Christian Metschina, Biomasseexperte der Landwirtschaftskammer, über die Zukunft von Holzkraftwerken, Einspeistarife und Lösungen.
NEUES LAND: Für großes mediales Aufsehen sorgte die Ökostrom-Blockade der SPÖ vergangene Woche im Bundesrat. Eine finanzielle Übergangslösung für mit Holz betriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wurde abgeschmettert. Was bedeutet das für die 27 steirischen Betreiber?
Christian Metschina: Etwa 60 Prozent der Ökostromkapazitäten sind von der Schließung betroffen, wenn es in den kommenden Wochen zu keiner Übergangslösung kommt. Ohne entsprechendem Einspeisetarif können die Anlagen nicht kostendeckend betrieben werden. Wenn die Betreiber jetzt kein eindeutiges Signal für eine tragfähige Lösung bekommen dann werden sie die Anlagen nach der Reihe vom Netz nehmen. Dabei geht es auch um 600 Arbeitsplätz in der Steiermark.
NL: Warum ist der Weiterbestand dieser Holzkraftwerke für die steirische Forstwirtschaft eigentlich so wichtig?
Metschina: Holzkraftwerke stellen eine unverzichtbare Verwertungsschiene für niederwertige Holzsortimente dar und tragen somit maßgeblich zum benötigten Holzaufkommen für die gesamte Forstwirtschaft bei. Darüber hinaus sind Holzkraftwerke unverzichtbar für die Verwertung von Energieholz aus Käferkalamitäten, Sturmschäden oder andere klimabedingen Naturereignissen. Diese werden in Zukunft definitiv mehr und nicht weniger werden.
NL: Fehlt das Holz für die Holzkraftwerke dann nicht in der heimischen Holz- und Papierindustrie?
Metschina: Ganz im Gegenteil. Holzkraftwerke verwerten in der Regel nur Holzsortimente, die für eine stoffliche Nutzung nicht mehr in Frage kommen. Nur wenn alle Sortimente entsprechend nachgefragt werden, kommen die benötigten Mengen auf den Markt. Davon profitieren die heimische Holzindustrie genauso wie die heimischen Waldbauern.
NL: Wie viel Strom produzieren diese Biomassekraftwerke?
Metschina: Die steirischen Holzkraftwerke produzieren im Jahr rund 117 Millionen Kilowattstunden Ökostrom. Damit können 33.000 Haushalte mit Ökostrom versorgt werden.
NL: Oft wird solchen Anlagen fehlende Effizienz vorgeworfen. Stimmt das?
Metschina: Im Ökostromgesetz 2012 sind die Effizienzkriterien ganz klar geregelt. Da fast alle Anlagen die anfallende Wärme für interne Prozesse wie Trocknungskammern oder zur Fernwärmeversorgung nutzen, sehe ich die Branche hier gut gerüstet.
NL: Wie könnte eine Zukunftslösung aussehen, mit der alle Beteiligten gut leben können?
Metschina: Kurzfristig braucht es eine Übergangslösung. Daran führt kein Weg vorbei. Mittel- und Langfristig braucht es Rahmenbedingungen, welche die Vorteile der rohstoffgeführten Anlagen besonders berücksichtigen. Holzkraftwerke haben keine unberechenbare Fluktuation bei der Energiebereitstellung und können entsprechend flexibel betrieben werden. So lange wir aber in Österreich fossile Energieträger jährlich weiter mit knapp fünf Milliarden Euro pro Jahr steuerlich bevorzugen, dürfen wir nicht darüber klagen, dass auch erneuerbare Energieträger eine Unterstützung benötigen. Im Gegensatz zu den Fossilen bleibt das Geld bei der Biomasse aber in der Region, stärkt dort die Wirtschaft und leistet obendrein noch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Der aktuelle Vorschlag von Bundesministerin Elisabeth Köstinger über ein Biomassegrundsatzgesetz eine Lösung auch ohne Zwei-Drittel-Mehrheit finden zu wollen zeigt, dass die Thematik politisch maximal aufgeladen ist und dass von Seite der Regierungsparteien ein ehrliches Interesse an einer raschen Lösung im Sinne der heimischen Biomassenutzung besteht.
Zur Person
Der gebürtige Kärtner Bauernsohn Christian Metschina hat in Graz Umweltsystemwissenschaften studiert. Seit 2005 arbeitet Metschina bei der Landwirtschaftskammer Steiermark und leitet seit 2013 das Referat Energie, Klima und Bioressourcen. Seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Biomasseverbandes.
Beitragsfoto: ÖBMV