„Schleunigst mehr darüber reden!“

von NEUES LAND

Irritierendes Studienergebnis: Den Österreichern sind regionale Produkte sehr wichtig, aber sie denken kaum daran, dass sie vom Bauernhof kommen.

Die große „Ernährungsstudie 2015“ des Market-Institutes in Linz ist mit über 1000 Befragten in ganz Österreich absolut repräsentativ. Und Institutsvorstand Prof. Werner Beutelmeyer nimmt Fragen in Sachen Landwirtschaft nicht auf die leichte Schulter – er betreibt selbst einen kleinen Bauernhof. Umso mehr kommt man beim Betrachten eines Rankings ins Staunen, das spontane Gedanken der Österreicherinnen und Österreicher zum Thema Ernährung auflistet.

Heimische Produkte

Da liegt erwartungsgemäß „gesund essen“ (mit 29 Prozent Nennungen) klar voran, aber bereits der zweite Platz (17 Prozent) gehört „regionalen Erzeugern, heimischen Produkten“ knapp vor „Bio“ (15 Prozent). Erst ganz am Schluss der gedanklichen Hierarchie finden sich die Begriffe „unsere Bauern, Landwirtschaft“ mit einem einzigen, mageren Prozent.

Urbane Menschen

Beutelmeyer überrascht das nicht weiter, weil dieses Ergebnis auch mit Ergebnissen aus anderen Studien zusammenpasst: „Dem urbanen Menschen ist die Herkunft der Lebensmittel sehr wichtig. Aber er denkt nicht daran, dass mit diesem Faktum auch die Überlebenschance des ländlichen Raumes verknüpft ist. Er sieht ganz einfach seine Konsumentenverantwortung nicht.“ Damit nicht genug: „Der urbane Mensch hat insgesamt nur noch einen sehr verträumten Blick auf den ländlichen Raum. Er schätzt ihn zwar sehr, aber er weiß nicht mehr, wie er funktioniert.“ So seien beispielsweise, sagt Beutelmeyer, die Almen ein Stück nationaler Identifikation in unserem Land, aber kaum jemand wisse, wie Almwirtschaft tatsächlich betrieben wird. Und auch immer weniger Menschen würden verstehen, „dass der Wald gleichzeitig Lebensraum und Wirtschaftsraum ist.“

Der Preis

Zurück zur Market-Ernährungsstudie: Sie kann noch mit einer weiteren sehr bemerkenswerten Erkenntnis aufwarten. Der Preis (zehn Prozent Nennungen) hat im Ranking der spontanen Gedanken zum Thema Ernährung einen auffallend geringen Stellenwert. Was Beutelmeyer in diesem Zusammenhang wundert: „Der Handel profiliert sich über den Preis, obwohl dessen Bedeutung weit hinter der Regionalität liegt. Es gäbe also offensichtlich einen Preisspielraum, aber der Handel verschenkt ihn.“ Interessante Paralellen sieht der bekannte Markt- und Meinungsforscher auch in einer anderen Studie zu einem weiteren Thema des ländlichen Raumes, dem er sich persönlich ebenfalls stark verbunden sieht – nämlich der Jagd.

Entfremdung

Beutelmeyer spricht auch diesbezüglich von einer „unübersehbaren Entfremdung zwischen verstädterter Gesellschaft und den Jägern“. Er sieht ein „Wissensvakuum“, das vielfach schuld an Vorurteilen sei – und legt noch kräftig nach: „Kaum jemand hat noch eine Ahnung davon, was wir im Wald machen. Wir müssen schleunigst mehr darüber reden!“ Und das Letztere gelte, so meint Beutelmeyer, unbedingt auch für die Landwirtschaft.

Zur Person

Prof. Dr. Werner Beutelmeyer ist Vorstand und Geschäftsführer des Market-Institutes in Linz. Er betreibt auch einen kleinen Bauernhof und ist in seiner Freizeit begeisterter Jäger. Darüber hinaus hat er Lehraufträge an den Universitäten Linz und Innsbruck.

 

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