RWA-Agrar-Bereichsleiter Andreas Jirkowsky über eine zufriedenstellende Getreideernte, sinkende Erzeugerpreise und einen Bioboom.
NEUES LAND: Nun geht auch im Norden der Steiermark die Getreideernte in die finale Phase. Können Sie als Bereichsleiter der Sparte Landwirtschaftliche Erzeugnisse in der Raiffeisen Ware Austria bereits eine Erntebilanz ziehen?
RWA-Spartenleiter Andreas Jirkowsky: Nach einem sehr trockenen April rettete der Regen im Mai die heurige Getreideernte. Die Erntemenge bei Weizen als flächenmäßig gängigste Kultur lag über dem Vorjahr. Gemessen an dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre kommen wir allerdings auf ein Minus von rund 14 Prozent.
NL: Aktuelle Zahlen der Agrarmarkt Austria belegen, dass Sommergetreide aufgrund länger anhaltender Trockenperioden an Bedeutung verlieren wird. Wie reagieren Landwirte darauf?
Jirkowsky: Die Landwirte orientieren sich zunehmend an den Absatzmärkten. Der Anbau von Sommergerste litt 2018 unter Trockenheit und Qualitätsproblemen. Aufgrund dieser Tatsachen ging die Anbaufläche 2019 erheblich zurück. Zuwächse verzeichneten hingegen insbesondere die Kulturen Wintergerste und Mais.
NL: Sie sind nun seit einigen Wochen im RWA-Konzern für die Vermarktung von jährlich rund drei Millionen Tonnen Getreide, Futtermittel und Ölsaaten verantwortlich. Welche Schwerpunkte werden dabei gesetzt?
Jirkowsky: Ziel des Verbunds aus RWA und Lagerhäusern ist es, die Produkte der österreichischen Landwirte im In- und Ausland bestmöglich zu vermarkten. Das ist vor dem Hintergrund von immer volatileren Märkten eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen. Unser Vermarktungs-Team verfügt über die notwendige Expertise, jahrelange Erfahrung und sowohl in Österreich als auch CEE einen sehr guten Ruf als zuverlässiger Partner. Diesen guten Ruf werden wir nicht nur aufrechterhalten, sondern weiter ausbauen.
NL: Bereits seit einiger Zeit ist Futterweizen Mangelware. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Jirkowsky: Infolge des Klimawandels haben wir zuletzt Saisonen mit extremen Wetterbedingungen erlebt. Das hatte zur Konsequenz, dass die Weizenernte das zweite Jahr in Folge unter dem Durchschnitt blieb. Parallel dazu weist die Ernte hohe Qualitäten beziehungsweise einen geringen Futterweizenanteil auf. Diese Qualitätsverteilung, die bereits 2018 vorlag, trifft auch heuer wieder zu.
NL: Wo liegen die Erzeugerpreise im Getreidebereich im Vergleich zum Vorjahr? Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie in den nächsten Monaten?
Jirkowsky: Die Getreidepreise liegen an den internationalen Börsen derzeit unter dem Niveau des Vorjahres. Auf Basis der aktuell vorliegenden Marktdaten gehen wir in den nächsten Wochen von keinen gravierenden Preissprüngen bei Weizen oder Mais aus.
NL: Durch die Zunahme der Bioflächen gewinnt die Vermarktung von Biogetreide an Bedeutung. Welche Strategien verfolgen Sie in diesem Bereich?
Jirkowsky: Die Bio-Anbaufläche ist hierzulande massiv angestiegen und erreichte im Jahr 2019 in Österreich einen Flächenrekord. Mittlerweile beträgt der Bio-Anteil gemessen an der gesamten Ackerfläche rund 20 Prozent. Das hat dazu geführt, dass das Angebot an Biogetreide den Inlandsbedarf deutlich übersteigt. Daher müssen wir den Bio-Konsum in Österreich weiter forcieren, da wir die Überschüsse ansonsten über Exportmärkte absetzen müssen.
NL: Wie schätzen Sie die Ernteaussichten bei Mais und Soja ein?
Jirkowsky: Die heurigen Witterungsbedingungen waren nicht optimal, sodass wir sowohl bei Mais als auch bei Soja keine Rekordernte erwarten. Allerdings kam es bei beiden Kulturen zu Flächensteigerungen, sodass die Erntemenge nicht viel geringer ausfallen sollte.
Zur Person
Andreas Jirkowsky startete seine Karriere im Mühlengeschäft. Hier war er rund 24 Jahre erfolgreich aktiv Im Jahr 2012 wechselte er in den RWA-Konzern, wo er mehrere Tochterunternehmen in Ost- und Südosteuropa erfolgreich leitete. Zuletzt war er als Geschäftsführer der RWA Raiffeisen Agro Romania aktiv, seit 1. August ist er RWA-Bereichsleiter für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
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