Erich Riegler, Obmann des Blasmusikverbandes Steiermark, über die Auswirkungen der Pandemie auf die heimischen Musikkapellen.
NEUES LAND: Die Pandemie schränkt das gesellschaftliche Leben stark ein. Wie geht es der steirischen Blasmusik damit?
Erich Riegler: Schlecht! Seit November gibt es für die Musiker und Musikerinnen keine Möglichkeiten mehr, sich zu treffen – nicht einmal in kleinen Gruppen. Gemeinschaft kann nicht stattfinden, die Blasmusik steht derzeit völlig still!
Aus und vorbei?
NL: Wie groß ist die Sorge, dass Mitglieder mit dem Musizieren aufhören und ihrer Blasmusikkapelle den Rücken kehren?
Riegler: Wir merken noch nicht, dass sich Musiker verabschieden, aber die Rechnung liegt wohl erst vor, wenn es wieder losgeht. Ich hoffe aber stark, dass die Leute dann wieder die große Sehnsucht nach der Musik und dem gemeinsamen Spielen verspüren, die sie vor Beginn der Pandemie gehabt haben.
NL: Aber wenn es tatsächlich zu Ausfällen kommt, welche Vereine würden dann besonders darunter leiden?
Riegler: Gut besetzte Kapellen können Ausfälle immer leichter verkraften, aber so weit soll es gar nicht kommen. Ganz wichtig ist es, wie es der Führungsriege mit Obmann, Kapellmeister und auch Jugendreferent gelingt, die Mitglieder zu motivieren. Das beschränkt sich aber nicht nur auf die Corona-Zeit allein.
391 Musikkapellen
NL: Welche Rolle spielt derzeit das Internet im Leben der Blasmusikkapellen?
Riegler: In der Steiermark gibt es rund 19.500 aktive Musiker und Musikerinnen in 391 Kapellen. Die Arbeit unserer Vereine beschränkt sich derzeit ausschließlich auf die Aktivitäten im Internet. Unsere Vereine lassen sich wirklich viel einfallen. Ich denke zum Beispiel an den musikalischen Advent von einigen Kapellen oder an den Neujahrsgruß unseres Landesjugendblasorchesters. Auch unser Weiterbildungsangebot im Internet boomt. Wir nennen diese Kurse MUSInare und haben enorm viele Anmeldungen.
Empfehlungen
NL: Wenn man sich das Infektionsgeschehen anschaut, muss man befürchten, dass uns die Pandemie noch lange beschäftigen wird. Welche Empfehlungen können Sie als Landesobmann und Präsident des Österreichischen Blasmusikverbandes an die Verantwortlichen vor Ort geben?
Riegler: Was in den Gemeinden gemacht wird, entscheiden allein die Funktionäre vor Ort. Was ich als Präsident machen kann, ist, dass ich mit meinem Team darauf achte, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen so ausschauen, dass sie für die Musikvereine umsetzbar und verständlich sind und dass wir hoffentlich schon bald wieder mit dem Musizieren in kleinen Gruppen beginnen können. Für die Verantwortlichen in den Musikkapellen ist es sehr wichtig, dass sie in ihren Entscheidungen nicht allein gelassen werden.
NL: Wird es heuer überhaupt noch irgendwelche Konzerte und Veranstaltungen der Musikvereine geben?
Riegler: Ich erinnere daran, dass wir schon im vorigen Sommer die Pandemie gehabt haben und auch damals einige musikalische Veranstaltungen durchgeführt haben. Ich bin zuversichtlich, dass die Durchimpfung der Bevölkerung im Sommer so weit ist, dass die Musikkapellen im Herbst wieder einigermaßen normal ihre Arbeit aufnehmen können.
NL: Was macht die Blasmusik so wertvoll?
Riegler: Neben den Chören sind unsere Musikkapellen in den Gemeinden die kulturellen Nahversorger und werden es immer sein.
Zur Person
Erich Riegler war acht Jahre lang Obmann in der Marktmusikkapelle Lannach. Dann engagierte er sich in der Bezirksleitung und später im Landesverband. Seit 2015 ist der Schlagzeuger Obmann des Blasmusikverbandes Steiermark, seit 2016 Präsident des Österreichischen Blasmusikverbandes. Beruflich arbeitet er als wissenschaftlicher Angestellter im Joanneum Research.
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