Christian Metschina, Energieexperte der Landwirtschaftskammer Steiermark, über das geplante Aus von Ölheizungen, den Green Deal und die Zukunft der Landwirtschaft.
NEUES LAND: Das Land Steiermark will den Umstieg auf umweltfreundliche Heizungsanlagen vorantreiben und stellt dafür Landesförderungen in der Gesamthöhe von vier Millionen Euro zur Verfügung. Was könnte dieser Förderanreiz für die heimische Forstwirtschaft bedeuten?
Christian Metschina: Für die heimische Forstwirtschaft ist die energetische Nutzung von minderwertigen Holzsortimenten, angesichts der in den Markt drängenden Schadholzmengen, wichtiger denn je. Die Nutzung von Hackgut, Scheitholz und Pellets ist ein internationales Erfolgsmodell. Heimische Biomassekesselhersteller sind Weltmarktführer im Bereich Verbrennungstechnologie und Effizienz.
Kostenwahrheit
Solange wir fossile Energieträger in Österreich mit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr steuerlich bevorteilen, benötigen auch die Erneuerbaren entsprechende Rahmenbedingungen. Mittelfristig muss bei den Klimatreibern Öl, Gas und Kohle Kostenwahrheit hergestellt werden.
NL: Auch vom Bund gibt es Förderungen für die Umstellung. Wie kann man sich einen Überblick über die verschiedenen Förderungen verschaffen?
Metschina: Der „Raus aus dem Öl“-Bonus von 5000 Euro ist ein sehr wichtiges Signal. Zukünftig benötigt die Branche stabile Förderbedingungen, damit entsprechende Planbarkeit über einen längeren Zeitraum gegeben ist. Allein in der Steiermark müssen in den kommenden Jahren über 100.000 Ölheizungen auf umweltfreundliche Heizungsanlagen umgestellt werden. Die Homepage des Österreichischen Biomasseverbandes liefert unter www.biomasseverband.at einen kompakten Überblick zu allen aktuellen Förderschienen.
NL: Bäuerliche Biomasse-Nahwärmeanlagen haben in der Steiermark bereits seit vielen Jahren eine große Bedeutung. Wie viele werden bereits in der grünen Mark betrieben und gibt es hier noch Potential?
Metschina: Knapp 600 Biomasseheizwerke und Nahwärmeprojekte sichern die Wärmeversorgung von über 100.000 steirischen Haushalten. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine vergleichbar hohe Anzahl an Heizwerken auf Basis von Biomasse. Durch den Betrieb der Biomasseheizwerke werden in der Steiermark jährlich rund 150 Millionen Liter Heizöl und 500.000 Tonnen an klimaschädlichem Kohlendioxid eingespart. Besonderes Potential für die Zukunft sehe ich bei Gewerbebetrieben und in der Netzverdichtung.
NL: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentierte kurz nach ihrem Amtsantritt im vergangen Dezember den Green Deal – also einen Fahrplan für mehr Nachhaltigkeit innerhalb der Europäischen Union. Wie sieht es derzeit damit aus?
Metschina: Der Green Deal ist ein starkes Signal der EU in Richtung Klimaschutz. Europa soll bis 2050, als erster Kontinent, klimaneutral werden. Grundsätzlich ist dieser Vorstoß begrüßenswert. Das Thema Klimaschutz wird nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Chance gesehen. In Summe will die EU-Kommission zwischen 2021 und 2030 öffentliche und private Investitionen in Klimaprojekte von 100 Milliarden Euro pro Jahr initiieren.
NL: Welche Chancen sehen Sie dabei für die heimische Land- und Forstwirtschaft?
Metschina: Die verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung werte ich absolut positiv, ebenso das Potential im Themenfeld der Bioökonomie. Bei aller Euphorie muss aber sichergestellt werden, dass die umfassenden Systemleistungen der Land- und Forstwirtschaft im Rahmen des Green Deal finanziell abgegolten werden. Außernutzungsstellungsphantasien erteile ich eine klare Absage. Fakt ist, gerade wegen ihrer aktiven Produktionspraktiken sind die heimischen Bäuerinnen und Bauern auf europäischer Ebene bereits jetzt absolute Vorreiter in Sachen Klimaschutz.
Zur Person:
- Dr. Christian Metschina stammt von einem Bauernhof in Kärnten.
- Nach seinem Studium der Umweltsystemwissenschaften in Graz erfolgte 2012 die Dissertation.
- Seit 2005 ist der Vater von zwei Söhnen in der LK Steiermark beschäftig, seit 2014 stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Biomasseverbandes.
- Hobbys: Waldarbeit, Fußball, Laufen.
Beitragsfoto: Österreichischer Biomasseverband