Mureck als Beispiel für Energiewende

von Karl Brodschneider

Wie sich Mureck mit Wärme, Strom, Biodiesel und Biogemüse selbst versorgt und wie man sich für ein mögliches Blackout rüstet.

 

Die in Mureck durchgeführte Veranstaltung „Klimaschutz Leben“ machte deutlich, dass in dieser südsteirischen Stadt unter der Federführung von Ökonomierat Karl Totter in den letzten drei Jahrzehnten ein nachahmenswerter Energiekreislauf umgesetzt wurde. Professor Peter Droege, Präsident von Eurosolar und Generalvorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien, bezeichnete Mureck sogar als „Energiewende in Aktion“. Besonders angetan zeigte sich er sich vom Blackout-Projekt der Murecker.

Droege und Totter

Der international anerkannte Fachmann und Generalvorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien, Professor Peter Droege, besuchte die Stadt Mureck und ließ sich von Ökonomierat Karl Totter die Bausteine des „Murecker Energiekreislaufes“ erklären.

Das Ziel dieses Leuchtturm-Projekts ist es, eine Notstromversorgung für die gesamte kritische Infrastruktur der Stadtgemeinde Mureck über einen Notstrom-Batteriespeicher in Kombination mit der bestehenden Photovoltaik- und Biogasanlage zu realisieren. Zusätzlich zur Notstromfunktion würde der Batteriespeicher über einen zweiten Anwendungsfall auch die Eigennutzung des regional erzeugten Ökostroms innerhalb einer Energiegemeinschaft in Mureck erhöhen und über ein intelligentes Regelungssystem optimieren. Die großen Mengen an vorhandenem PV-Überschussstrom werden auf diese Art zwischengespeichert und innerhalb der regionalen, erneuerbaren Energiegemeinschaft Mureck optimal genutzt.

Wärme aus Bioenergie

Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden auch die einzelnen Bausteine des „Murecker Energiekreislaufes“ vorgestellt. Seit dem Jahr 1998 gilt Mureck – so Totter – als erste Stadt der Welt mit einer autarken Bioenergie-Versorgung. Die Versorgung erfolgt durch zwei 2-MW-Biomasseheizkessel, durch die Abwärme von der Stromerzeugung (1 MW) und einen Biogasspitzenlastkessel (2 MW). Derzeit sind 300 Objekte an dieses Netz angeschlossen, wobei die Gesamtanschlussleistung zirka 13,5 MW beträgt. Das entspricht 94 Prozent des Gesamtwärmebedarfs in Mureck. Die Nahwärme Mureck GmbH betreibt ganzjährig dieses Biomasse-Heizwerk.

Dazu kommt die Ökostrom Mureck GmbH. Sie wurde 2004 gegründet und betreibt unter der Beteiligung von sieben Landwirten aus der Region eine Biogas-Ökostromanlage. Die daraus erzeugte Energie wird in das öffentliche Stromnetz, die Abwärme in das Verteilernetz der Nahwärme eingespeist. Als Energieträger werden Wirtschaftsdünger und nachwachsende Rohstoffe sowie Nebenprodukte der Biodieselerzeugung verwendet. Vom Input fallen zirka 90 Prozent als pflanzenverträglicher wertvoller Wirtschaftsdünger an. Dieser wird ohne Vorbehandlung mit Spezialgüllefässern nach Bedarf der Ackerkultur auf die umliegenden Flächen geruchsarm ausgebracht.

Dazu kommt die Freiflächen-Photovoltaikanlage. Bei ihrer Errichtung vor rund zehn Jahren zeichneten 380 Personen einen Anteil und machten die Realisierung dieses Projektes möglich. Aber schon damals entstand, so Karl Totter jun., eine Diskussion darüber, dass zu viel wertvolle Ackerfläche beansprucht werde. In einer zweiten Ausbaustufe – beim Bau eines riesigen Glashauses – wurde darauf Rücksicht genommen. Das Glashaus ist an eine Gartenbaufirma vermietet, die hier Biogemüse erzeugt.

Bodenverbrauch

Zur Veranstaltung in Mureck hatte Ökonomierat Totter auch Mario Winkler von der Österreichischen Hagelversicherung eingeladen. Dieser machte auf die zunehmende Verbauung von wertvollen Agrarflächen aufmerksam. Pro Tag werden, so Winkler, österreichweit 11,5 Hektar Äcker und Wiesen für den Bau von Straßen, Häusern und Gewerbegebieten aus der Produktion genommen. Damit sinkt auch der Selbstversorgungsgrad. „Beim Brotgetreide haben wir mittlerweile nur noch einen Selbstversorgungsgrad von 86 Prozent, bei Kartoffeln von 80 Prozent, bei Obst und Gemüse von 50 Prozent“, sagte Winkler. Er fuhr fort: „Der Boden ist also essentiell für die Lebensmittelproduktion. Von Beton kann man nicht abbeißen. Der Schutz der Souveränität ist eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. Und dazu gehört die Lebensmittelversorgung.“  

Viele Kooperationen

Hingewiesen wurde auch darauf, dass der Energiepark Mureck auch viele Kooperationen mit Umweltämtern und Fachinstituten pflegt. Dazu zählt zum Beispiel das Umweltamt der Stadt Graz. Die steirische Landeshauptstadt hatte zum Beispiel schon vor 20 Jahren Biodiesel von der SEEG für ihre Busflotte bezogen. Und das Institut für chemische Verfahrens- und Umwelttechnik an der TU Graz verfolgt hier ein Projekt der dezentralen Wasserstoffherstellung.

 

Beitragsfotos: agrarfoto.com, Brodschneider

 

 

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