Rupprechter fordert weitere Maßnahmen und effektive Gespräche mit Russland
Die Krise auf den EU-Agrarmärkten und die Mercosurverhandlungen standen im Mittelpunkt des Treffens der EU-Landwirtschaftsminister gestern, Montag, in Luxemburg. „Hilfen für die Landwirte in der Krise sollen das Angebot an Milch und Schweinefleisch keinesfalls weiter anheizen. Die EU-Kommission knüpft die Liquiditätshilfen an ein Einfrieren der Produktion“, mahnte EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Immerhin hätten die Milcherzeuger ihr Angebot im Jänner um 5,6% gegenüber dem Vorjahr ausgedehnt, beklagte Hogan. Bundesminister Andrä Rupprechter sprach sich im Milchbereich für europaweite Vereinbarungen zur Produktionssteuerung und zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen aus. Das im März beschlossene Maßnahmenpaket, das die Erhöhung der Obergrenzen bei der öffentlichen Intervention von Magermilchpulver und Butter beinhaltet, solle so bald wie möglich umgesetzt werden.
Überdies forderte Rupprechter intensive Gespräche zur schrittweisen Beseitigung russischer Importsperren. „Wir müssen für die betroffenen Bäuerinnen und Bauern nachhaltige Maßnahmen setzen, finanzielle Anreize bieten und den konstruktiven Dialog mit Moskau weiter verstärken. Für den europäischen Agrarsektor ist und bleibt Russland ein wichtiger Handelspartner“, betonte Rupprechter, der in seinen Forderungen von einer breiten Mehrheit der EU-Staaten unterstützt wurde.
„Russland sperrt bestimmte EU-Fleischprodukte, wie zum Beispiel Schweinespeck, wegen der afrikanischen Schweinepest. Nur sehr wenige europäische Länder waren jedoch bislang tatsächlich von der Viruskrankheit betroffen. Die Kommission muss regional ausweisen, in welchen Staaten keine Infektionsgefahr besteht. In gewissen Bereichen, für die kein generelles Embargo gilt, könnte so der Handel rasch wiederaufgenommen werden“, brachte der österreichische Ressortchef bei der Ratssitzung vor.
Lieferabsprachen erlaubt
Hogan verkündete im EU-Agrarrat, dass die Milchbauern ab sofort über ihre Organisationen die Ablieferungsmenge absprechen dürfen, ohne mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten. Die EU-Mitgliedstaaten hätten dazu die Möglichkeit, finanzielle Anreize aus den nationalen Haushalten für die Verminderung der Milcherzeugung zu gewähren. Kredite und andere Zuwendungen, die zur Erhöhung der Produktion führen, seien dagegen in der Krise kontraproduktiv. Hogan stellte klar, dass auch weitere Liquiditätshilfen zumindest an ein Einfrieren der Erzeugung gebunden sein müssten. Mittel aus dem EU-Agrarhaushalt für ein zweites Krisenpaket seien nicht vorhanden.
Geld aus EU-Haushalt gefordert
Rund die Hälfte der Mitgliedstaaten forderte in der Aussprache im Rat dennoch weiteres Geld aus dem EU-Budget. Vor allem Anreize für die Verminderung der Milcherzeugung müssten von der Europäischen Union finanziert werden, da es sich bei der Überproduktion um ein europäisches Problem handle. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass einzelne EU-Mitgliedstaaten für die Mengenreduktion zahlen und andere davon profitieren, wurde auf dem Treffen in Luxemburg gewarnt. Finnland und einzelne andere EU-Mitgliedstaaten sind sogar bereit, die von den Landwirten selbst finanzierte Krisenreserve für das zweite Hilfspaket heranzuziehen.
Frankreich bemängelte, die verdoppelte Menge (218.000 t) für die Intervention von Magermilchpulver zum festen Preis reiche nicht. In den kommenden Monaten müsse die Interventionsmenge für Magermilchpulver noch einmal erhöht werden. Deutschland forderte neue EU-Liquiditätshilfen, die aber nicht mit dem EU-Krisenfonds finanzierten werden dürften. Die Europäische Kommission will bis Juni prüfen, ob im EU-Haushalt noch Reste für ein weiteres Hilfspaket übrig sind. Die niederländische EU-Ratspräsidentschaft will ebenfalls auf dem Junirat das Thema der Marktkrise wieder auf die Tagesordnung setzen.
Mercosur: EU-Mitgliedstaaten müssen einheitliche Position finden
Rund 20 EU-Mitgliedstaaten warnten im EU-Agrarrat vor voreiligen und überzogenen Zugeständnissen an die Mercosurländer. Frankreich hatte dazu ein Papier eingebracht, in dem es ein Einfuhrkontingent für Rindfleisch für die Südamerikaner ablehnt. Das sei nicht der richtige Zeitpunkt, weil die EU selbst unter einer Überproduktionskrise leide, betonte der französische Minister Stephane Le Foll. Er wurde von zahlreichen Ministern unterstützt. Selbst der niederländische Ratspräsident Martijn van Dam meinte, man sollte bei den sensiblen Agrarprodukten der EU äußerst vorsichtig vorgehen und Produkte mit schlechterer Qualität aus Südamerika nicht einfach in die EU lassen. Robert Kloos, Staatssekretär im deutschen Bundeslandwirtschaftsministerium zeigte dagegen neben Spanien und Portugal ein Interesse an erfolgreichen Verhandlungen mit den Südamerikanern. Hogan erklärte, er teile die Bedenken im Agrarsektor. Die Ressortchefs sollten sich aber mit ihren nationalen Handelsministern absprechen, damit sich die EU-Mitgliedstaaten eindeutig in den Verhandlungen positionieren könnten.