Interview der Woche: Martin Krondorfer

von Karlheinz Lind

Martin Krondofer, Leiter der FAST Pichl, über Gefahrenquellen bei der Waldarbeit, Forstunfälle und wie man diese vermeiden kann.

NEUES LAND: Nahezu im Wochentakt wird in den heimischen Medien über schwere Forstunfälle berichtet. Handelt es sich dabei um eine Häufung aufgrund der Sturmschäden?

Martin Krondorfer: Das muss ich gleich relativieren. Wie sich die derzeitige Unfallsituation darstellt, liegt im Normalbereich. Im Schnitt gibt es rund fünf tödliche Forstunfälle pro Jahr in der Steiermark, österreichweit liegt diese Zahl bei 15 bis 20. Durch die Sturmkatastrophe vom 18. August ist man wieder sensibilisiert. Durch die Berichterstattung über Forstunfälle in den heimischen Wäldern passiert ein weiteres Aufrütteln und das ist ganz wichtig. Viele Landwirte denken über die Gefahren bei der Waldarbeit wieder stärker nach. Auch wir in der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl analysieren die Gründe für die verschiedenen Forstunfälle. Da arbeiten wir auch ganz eng mit der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zusammen und lassen diese Erfahrungen in unsere Kurstätigkeit mit einfließen.

 

NL: Wo liegen eigentlich die häufigsten Gefahrenquellen bei der Waldarbeit?

Krondorfer: Leider gibt es viele Möglichkeiten, um sich bei der Waldarbeit zu verletzen. Doch die Aufarbeitung von Schadholz birgt mit Abstand das höchste Gefahrenpotential. Das reicht von extrem gespannten Bäumen bis hin zu abgerissenen Wipfeln, die unkontrolliert zu Boden stürzen können. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass jeder weiß, was er macht, wenn er zur Waldarbeit geht. Neben einer guten Ausbildung und der notwendigen Schutzausrüstung kommt der Baumbeurteilung große Wichtigkeit zu. Dafür sollte man sich ausreichend Zeit nehmen, um Gefahrenquellen bereits im Vorfeld auszuschließen. Es gibt auch neue technische Hilfsmittel, wie etwa Spindelkeile, auch Ratschenkeile genannt. Denn durch das Keilen mit der Axt wird der Baum in Schwingungen versetzt und die Gefahr von herabstürzenden Ästen verletzt zu werden, ist enorm hoch. Doch nochmals zurück zur Schadholzaufarbeitung: Wenn man sich nicht mehr sicher ist, sollte man unbedingt einen Profi holen oder modernste Technik einsetzen. Seit in der Waldbewirtschaftung auch Harvester zum Einsatz kommen, ist die Zahl der tödlichen Forstunfälle markant gesunken.

 

NL: Bei welchen Personengruppen werden besonders oft Forstunfälle festgestellt?

Krondorfer: Durch meinem Job an der FAST Pichl gehe ich mit offenen Augen durch die Arbeitswelt. Alleine wenn man Hobbygärtner bei der Arbeit beobachtet, erlebt man Unglaubliches. So werden Obstbaumschnitte mit der Motorsäge ohne Schutzausrüstung durchgeführt. Dasselbe gilt auch in der Brennholzbereitung. Hier werden meist die Mindestabstände beim Hantieren mit der Motorsäge nicht eingehalten. Unfälle sind die Folge. Es gibt aber auch Forstwirte, die das notwendige Wissen über Ausrüstung und Arbeitstechnik nicht haben. Deshalb ist neben einer fundierten Grundausbildung auch die ständige Weiterbildung sehr wichtig. Ich würde alle fünf Jahre einen Auffrischungskurs empfehlen.

 

NL: Worauf sollte man bei der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) besonders achten?

Krondorfer: Ein Helm rettet Leben. Viele Unfälle sind durch herabfallende Äste verursacht worden. Dabei dürfen Gehör- und Gesichtsschutz nicht fehlen. Auch der Schnittschutzhose kommt eine große Bedeutung zu, gerade das linke Bein ist besonders gefährdet. In diesem Zusammenhang darf auch auf eine gut gewartete Motorsäge nicht vergessen werden. Wenn die Kette nachläuft, weil der Vergaser nicht richtig eingestellt ist, kann das schlimme Folgen haben. Den Abschluss bilden Arbeitsschuhe mit Stahlkappen, Jacke in Signalfarbe und passende Handschuhe.

 

NL: An der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl werden ja auch forstliche Praxiskurse angeboten. Worauf wird dabei der Schwerpunkt gesetzt?

Krondorfer: Die Grundausbildung für Menschen, die im Wald arbeiten wollen, ist sicherlich die Forstfacharbeiterausbildung. Hier arbeiten wir ganz eng mit der Land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle der Landwirtschafskammer zusammen. Der Trend geht eindeutig in diese Ausbildungsform. Waren um die Jahrtausendwende noch eine Hand voll Teilnehmer im Haus, sind es jetzt schon weit über hundert pro Jahr. Hier ist auch eine anschließende Meisterausbildung möglich. Für Einsteiger gibt es den Zertifikatslehrgang Motorsägenführung. Dieser dauert zwei Mal eine Woche und berechtig auch zur Beantragung des Europäischen Motorsägenführerscheines. Auch ein zweitägiger Motorsägenkurs für Brennholzwerber wird bei uns im Haus angeboten. Somit ist wirklich für alle etwas dabei.

 

NL: Und wenn ich nicht zur FAST Pichl komme?

Krondorfer: Seit einiger Zeit bieten wir auch Kurs vor Ort an. Da meldet sich der regionale Waldverband, eine Bauernbundortsgruppe oder der Maschinenring bei uns und bekundet das Interesse an einer Weiterbildung vor Ort. In Absprache mit den Teilnehmern werden Ort, Datum und Kursinhalte festgelegt. Dies kommt bei den Landwirten ganz gut an.

 

NL: Engagieren sich auch Frauen in der Forstwirtschaft?

Krondorfer: Ja. Hier ist ein klarer Trend erkennbar. Immer öfter übernehmen Frauen Verantwortung in der Forstwirtschaft. Lag dieser Anteil früher bei ein bis zwei Prozent, so liegt dieser nun bereits bei 20 Prozent. Auch dieser erfreulichen Entwicklung tragen wir Rechnung und bieten speziell Motorsägenkurse für Frauen an. Dafür ist bei uns im Haus Kollegin Kathrin van Zeist verantwortlich, sie hält auch den Praxisteil ab. Um das Allgemeinwissen rund um die Waldwirtschaft zu steigern, gibt es auch einen dreitägigen Kurs „Frauenpower in der Forstwirtschaft“.

 

NL: Welchen abschließenden Tipp können sie den Waldarbeitern mitgeben?

Krondorfer: Ausbildung, persönliche Schutzausrüstung und ein paar Mal öfter überlegen, bevor man in einer gefährlichen Situation den ersten Schnitt setzt. Denn bei dieser Arbeit gibt es kein Glück gehabt. Wenn das passiert ist, hat man im Vorfeld bereits einen großen Fehler gemacht.

Zur Person

  • Martin Krondorfer (59) hat nach der Forstschule in Bruck das Studium der Forstwirtschaft an der BOKU in Wien absolviert.
  • Eine pädagogische Ausbildung in Ober St. Veit folgte.
  • Nach zwei Jahren Tätigkeit beim Bundesamt für Forschung und Wald in Wien wechselte er 1992 an die Forstliche Ausbildungsstätte Pichl in St. Barbara im Mürztal.
  • Seit dem Jahr 2000 ist er als Leiter an der FAST Pichl tätig.
  • Der gebürtige Mürztaler ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.

Beitragsfoto: Lind

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