Die Erntebilanz 2019 weist die obersteirischen Grünlandgebiete als Verlierer aus und sieht den Wald als großes Sorgenkind.
Die Land- und Forstwirtschaft ist jener Wirtschaftsbereich, der den Klimawandel zuallererst zu spüren bekommt – und das gleich mit voller Wucht. Das beweist auch die Erntebilanz 2019 der steirischen Landwirtschaftskammer. Kurz zusammengefasst lautet diese für heuer: Große trockenheitsbedingte Verluste gab es neben Grünland und Mais auch bei Erdäpfeln mit einem Minus von bis zu 45 Prozent. Mindererträge wurden beim Ölkürbis, bei Weizen und Zuckerrüben eingefahren. Trockenheitsbedingt werden auch die Chinakohl- und Krenernte nur durchschnittlich ausfallen. Gut lief es bei Hirse und Soja, ebenso beim Wein. Beim Kernobst war die Apfelernte zufriedenstellend, die Marillen-Ernte überdurchschnittlich gut. Trotz bester Qualität und guter Erntemengen ist aber der Preis bei Holunder und Beerenobst im Keller.
Borkenkäfer und Sturm
Beim Wald ist das Ende des klimabedingten Waldsterbens überhaupt nicht abzusehen. Die Borkenkäfer-Invasion hat in ganz Europa eine Dimension erreicht, die mit bisherigen Schaden-Ereignissen nicht vergleichbar ist. Zudem leidet der europäische Holzmarkt noch immer unter den Folgen des Sturms „Vaia“ im Oktober 2018 mit 17 Millionen Festmeter Schadholz.
LK-Präsident Franz Titschenbacher pickte aus seinem Bericht einige Sparten besonders hervor, zum Beispiel das Grünland. Aufgrund des nassen und kalten Monats Mai verzögerte sich der erste Schnitt massiv. Dann folgte der bisher heißeste und trockenste Juni in der 253-jährigen Messgeschichte – und damit die Dürre in den obersteirischen Grünlandgebieten. Ein anderes Beispiel ist der Mais. Stellenweise gab es Spitzenwerte mit bis zu 17 Tonnen trockener Ware, aber auf leichten Böden mit schlechter Wasserspeicherung einen massiven Ertragseinbruch. Generell ist der Maispreis derzeit sehr schwach.
Es ist aber nicht zu übersehen, dass der Klimawandel immer mehr die Versorgungssicherheit bedroht. Für Landesrat Hans Seitinger ist das ein Grund zum eindringlichen Appell: „Die Politik und Verantwortungsträger müssen alles tun, um auch in Zukunft die Versorgung mit eigenen Lebensmitteln zu gewährleisten.“ Dabei müssen, so Seitinger, auch der Handel und die Konsumenten mithelfen.
Die Landwirtschaftskammer Steiermark reagiert auf die Klima- Herausforderungen mit einem sogenannten Boden-Humus-Zentrum. „Ein humusreicher Boden speichert Wasser, schützt die Pflanzen besser vor Trockenheit und bei Starkregen den Boden vor Abschwemmung“, unterstrich Kammerdirektor Werner Brugner. Im neuen Boden-Humus-Zentrum in der Bezirkskammer Südoststeiermark in Feldbach treiben seit kurzem vier erfahrene Boden-Experten den klima-fitten Ackerbau mit den steirischen Bauern nachhaltig voran.
Wasser in der Zukunft
Wie stark sich die Wasserverfügbarkeit in der steirischen Landwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten ändern wird, wird im Zuge des Forschungsprojekts „Steirerteich“ ermittelt. Als Wissenschaftler mit dabei ist Andreas Schaumberger von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Im schlechtesten Fall könnte die Trockenheit im Süden der Steiermark bis zum Ende dieses Jahrhunderts um bis zu 20 Prozent zunehmen. In der Obersteiermark ist sogar mit einem bis zu 40-prozentigen Rückgang der Wasserbilanz zu rechnen.
Übrigens kann ab Anfang 2020 jeder steirische Betrieb kostenfrei per Mausklick mit dem Tool „Steirerteich“ die künftige Wasserverfügbarkeit für seine Flächen anhand von drei möglichen Klimaszenarien bis zum Jahr 2100 ablesen. Das soll, so Brugner, eine Orientierungshilfe sein.
Dürre- und Hagelschäden
Wenn es heuer am 7. und 8. Mai um zwei Grad kälter gewesen wäre, hätte das für die steirische Obstwirtschaft wieder katastrophale Folgen und extrem negative Auswirkungen auf die Erntebilanz 2019 gehabt. Josef Kurz, Landesleiter der Österreichischen Hagelversicherung, nimmt die Zahl von 20 Millionen Euro in den Mund. So habe der Frühfrost „nur“ vereinzelt in tiefen Lagen an Erdbeer- und Obstkulturen zu Schäden geführt. Allerdings haben sich, so Kurz, auch diese Einbußen auf 2,5 Millionen Euro summiert.
Der Mai 2019 zählt zu den zehn niederschlagsreichsten Mai-Monate der Messgeschichte seit über 250 Jahren. Zudem lag das Temperaturmittel 2,6 Grad unter dem langjährigen Schnitt. Der Folgemonat steuerte ins andere Extrem. Der Juni 2019, auch Brachmonat genannt, zählt zum sonnigsten und wärmsten seit Beginn der Messgeschichte und verursachte vor allem im Ennstal und Murtal große Dürreschäden. Während es im Norden viel zu heiß war, wurden die West-, Süd- und Oststeiermark regelmäßig von Hagelunwettern heimgesucht. Zu den schwersten zählten jene in Vorau (16. Juni), Bad Waltersdorf (20. Juni), Eggersdorf bei Graz (21. Juni), Deutsch Goritz (27. Juni), Groß St. Florian (6. Juli), Wildon und Gnas (27. Juli) sowie Straden (24. August).
Summa summarum betrug der Hagelschaden in der Steiermark laut Kurz heuer 12 Millionen Euro. Ebenso hoch beziffert er die Dürreschäden im Land. „Die Dürre wird bei den Bauern in Zukunft das Thema Nummer eins sein“, gibt sich Kurz wenig optimistisch. Die Dürreschäden in Gesamtösterreich beliefen sich heuer auf 100 Millionen Euro.
Beitragsbild: agrarfoto.com
Porträtfotos: LK/Danner