Betrachtung von Karl Brodschneider zum Mysterium Traktor: Viele Bauern haben eine besondere Beziehung zu alten Traktoren und entdecken dabei auch ihre eigene Dorfgeschichte.
Das Interesse an der Technik scheint vielen Knaben – natürlich auch Mädchen – in die Wiege gelegt. Spielsachen werden umso interessanter, wenn man versucht zu ergründen, wie sie eigentlich funktionieren und was in der verborgenen Hülle drinnen ist. Von Traktoren sind viele Kinder von klein auf fasziniert, weil sie groß sind, Lärm machen und mit angebauten beziehungsweise gezogenen Geräten viele verschiedene Arbeiten machen können.
Normag, Warchalowski und Hofherr-Schrantz
Mit dieser Einleitung habe ich die bekannten Klischees bedient, um die man aber nicht umhin kommt, wenn man die Motorisierung in unseren Dörfern nachzuforschen beginnt. In meiner Heimatgemeinde begann der Siegeszug der Traktoren Mitte der 1950er-Jahre. Der Schusterhans hatte einen Fendt Dieselroß. Der Neubauer erwarb von der Raiffeisenkasse deren Steyr Diesel Universalschlepper 180a. Der Storch war in seinem Dorf mit einem Normag 12 der erste Traktorbesitzer. Der Kranz holte – um Kosten zu sparen – seinen Warchalowski WT 20 in Niederösterreich ab. Viele andere Bauern bei uns hatten einen 15er Steyr oder einen Porsche Hofherr-Schrantz als ihren ersten Traktor im Hof stehen.
Fahrtaugliche Oldtimer
Aber jetzt kommt’s! Etliche dieser Schlepper befinden sich noch immer am Hof, manche stehen sogar noch im Einsatz. Die jungen Bauern haben sie mit anderen Technik-Begeisterten wieder fahrtauglich gemacht. Nie würden sie diese alten Gefährte hergeben. Welche Autos im Laufe der letzten 60 Jahre am Betrieb gefahren worden sind, können sie oft nur mangelhaft rekonstruieren. Wer der erste Traktor am Hof war und wer diesem nachfolgte, ist auch der jetzigen Bauerngeneration meist noch bekannt.
Auch von den ersten Traktoren der anderen Bauern im Dorf weiß mancher zu berichten. Dabei wird aber einem bewusst, dass es nicht nur viele legendäre Traktormarken, sondern auch einige Bauernhöfe von damals nicht mehr gibt.
[© Kölbl]