Grundwasserschutz und Landwirtschaft werden noch enger verknüpft

von NEUES LAND

Arbeitstreffen der vom Regionalprogramm Graz-Bad Radkersburg betroffenen Interessensgruppen endet mit Maßnahmenkatalog zur Sicherstellung eines umfassenden Gewässerschutzes unter Berücksichtigung einer nachhaltigen Landwirtschaft

"Wir sind einen wichtigen Schritt weiter gekommen", freut sich Landesrat Seitinger

“Wir sind einen wichtigen Schritt weiter gekommen”, freut sich Landesrat Seitinger

Das Land Steiermark, die Landwirtschaftskammer Steiermark und der Steirische Wasserversorgungsverband haben ein gemeinsames Verständnis zur Sicherstellung eines umfassenden Grundwasserschutzes und eine vorbeugende und nachhaltige Bewirtschaftung der Ackerflächen oberhalb der Grundwasserkörper des Grazer und Leibnitzer Feldes sowie des unteren Murtales entwickelt. Am 24.10.2016 wurde im Rahmen eines Treffens aller Beteiligten – so auch im Beisein von Landesrat Seitinger und Vertretern der Landwirtschaftskammer – das Ergebnis des intensiven Gesprächs- und Verhandlungsmarathons zur Überarbeitung des Regionalprogramms Graz-Bad Radkersburg präsentiert.

Als erstes großes Entgegenkommen wurde seitens der Landesräte Anton Lang und Johann Seitinger trotz der angespannten budgetären Lage eine einmalige Sonderentschädigung in der Gesamthöhe von 500.000 Euro für all jene Betriebe in diesem Gebiet zur Verfügung gestellt, die im heurigen Jahr nicht an der ÖPUL-Maßnahme „vorbeugender Gewässerschutz“ teilnehmen konnten. Darüber hinaus soll für jene Landwirte, die in Zukunft nicht am vorbeugenden Grundwasserschutz teilnehmen können, über die Änderung des ländlichen Entwicklungsprogrammes eine zusätzliche ÖPUL-Maßnahme unter Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie angeboten werden. Diese wird derzeit national abgestimmt und ist anschließend von der EU zu genehmigen.

Wie bekannt, wurde der Rektor der TU-Graz, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Kainz, als unabhängiger Experte von den Landesräten Lang und Seitinger beauftragt die im Jänner 2016 in Kraft getretene Verordnung unter Berücksichtigung des Grundwasserschutzes und einer praktikablen landwirtschaftlichen Nutzung zu prüfen. Ziel war es eine tragbare Lösung für alle Beteiligten zu finden und  die Anliegen aller Interessensgruppen zu bündeln. Rektor Kainz führte dazu in den letzten sechs Monaten eine Vielzahl von Gesprächen, unter anderen auch mit betroffenen Landwirten. Den Abschluss dieses Abstimmungsprozesses bildete ein Arbeitstreffen bei dem unlängst die folgenden weiteren Schritte fixiert wurden:

Anpassung der Verordnung

Ein Antrag zur Anpassung der Verordnung vom 29. Mai 2015 soll möglichst rasch vorgelegt werden. Die Beibehaltung des umfassenden Grundwasserschutzes ist dabei wesentlich.

GIS-Datenbank zur Stickstoffbilanzierung

In einem Zeitraum von drei Jahren wird eine GIS-unterstütze Datenbank aufgebaut, in der die feldstückbezogene Stickstoffbilanzierung für das betroffene Gebiet aufgezeichnet wird.

Grundwasserschonendes Güllemanagement

Es liegt im Verantwortungsbereich der tierhaltenden Betriebe dafür zu sorgen, dass der Viehbestand an die Ausbringungsflächen angepasst ist und ausreichend Speichervolumen (von mindestens 10 Monaten) zur Verfügung steht. Das Land Steiermark und die Landwirtschaftskammer werden die Landwirte beim Ausbau des Güllespeichervolumens unterstützen. Für die Anlage von längerfristigen Lagermöglichkeiten – Ende 2020 gilt es 100.000 m³ zusätzliches Speichervolumen zu schaffen – wird ein Top-Up zur bestehenden Investitionsförderbeihilfe gewährt (Beihilfensatz von mindestens 30 Prozent). Eine darüber hinausgehende Top-Up-Förderung für Betriebe über eine LE-Programmänderung wird für das gesamte Maßnahmengebiet vorbereitet.

Ertragslageneinstufung

Um eine Änderung bei den Ertragslagen zu erreichen, wird daran gearbeitet, eine moderate Anpassung in den Widmungsgebieten unter Berücksichtigung entsprechender Ausgleichsmaßnahmen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang gilt es auch die teilweise nicht mehr zeitgemäßen Bodenschätzwerte zu aktualisieren.

Ausbringungstermine Herbst und Frühjahr

Den Rahmen dafür gibt die Sachgerechte Düngung mit Zu- und Abschlagssystem vor. Bei einzelnen Ackerfrüchten werden die derzeit gültigen zeitlichen Einschränkungen der Ausbringungstermine von stickstoffhaltigen Düngemitteln geprüft. Beispielsweise soll die Ausbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln bei Mais und Hackfrüchten ab dem 27. März ermöglicht werden und für bestimmte Kulturen (z.B. Wintergerste, Winterweizen, Anlage einer Gründecke) eine Änderung des Herbsttermins geprüft werden. Angestrebt wird auch, Stickstoffdüngergaben in einem Abstand von weniger als 3 Wochen vornehmen zu können.

Gründecken und Zwischenfrüchte

Die Aussaat von Gründecken und Zwischenfrüchten ist ein wichtiges Element zur Bindung von Stickstoffüberschüssen im Boden im Sommer und Herbst. Eine Düngung darf nur bedarfsorientiert und nicht als Entsorgungsmaßnahme erfolgen. Es geht darum, den Anbau von Gründecken und Zwischenfrüchten in den kommenden Jahren auszuweiten, um die Auswirkungen einer Anpassung der Grenze zwischen mittlerer und hoher Ertragslage auf sensiblen Böden auszugleichen. Ziel ist es, die Gründecken und Zwischenfrüchte im Winter auf 20 bis 30 Prozent der Ackerflächen in den Widmungsgebieten 1 und 2 auszuweiten. Diese Maßnahme wird über das ÖPUL-Programm gefördert.

Beratung und Kontrolle

Die Umweltberatung wird von der aktuellen organisatorischen Zuordnung in der Landwirtschaftskammer entkoppelt. Das Land Steiermark wird für ein wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung der Verordnung sorgen. Zusätzlich sollen auch Vorschläge zur generellen Vereinfachung des Verfahrens hinsichtlich Abwicklung und Einreichungsunterlagen eingearbeitet werden.

Installation eines Lenkungsausschusses

Um die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen sowohl inhaltlich, als auch im Zeitplan rasch voranzutreiben, wird ein Lenkungsausschuss eingerichtet. Dieser installiert Arbeitsgruppen in denen die noch offenen Punkte bearbeitet und Empfehlungen getroffen werden. Sollte nach einem Beobachtungszeitraum von 5 Jahren nach Inkrafttreten der novellierten Verordnung keine zufriedenstellende Entwicklung der Grundwasserqualität erkennbar sein, ist man übereingekommen, die Vorgaben entsprechend zu adaptieren.

Für Landesrat Seitinger sind die erzielten Ergebnisse ein wichtiges positives Signal für eine gedeihliche gemeinsame Zukunft der Betroffenen in diesem Gebiet: „Wir sind einen wichtigen Schritt weiter gekommen. Es liegt aber noch ein hartes Stück Arbeit vor uns! Mit der Hilfe und der Kompetenz von Rektor Kainz ist es gelungen, einen gangbaren Weg aufzuzeigen, der sowohl für die Landwirtschaft und auch für die Wasserwirtschaft tragbar wäre. Ich danke allen Beteiligten für die bisherige Mitarbeit und bitte sie auch um einen guten zukünftigen Dialog.“

Landesrat Lang zeigt sich erfreut, dass ein breit getragener Konsens gefunden werden konnte und betont: „Nur gemeinsam können wir die Trinkwasserversorgung von Graz bis Bad Radkersburg für eine Bevölkerungsgruppe von rund 600.000 Steirerinnen  und Steirern sichern. Über vernünftige Vorschläge, die unseren Landwirten helfen, war ich und bin selbstverständlich jederzeit bereit, offen zu diskutieren und die bestehende Verordnung auch anzupassen, wobei der Schutz des Grundwassers für mich oberste Priorität hat. Ich danke den Beteiligten  – allen voran Rektor Kainz – für das Bemühen sowie die konstruktiven Gespräche und hoffe, dass diese lösungsorientierte Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen fortgeführt wird.“

 

Foto: argrafoto.com

 

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