Das Ökosoziale Forum hat den Status quo in Sachen Energiewende erhoben und in einer Publikation zusammengefasst. Wie sind die Kohlereserven weltweit verteilt, wie die Ölreserven? Wer investiert wie viel in erneuerbare Energien und wie viele Arbeitsplätze sind in welchen Bereichen zu finden? In Wien haben Elisabeth Köstinger und Stephan Pernkopf nun die Broschüre zur Europäischen Energiewende präsentiert.
Das Strategiepapier der Europäischen Kommission für eine krisenfeste Energieunion ist aus ökosozialer Sicht positiv zu bewerten. Mit der Energieunion steigt die Bedeutung der Energiepolitik in Europa. Besonders erfreulich ist, dass die Bioökonomie – also die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen – im Text klar angesprochen und als Schlüsselbereich gesehen wird, um die industrielle und technologische Führungsposition zu wahren und die Klimaschutzziele zu erreichen. Sie ist Teil der EU-Strategie bei der Entkopplung von fossiler Energie und trägt darüber hinaus dazu bei, dass die gesamte Wertschöpfung vom Rohstoff bis zum Endprodukt in der EU bleibt. Mit der Energieunion und ihrem klaren Fokus auf erneuerbare Energien kommen wir einem ökosozialen Europa einen sehr großen Schritt näher und stellen die Industrie immer mehr auf ein nachhaltiges Fundament“, unterstreichen die Präsidentin des Ökosozialen Forums Europa Elisabeth Köstinger und der Präsident des Ökosozialen Forums Österreich Stephan Pernkopf die Vorteile der Rahmenstrategie für eine Energieunion, die am Mittwoch in Brüssel präsentiert wurde.
„Lange ist das Thema Energie aufgrund von Finanz- und Wirtschaftskrise aus dem Fokus der EU-Politik geraten. Mit den Plänen zur Energieunion holen wir jetzt nach, was wir lange aufgeschoben haben“, so Köstinger, „derzeit importiert die EU 53 Prozent ihrer Energie aus zum Teil unsicheren Regionen und überweist somit jedes Jahr 400 Milliarden Euro ins Ausland. Würde man den Energieimport nur um ein Prozent verringern, würde sich unsere Handelsbilanz gleich um sieben Milliarden verbessern – ein Betrag, den wir gut für andere Investitionen brauchen können.“ Die Energieunion soll das nun erleichtern. So sieht die Strategie eine Flexibilität bei der Verbindung der Energieströme unter den Mitgliedsstaaten vor. Köstinger: „Ein zusammengewachsener Energiemarkt muss das Ziel sein. Und – wenn man so will – eine Abhängigkeit der EU-Staaten untereinander, aber nicht von Russland.“
Was beim Freihandelsabkommen TTIP oft zu Kritik führt, wird hier von vornherein ernst genommen: die Transparenz. Laut Strategiepapier soll die EU zukünftig mit einer Stimme mit den Lieferländern verhandeln, bisher konnte die Europäische Kommission die Verträge nur im Nachhinein einsehen, Nachverhandlungen wurden somit schwierig. Eine transparente Vorgehensweise und das Aufnehmen von Standardklauseln in Verträgen sollen dazu führen, dass alle Mitgliedsstaaten von günstigen Einzelverträgen profitieren können.
„Auch der regionale Ansatz, den das Papier verfolgt, ist deutlich hervorzuheben“, ergänzt Pernkopf, „aus regionalen Initiativen kann die Energieunion zusammenwachsen, für die Verbindung zwischen ihnen und eine koordinierte Umsetzung muss allerdings die Energieunion sorgen. Ein positives Zeichen für mehr Bürgernähe ist, dass bewusst der Kontakt mit der Zivilgesellschaft gesucht wird – etwa durch den Konvent der Bürgermeister, einer offiziellen europäischen Bewegung, im Rahmen derer sich die beteiligten Städte und Gemeinden freiwillig zur Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung nachhaltiger Energiequellen verpflichten. Gerade im Bereich der Energieeffizienz ist es wichtig, jeden Einzelnen zu erreichen und die KosumentInnen mit umfangreichen Informationen zu versorgen.
Förderung der Nuklearenergie absolut falsches Signal
Pernkopf: „Dass wir noch einiges zu tun haben, zeigt die Tatsache, dass die Atomenergie nach wie vor mit an Bord ist. Das ist eindeutig ein falsches Signal. Jeder Cent, der in die Forschung und Förderung von Kernenergie investiert wird, sollte besser in den Ausbau von Erneuerbaren fließen. Das Ziel der Europäischen Kommission, die Union zum saubersten Nuklearenergieproduzenten zu machen, ist ein absoluter Trugschluss. Atomenergie kann nie sauber sein, im Gegenteil: Sie ist gefährlich und teuer. Leider hat sich knapp die Hälfte der Mitgliedsstaaten in der Vergangenheit für die Nutzung der Nuklearenergie entschieden, allen voran Frankreich mit einem Nuklearanteil an der Stromerzeugung von 73 Prozent. Gefolgt von Belgien und der Slowakei mit einem Anteil von je 52 Prozent und Ungarn mit einem Anteil von 51 Prozent. Und das obwohl die Erneuerbaren absolut das Potenzial hätten, die Atomkraft komplett zu verdrängen. In Deutschland wird etwa in der Mittagszeit mehr Energie aus Photovoltaikanlagen erzeugt als aus Atomkraftwerken und bei guten Bedingungen hat die Windkraft in Deutschland die Atomenergie längst überholt.
Ausgangslage in Österreich ist gut – Anteil an Erneuerbaren von über 32 Prozent
Österreich ist gut unterwegs und schon heute vielen anderen Mitgliedsstaaten voraus. Während die EU bei den Erneuerbaren einen Anteil von 14,1 Prozent erreicht, liegt der aktuelle Wert in Österreich bereits bei 32,1 Prozent. Somit fehlen nur mehr 1,9 Prozent, um das Ziel von 34 Prozent im Rahmen der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie der EU bis 2020 zu erreichen. Auch in Sachen Energiemix ist Österreich gut aufgestellt. Knapp ein Drittel des inländischen Bruttoenergieverbrauchs kommt aus erneuerbaren Energien. Weiters liegt Österreich bei der Energiegewinnung aus Abfällen im Spitzenfeld.
Auch in Sachen Strom aus Erneuerbaren hat Österreich die Nase vorn. Österreich liegt mit 65,5 Prozent – gemeinsam mit Portugal (48 Prozent) und Lettland (45 Prozent) – in der europäischen Spitzenklasse. Der EU-Durchschnitt liegt hier bei 23,5 Prozent.
Das Ökosoziale Forum hat den Status quo in Sachen Energiewende erhoben und in einer Publikation zusammengefasst. Wie sind die Kohlereserven weltweit verteilt, wie die Ölreserven? Wer investiert wieviel in erneuerbare Energien und wie viele Arbeitsplätze sind in welchen Bereichen zu finden?
Die Broschüre steht auf http://www.oekosozial.at zum Download bereit.