Krümelstar zieht weite Kreise

von Karl Brodschneider

Immer mehr steirische Bauern beschäftigen sich in einem eigenen Projekt mit der Frage, wie ein klimafitter Boden ausschauen soll. 

 

Seit dem Frühjahr 2020 arbeiten rund 80 steirische Bauern im sogenannten „Praktikerforum“ des Kompetenzzentrums für Acker, Humus und Erosionsschutz der Landwirtschaftskammer an der praktischen Umsetzung diverser Maßnahmen für klimafitte Böden. „Ziel ist es herauszufinden, wie die Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Begrünung und Düngung für einen zukunftsfähigen Boden ausschauen sollen“, sagt Johannes Maßwohl vom in der Bezirkskammer Südoststeiermark angesiedelten Kompetenzzentrum. Einen solchen Boden zeichnen optimale Luft- und Wasserverhältnisse, ein hohes Nährstoffspeichervermögen, eine gute Nährstoffverfügbarkeit sowie eine hohe Stabilität bezüglich Befahrbarkeit und Erosion aus.

Die untersuchten Böden liegen überwiegend in der Ost-, Süd- und Weststeiermark. Im Projekt sind damit auch die unterschiedlichen Bodentypen von leichten, sandigen Au- und Braunerdeböden über Gleyböden bis hin zu schluffreichen typischen Pseudogleyen vertreten.

In einer Veranstaltung im Steiermarkhof wurde eine Zwischenbilanz über die bisherige Arbeit des Praktikerforums gezogen. Dabei freute sich LK-Vizepräsidentin Maria Pein über die große Beteiligung der Bauern an dem als „Krümelstar“ bezeichneten Projekt. Sie betonte, dass die Landwirtschaftskammer Steiermark die einzige Bauernkammer in Österreich mit einem eigenen Versuchswesen sei. Und sie kündigte an, dass es ihr Ziel sei, heuer vermehrt Politiker aus allen politischen Lagern zu Feldbegehungen einzuladen. „So bekommen sie einen Einblick davon, was die Landwirte alles für den Humusaufbau und Erosionsschutz machen“, betonte Pein.

Ein wesentlicher Punkt des Praktikerforums sind die regelmäßigen Feldbegehungen. Dabei tauschen die Landwirte untereinander ihre Erfahrungen aus und stellten diese Informationen per WhatsApp auch anderen Interessierten zur Verfügung. Ergänzend dazu finden im Labor in Haidegg bodenchemische Untersuchungen statt.

Vorbildliche Böden

Für neun Bauern gab es bei dieser Veranstaltung eine Überraschung. Ihre untersuchten Böden wiesen besonders gute Ergebnisse auf. Dafür erhielten sie den „Krümelstar“-Preis als Dank für ihre vorbildliche Arbeit. Die Geehrten sind Andreas Reiter aus Gössendorf, Josef Kowald aus Allerheiligen bei Wildon, Hans Koch aus St. Martin im Sulmtal, Klaus Teschl aus Fehring, Franz Fink aus Sebersdorf, Josef Reiter-Haas aus Wildon, Karl Totter aus Mureck, Franz Pazek aus Gnas und Johann Ettl aus Gnas. Mit dem „Ehren-Krümelstar“ wurden der Initiator des Praktikerforums, Ökonomierat Günther Rauch aus St. Peter am Ottersbach, August Friedl aus Fehring, Professor Othmar Nestroy, Anton Holzerbauer und der Feldlbacher Bürgermeister Josef Ober gewürdigt.

Eigenversorgung sinkt

Maria Pein

Johannes Maßwahl, LK-Vizepräsidentin Maria Pein und Univ.-Prof. Martin Gerzabek bei der Krümelstar-Verleihung.

Die Verleihung nahm Vizepräsidentin Maria Pein gemeinsam mit Universitätsprofessor Martin Gerzabek von der Universität für Bodenkultur vor. Gerzabek sagte für die ertragsstarken Ackerflächen in Ostösterreich aufgrund des Klimawandels in den nächsten 30 Jahren deutliche Ertragseinbußen voraus. Das werde sich auch auf den Selbstversorgungsgrad in Österreich auswirken und vor allem bei Weizen und Mais zu einem deutlichen Mengenrückgang führen. Ähnliches drohe auch den Ackerböden in vielen Ländern Europas, in den USA, in Kanada und Indien. Dagegen würde sich in Russland das Ackerboden-Potenzial aufgrund der Verschiebung der Permafrost-Grenze bis zum Ende des Jahrhunderts verdoppeln.

Gerzabek sprach sich klar dafür aus, dass der Boden primär für die Lebens- und Futtermittelerzeugung sowie als Naturraum genützt werden müsse. Ansonsten gerate Österreich bei der Selbstversorgung und beim Biodiversitätsverlust immer mehr in die Bredouille.

 

Beitragsfotos: Brodschneider

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