass die steirischen Bauern Profis in der Produktion sind. Auch mit Marktschwankungen, die in den letzten Jahren immer häufiger vorkommen, haben sie gut umzugehen gelernt. Von Seiten der Interessensvertretung und der Beratung versuchen wir zum Beispiel mittels Arbeitskreise, alle notwendigen Instrumente für unsere Produzenten zu Verfügung zu stellen.
NL: Welchen Stellenwert hat die Tierhaltung im Vergleich zur gesamten Wertschöpfung im landwirtschaftlichen Bereich?
Jauschnegg: Einen enormen. Das belegen auch die Zahlen der Statistik Austria eindrucksvoll. Über 50 Prozent des gesamten steirischen Produktionswertes in der Landwirtschaft stammen aus der tierischen Erzeugung. Führend sind hier unsere rinderhaltenden Betriebe. Mit den Bereichen Zucht, Milchproduktion und Mast wird der größte Teil der Wertschöpfung erzielt. Dahinter folgt die Schweinehaltung.
Probleme in der Tierhaltung
NL: Wo liegen derzeit die größten Probleme in der Sparte Tierhaltung? Mit welchen Fragen werden Sie hier am öftesten konfrontiert?
Jauschnegg: Ich bekomme sehr oft Anrufe von jungen Landwirten, die sich in ihrer betrieblichen Entwicklung massiv gehemmt sehen. Sind Stallneubauten geplant, bedarf es oftmals lange Genehmigungsverfahren. Auch unzählige Gutachten sind notwendig und mit enorm hohen Kosten für den Bauwerber verbunden. Hier ist sicherlich die Politik gefordert, in der Raumplanung und Bauordnung die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Sonst werden unsere jungen, tüchtigen Bauern abwandern und außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehen.
NL: Wo sehen Sie hier eine Lösung?
Jauschnegg: Ziel muss es sein, dass sich Betriebe weiterentwickeln können. Die Veredelung ist hier besonders wichtig. Gerade auf kleinstrukturierten Betrieben konnte durch die Veredelung Einkommen geschaffen werden. Ohne Schweinehaltung würde es im Süden, Osten und Westen der Steiermark traurig ausschauen.
NL: Thema Tierwohl. Wie sehen Sie den Einfluss der Gesellschaft und vieler Handelsketten auf die Produktion in der Landwirtschaft?
Jauschnegg: Da haben wir ein großes Problem. Die Wünsche vieler Handelsketten gehen dabei oftmals weit über die Richtlinien des Bundestierschutzgesetzes hinaus. So wird die kombinierte Anbindehaltung (Weide, Auslauf und Anbindehaltung) komplett abgelehnt. Viele Betriebe haben aber nicht die Möglichkeit, einen Laufstall zu errichten. Ähnliche Herausforderungen haben wir auch in der Schweinehaltung. Es wird mehr Tierwohl gefordert und unsere Landwirte würden das auch umsetzen. Aber niemand ist bereit, nachhaltig dafür mehr zu bezahlen.
NL: Die Ernährungsgewohnheiten der Konsumenten ändern sich. Sehen sie die Tierhaltung in Gefahr?
Jauschnegg: Überhaupt nicht. Wir sehen, dass der Konsum bei Fleisch, Milch und Eiern relativ stabil bleibt. Heimische Qualität wird bei unseren Konsumenten immer gefragt sein.
Zur Person
- Horst Jauschnegg stammt von einem Milchviehbetrieb in Hengsberg.
- Nach der HBLA Raumberg studierte Jauschnegg an der Universität für Bodenkultur in Wien Tierzucht.
- Bereits 1997 trat er in den Kammerdienst ein.
- Nach 17 Jahren in der Forstabteilung wechselte Jauschnegg als Leiter in die Tierzuchtabteilung. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Beitragsfoto: Lind