Spannende Ergebnisse brachte die große NL-Umfrage: Bauern leiden stark unter Belastung, sind aber doch auffallend zufrieden!
400 Bäuerinnen und Bauern haben an einer Umfrage von NEUES LAND und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) in der Steiermark teilgenommen, die sich mit einem sehr wichtigen Themen-spektrum auseinandersetzte: Es ging um Gesundheit, Zufriedenheit, Glück, aber auch Stress. Nicht überraschend ist die Erkenntnis, dass die Bäuerinnen und Bauern enorm unter Stress leiden. 72,5 Prozent, also fast drei Viertel, sind „sehr oft“ und „oft“ damit konfrontiert. Frauen übrigens noch erheblich stärker – bei ihnen sind 78,6 Prozent von Überlastung betroffen, bei den Männern „nur“ 70,6 Prozent. Noch ein auffallender Unterschied: Jüngere Bäuerinnen und Bauern fühlen sich weit mehr gestresst als ältere. In der Gruppe bis 49 Jahre sind es 80,6 Prozent, jenseits der 50 fällt der Wert auf 63,7 Prozent.
Unterschied
Überraschend ist die Tatsache, dass sich Bäuerinnen und Bauern trotz schwieriger Lebensumstände – zu denen bekanntlich schlechte Preise und folgenschwere Wetterkapriolen zählen – in der überwiegenden Zahl als glücklich bezeichnen. 74,8 Prozent, also rund drei Viertel, fühlen sich „oft“ und „sehr oft“ so. Männer (75,9) sind sogar noch etwas besser gestimmt als Frauen (71,4) – was sich allerdings aus der geschilderten Belastungssituation auch erklären lässt. Noch ein Unterschied fällt auf: Bauern im Nebenerwerb liegen mit einer Glücksquote von 81,6 Prozent weit vor den Kollegen im Vollerwerb, die es nur auf 68,3 Prozent bringen. Bemerkenswert ist auch, dass es praktisch keine Glücks-Unterschiede in den Alterskategorien gibt.
Glücksfaktoren
Spannend sind die Erkenntnisse zu jenen Glücksfaktoren, die auf Bauernhöfen in der Steiermark offenbar ein sehr wirksames Gegengewicht zum Stress bilden. Hier steht die Familie überragend an erster Stelle, gefolgt von der Arbeit am Hof. Gleich dahinter finden sich die Freunde sowie Urlaub und Freizeit – was (siehe Interview auf Seite 4) auf ein großes Umdenken hinweist. Danach folgen (in der genannten Reihenfolge) Glaube, Vereinsleben, Musik und Tiere.
Zum doch erfreulich weit verbreiteten Glück dürfte auch beitragen, dass stattliche 84,5 Prozent mit ihrem Gesundheitszustand „sehr zufrieden“ und „zufrieden“ sind. Was etwa auch der bäuerlichen Einschätzung der eigenen Lebenssituation entspricht: 81,3 Prozent bezeichnen sich als „sehr zufrieden“ und „zufrieden“ – ebenfalls ein hoher Wert. Allerdings fallen erhebliche Unterschiede auf: Männer sind mit ihrem Leben deutlich öfter „sehr zufrieden“ (17,8 Prozent) als Frauen (11,2 Prozent). Und viel mehr ältere Bäuerinnen und Bauern sind „sehr zufrieden“ als jüngere. In der Altersgruppe bis 29 Jahre sind es nur 10 Prozent, bei den über 70-jährigen jedoch 27,3 Prozent. Fast drei Mal so viele!
Was noch bemerkenswert ist: Die Qualität der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum wird sehr positiv gesehen – obwohl zunehmend über Probleme diskutiert wird. Die Zufriedenheitsquote („sehr zufrieden“ und „zufrieden“) liegt bei 86,3 Prozent. Und bei den bevorzugten medizinischen Behandlungsformen liegen erstaunlicher Weise die guten, alten bäuerlichen Hausrezepte (31,3 Prozent) neben Homöopathie (37,5 Prozent) und klassischer Schulmedizin (70,8 Prozent) unter den Top Drei.
Datenanalyse
Der Grazer Psychologe, Autor und Stress-Experte Erich Hotter sieht in seiner Datenanalyse einerseits „einen eindeutig hohen Stresspegel“, aber andererseits „aus Sicht der Glücksforschung wichtige stärkende Elemente“. Hotter: „Es geht darum, Selbstwert aus den Dingen zu schöpfen, die man macht und stolz auf Leistungen zu sein. Diese bestätigenden, positiven Erlebnisse sind – wie sich zeigt – bei den Bäuerinnen und Bauern doch reichlich vorhanden.“ Beeindruckt haben den Fachmann aber auch die in den Umfrageergebnissen erkennbaren starken Zusammenhänge zwischen Lebenszufriedenheit, Glück und Gesundheit. Anders ausgedrückt: Den glücklichen Bäuerinnen und Bauern geht es auch gesundheitlich signifikant besser. Da steigt die Zufriedenheitsquote in Sachen Gesundheit auf unglaubliche 91,3 Prozent.
Hoffnung
Erfreut über diese Umfrage-Ergebnisse zeigt sich Bauernbundobmann Landesrat Hans Seitinger: „Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten Jahr für Jahr unter schwierigsten Bedingungen. Man denke an die zunehmend auftretenden Naturkatastrophen und die international schwierige Marktsituation, einhergehend mit einer Vielzahl an weiteren Herausforderungen. Trotz dieser prekären Situation raffen sich die Bauern immer wieder auf und motivieren sich aufs Neue, um unser Land zu pflegen und uns mit ehrlichen Produkten in hoher Qualität zu versorgen. Daher sind auch die gesamte Gesellschaft und insbesondere der Handel gefordert, das Lebensumfeld der Bauern massiv zu verbessern.“
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