„Man stellt seine Arbeit in Frage“

von Karlheinz Lind

Mit viel Emotion schildert Christa Schörkmaier wie sie ihre teilweise verendeten Rinder in einem alten Lawinenkegel gefunden hat.

NEUES LAND: Sie haben heuer wirtschaftlich gesehen einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen müssen. Insgesamt sieben Rinder sind auf Ihrer Alm in einer Altschneelawine verendet. Wie kam es dazu?

Christa Schörkmaier: Der letzte Winter war extrem. Bereits in den Wintermonaten hatten wir auf der Alm enorme Schneemengen. Im Mai gab es nochmals starke Schneefälle. Deshalb hat sich auch der Auftrieb verzögert. Im vergangen Jahr trieben wir die Rinder schon am 15. Mai auf die Alm, heuer erst am 22. Juni. Und das war dringend notwendig, um die 60 Tage Weidezeit einzuhalten. Bereits beim Zäunen konnten wir feststellen, dass Lawinen zuvor noch nie so weit heruntergekommen sind wie heuer.

 

NL: Und was geschah danach?

Schörkmaier: Wir waren gerade dabei, den ersten Schnitt einzubringen und das bei enorm hohen Temperaturen. Eine außergewöhnlich untypische Situation für unseren auf 1000 Meter Seehöhe gelegenen Hof in Oppenberg. Am Samstag, dem 29. Juni, fuhr ich gemeinsam mit meiner Schwester auf die Alm, um nach unserer Mutterkuhherde samt Kälber, Ochsen und Stier zu sehen. Und dabei machten wir die schreckliche Entdeckung. Acht unserer insgesamt 20 Tiere waren in einer mit Geröll durchsetzten Altschneelawine eingebrochen, nur noch zwei haben rausgeschaut.

 

NL: Wie haben Sie reagiert?

Schörkmaier: Im ersten Moment ist mir schlecht geworden. Ich habe sofort meinen Mann verständigt und die Bergrettung alarmiert. Mit vereinten Kräften haben wir versucht, die Tiere aus dem Schnee zu graben. Leider hat nur eine Kuh wie durch ein Wunder überlebt, die anderen Tiere waren bereits verendet oder mussten notgeschlachtet werden.

 

NL: Wie ist es Ihnen emotional dabei ergangen?

Schörkmaier: Nach diesem Schock stellt man seine ganze Arbeit in Frage. Haben wir etwas falsch gemacht, hätten wir diese Stelle bereits im Vorfeld auszäunen müssen?

 

NL: Können Sie den Unfallhergang rekonstruieren?

Schörkmaier: Leider nicht genau. Wir wissen nicht, ob die Tiere auf die Lawine gegangen sind oder in einem darunter liegenden Loch Schutz vor den vielen blutsaugenden Insekten wie Bremsen gesucht haben. Denn auch auf der 1400 Meter Seehöhe gelegenen Alm hat es extrem hohe Temperaturen gegeben.

 

NL: Wie wird dieser Vorfall Ihre weitere Arbeit beeinflussen?

Schörkmaier: Der Klimawandel ist auch bei uns stark spürbar. Die Schneemengen im Winter werden mehr, die Sommer eindeutig wärmer. Wetterextreme häufen sich. So hat etwa der Sturm bereits die meisten Bäume auf der Alm zerstört. Als Folge müssen wir sogar einen Unterstand bauen, damit sich die Tiere vor der Sonne schützen können. Und das wird bei uns kein leichtes Unterfangen. Voraussichtlich werden wir den Unterstand in den Hang bauen müssen, damit er nicht von der nächsten Lawine wieder zerstört wird. Bereits im Winter 2006/2007 war unsere Almhütte von einer Staublawine rund 20 Meter hinuntergeschoben.

 

NL: Wie sehen Sie die Zukunft in der steirischen Almwirtschaft?

Schörkmaier: Ich sehe die Almwirtschaft ernsthaft in Gefahr. Wir verbringen derzeit jede freie Minute damit, unsere Alm von Steinen und Schutt zu säubern. Das tun sich jüngere Leute einfach nicht mehr an. Überbordender Bürokratismus durch Behörden, die Wolfsproblematik und Wetterextreme stellen uns jetzt schon vor enorme Herausforderungen.

 

 

Beitragsbild: Archiv

 

Zur Person

Christa Schörkmaier bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Gatten Herbert einen land-und forstwirtschaftlichen Betrieb in Oppenberg. Am Biobetrieb wird eine Mutterkuhherde gehalten, weitere Schwerpunkte sind die Alm- und Forstwirtschaft (Eigenjagd). Die dreifache Mutter ist Landeskammerrätin, stellvertretende Bezirksbäuerin und Vollblutbäuerin.

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