Herbert Muster, Beratungsleiter für Kern- und Steinobst, über die drohende Frostgefahr, den Apfelmarkt und die Zukunft des Verbandes.
NEUES LAND: Das Thema Spätfröste bewegt die ganze Steiermark, denn auch heuer scheint die Situation wieder brandgefährlich. Gibt es schon die ersten Schäden an Obstkulturen?
Herbert Muster: Die Nerven in der Branche liegen blank und tiefe Lagen sind bereits beregnet oder beheizt worden. Speziell bei Marillen, die schon länger in Vollblüte sind, gibt es erste Schäden. Einzelne Anlagen sind stark betroffen, die gesamten Verluste halten sich aber noch in Grenzen. Bei Kernobst gehen wir davon aus, dass derzeit noch keine nennenswerten Schäden aufgetreten sind.
NL: Wie schätzen Sie den weiteren Verlauf ein?
Muster: Die Gefahr ist bekanntlich erst bei den Eisheiligen vorbei. Durch Warmphasen im Winter und dem damit verbundenen frühen Vegetationsstart, dauert die Frostsaison immer länger. Auch in diesem Jahr begann die Entwicklung der Obstkulturen sehr zeitig, nur das Jahr 2007 war extremer. Wir erwarten die Apfelblüte ab Anfang April, danach ist die Frostanfälligkeit der jungen Früchte am größten. Erfahrungsgemäß sind immer die Nächte um den Vollmond am gefährlichsten – in den Jahren 2016 und 2017 war das auch so. Demnach wird es vermutlich um den 19. April wieder ernst.
NL: Die Apfelernte des Vorjahres war sehr gut. Wie läuft die Vermarktung?
Muster: In Europa wurde die höchste Erntemenge der Geschichte eingefahren – der Markt ist gesättigt. Erschwerend kommt hinzu, dass wir 2016 kaum Kunden im Ausland bedienen konnten und damit als Lieferant unattraktiv geworden sind. Außerdem hatten auch viele Private in ihren Hausgärten eine Rekordernte, womit die Eigenversorgung sehr hoch war. Durch diese dreifache Belastung liegt der Verkauf hinter den Erwartungen. Gut zu verkaufen ist weiterhin Ware mit hoher Qualität, das bedeutet hohe Fruchtfleischfestigkeit und ausreichend Zucker, sowie gute Haltbarkeit.
NL: Wo sehen Sie den stärksten Handlungsbedarf für die Zukunft des steirischen Obstbaus?
Muster: Wir haben in der Steiermark alle Voraussetzungen für ein hervorragendes Obstbaugebiet. Wichtig sind natürlich die Qualitätsproduktion, die Produktionssicherheit und die Sortenpolitik. Den größten Handlungsbedarf sehe ich aber bei der Bündelung der Vermarktung, da sie derzeit in Österreich durch viele Splittergruppen geprägt ist. Wenn wir uns auf einem gesättigten Markt nicht einig sind, wird ein brutaler Verdrängungswettbewerb eintreten. Außerdem werden wir beispielsweise bei der Vergabe neuer Sorten für ein Anbaugebiet einfach nicht ernst genommen.
NL: Sie haben im Jänner Wolfgang Mazelle als Geschäftsführer des Verbandes Steirischer Erwerbsobstbauern abgelöst. Welche Schwerpunkte möchten Sie in dieser Funktion setzen?
Muster: Mir ist es ein großes Anliegen, dass sich der Verband als neutrale Organisation präsentiert und als Vertretung für alle Gruppen wahrgenommen wird. Wichtig erscheint mir, dass man miteinander spricht und alle Betroffenen in Entscheidungsprozesse einbezieht. Die Bündelung der Vermarktung ist nicht unsere Aufgabe, wir können aber als eine Art Mediator fungieren. Vermarkter und Bauern müssen dafür einen Schritt auf uns zugehen. Außerdem möchten wir als Sprachrohr hin zur Politik dienen und bearbeiten auch Themen wie die ländliche Entwicklung, die Herkunftssicherheit und die GAP-Förderperiode nach 2020.
Zur Person
Herbert Muster studierte Pflanzenproduktion an der Universität für Bodenkultur. 1996 begann er als Obstbauberater in der LK Steiermark und spezialisierte sich danach auf die Pflanzenschutzberatung. Seit 2007 ist er Beratungsleiter für Kern- und Steinobst und seit Jänner 2019 Geschäftsführer der Steirischen Erwerbsobstbauern. Der 51-jährige ist verheiratet und hat drei Kinder.