Die Landwirtschaft im dritten Jahrtausend befindet sich in einem starken Umbruch, der von vielfältigen Einflüssen getrieben wird.
Zum einen dem harten Wettbewerb am globalen Markt, zum anderen steigt der Druck auf Grund von klimatischen Einflüssen und den damit einhergehenden Naturkatastrophen. Auch die sich schnell ändernden Bedürfnisse der Konsumenten stellen die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen. Dementsprechend befinden wir uns in einem Wandel, der eine Energie-, eine soziale und eine Ernährungswende mit sich bringt. Außerdem ist der bedeutende soziale und wirtschaftliche Faktor in die vielfältigen Überlegungen mit aufzunehmen. Die Land- und Forstwirtschaft sichert mit den vor- und nachgelagerten Sektoren 550.000 Arbeitsplätze in Österreich. Nur mit einer umfassenden Neuausrichtung und einer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz können die vielfältigen Aufgabenstellungen erfolgreich bewältigt werden.
Bundesminister Andrä Rupprechter: „Bei den großen Herausforderungen der Zukunft – wie dem Klimawandel, der Ernährungssicherheit – spielen unsere bäuerlichen Familienbetriebe eine entscheidende Rolle. Europa braucht eine starke Agrarpolitik als gemeinsame Strategie. Sie stellt die flächendeckende Bewirtschaftung der Kulturlandschaft sicher, schont wertvolle natürliche Ressourcen und macht Europas Landwirtschaft zukunftsfit. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass alle Regeln für die landwirtschaftlichen Betriebe nachvollziehbar und verständlich sind.“
Landesrat Johann Seitinger: „Trotz der zahlreichen Herausforderungen hat die heimische Landwirtschaft eine Zukunftsperspektive: Landwirt ist heute mehr als ein Beruf. Es ist eine Lebensaufgabe. Bauern tragen Verantwortung für den wesentlichen Teil der Lebensqualität unserer Gesellschaft. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: die Gesellschaft ist aufgerufen, die nötige Solidarität aufzubringen, um unseren Bauern Rückhalt und Existenz zu geben.“
Unter dem Vorsitz von Johann Seitinger beraten die österreichischen Agrarlandesräte derzeit in Graz gemeinsam mit Minister Rupprechter über die Herausforderungen für die Landwirtschaft und die Schwerpunktsetzung in der österreichischen Agrarpolitik.
Klimaschutz-Risiko-Vorsorge unerlässlich
Der Klimawandel ist längst bittere Realität. Die daraus resultierenden Kosten betragen in Österreich jährlich bis zu 8,8 Milliarden Euro. Besonders von den Auswirkungen der Erderwärmung betroffen ist laut Klimaforschern der sensible Alpenraum und damit in weiterer Folge unsere ohnehin durch ihre teils exponierte Lage bereits benachteiligte Landwirtschaft. Da die Bauern ihre Werkstatt unter freiem Himmel haben und somit als erste die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen, brauchen sie den vollen Rückhalt der Politik. Die bereits bestehenden Vorsorgemodelle müssen angepasst und ausgebaut werden. Nur so kann die wichtige Wirtschaftskraft der heimischen Landwirtschaft und die Versorgungssicherheit langfristig erhalten werden.
Ausweitung des Risiko- und Katastrophen-Versicherungspaketes
Mit Änderungen des Hagelversicherungs-Förderungsgesetzes und des Katastrophenfondsgesetzes wurden wichtige Schritte in Richtung einer umfassenden Ernteversicherung gesetzt. Landwirte, die sich heuer im Frühjahr gegen Dürre, Stürme oder starke Regenfälle versichert haben, bekamen in den letzten Tagen den von der öffentlichen Hand getragenen Prämienanteil (50 Prozent) von der Hagelversicherung refundiert bzw. gutgeschrieben. Das waren rund 43.400 Betriebe (nahezu 80 Prozent der gesamt versicherten Betriebe). Eine Ausweitung des Versicherungsangebotes ist von existenzieller Bedeutung. Rupprechter: „Es war mir ein großes Anliegen, die Versicherungsmöglichkeiten zu erweitern und die Bäuerinnen und Bauern bei der eigenständigen Risikovorsorge tatkräftig zu unterstützen. Wir haben die Ausweitung der staatlichen Bezuschussung von Versicherungsprämien auf Dürre, Sturm und starke oder anhaltende Regenfälle gegen große Widerstände durchgesetzt. Den Erfolg der Bemühungen haben viele Betriebe in den letzten Tagen gespürt. Der heuer von der öffentlichen Hand getragene Prämienanteil wurde bereits für dieses Jahr refundiert.“ Über diese Schiene soll der notwendige Anreiz geschaffen werden, um in den kommenden Jahren die versicherten Flächen auszuweiten. Katastrophensituationen, wie im heurigen Frühjahr, können dann zumindest finanziell besser abgemildert werden.
Erneuerbare Energieträger forcieren
Der Einbruch im Bereich der erneuerbaren Energiebereitstellung insbesondere in der Biomasse auf Grund von Förderungen klimaschädlicher Ölkesseln durch die Ölindustrie ist ein dramatischer Rückschritt im Bereich der Klimastrategie. Ein zentraler Punkt wird es daher sein, entscheidende Klimaschutzmaßnahmen im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens einzuleiten und den nachwachsenden Rohstoffen gegenüber der fossilen Energie einen absoluten Vorzug zu geben. Der erste Schritt dazu ist die Umsetzung der notwendigen Ökostromnovelle.
Marktmaßnahmen zur Stärkung
Der harte Wettbewerb und weitere Einflussfaktoren haben auf den Märkten zu teils deutlichen Preiseinbrüchen am landwirtschaftlichen Sektor geführt. Betrachtet man beispielsweise den Milchmarkt, ist die Lage nach wie vor schwierig, wobei trotz der Verlängerung des Russlandembargos eine leichte Entspannung spürbar war. Die von Bundesminister Rupprechter geforderte und durchgesetzte freiwillige Milchmengenreduzierung wurde mit finanzieller Unterstützung durch die EU umgesetzt und zeigt Wirkung. Im nächsten halben Jahr haben die Landwirte eine Reduzierung der einzelbetrieblichen Milchmenge in Österreich im Umfang von 60.000 Tonnen geplant. Rupprechter: „Angebot und Nachfrage müssen zusammenpassen, das ist die Grundlage für bessere Milchpreise. Mit dem großen Interesse an den von der EU unterstützten Reduktionsmaßnahmen beteiligen sich die österreichischen Milchbäuerinnen und Milchbauern aktiv an der Stabilisierung des Milchmarktes. Das ist ein positives Signal für den Milchmarkt. “
Vereinfachungen im Verwaltungsbereich
Der Landwirt von heute ist nicht nur Urproduzent, sondern zunehmend mehr auch Unternehmer und hat in diesem sehr breiten Betätigungsfeld unzählige Auflagen und gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Eine Entschlackung ist daher auch im Agrarbereich unerlässlich, damit der Wirtschaftsmotor Landwirtschaft nicht ins Stottern gerät. Neben den Bundesgesetzen hat auch die Durchforstung von Landesgesetzen und der Gewerbeordnung höchste Priorität. Seitinger: „Wie ein Nervengift wirkt die überbordende Bürokratie auf Landwirtschaft und Wirtschaft und hemmt damit vielfach Motivation und Optimismus. Das bestätigt auch das Weltwirtschaftsforum in seinem jüngsten Bericht. Der wachsende Verwaltungsaufwand verschlingt immer mehr Zeit und Geld. Daher ist ein mutiger Abbau von Bürokratie das politische Gebot der Stunde. Wir brauchen wieder eine lebendige Gründerkultur, die Menschen zu Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und wirtschaftlicher Freiheit ermutigt.“ Bereits im März 2015 hat Bundesminister Rupprechter eine Verwaltungsreformkommission damit beauftragt, im Zuständigkeitsbereich des Ressorts Möglichkeiten der Verwaltungsvereinfachung und Deregulierung zu identifizieren. Von der Kommission wurden mehr als 50 Bundesgesetze und fast 300 Verordnungen aus den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft, Forst, Wasser und Abfall geprüft und ein umfangreiches Deregulierungspaket geschnürt. Rupprechter: „Eine moderne und effiziente Verwaltung ist die Voraussetzung für eine positive Entwicklung des Landes. Hier gilt das Prinzip: Weniger ist mehr – weniger Bürokratie ermöglicht bessere und schnellere Entscheidungen, sichert hohe Standards und schafft mehr Rechtssicherheit.“ Bundesgesetze werden aufgehoben, Bewilligungstatbestände entfallen, Verfahren werden konzentriert sowie Doppel- und Dreifachzuständigkeiten reduziert. Unnötige und zum Teil unsinnige Regelungen werden abgeschafft. Das Einsparungspotenzial liegt bei rund fünf Millionen Euro pro Jahr für BürgerInnen, Unternehmen und Verwaltungen.
Foto: Lebensressort