Stefan Zwettler, Leiter der Forstabteilung in der Landwirtschafskammer, über Wetterextreme und deren Einfluss auf die Forstwirtschaft.
NEUES LAND: Die Rekordniederschläge der letzten Tage und Wochen haben im Südwesten Österreichs enorme Schäden in den Wäldern angerichtet. Gibt es schon einen Überblick über das Schadensausmaß in der Forstwirtschaft?
Stefan Zwettler: Besonders betroffen von den Schadereignissen sind – wie bereits beim Sturmtief Vaia Ende Oktober 2018 – Kärnten und Osttirol. Die Schadholzmengen in der Forstwirtschaft werden mit jeweils 150.000 Festmeter geschätzt. Erschwert wird die Situation durch massive Hangrutschungen entlang der Forststraßen. In der Steiermark ist der Bezirk Murau schwer getroffen worden. Die Regenmengen haben auch hier zu lokalen Murenabgängen und Rutschungen geführt. Darauf kam der schwere Schnee. Somit hat die Last in einer Höhenlinie zwischen 900 und 1200 Meter Seehöhe zu Wipfel- und Kronenbrüchen geführt. Für jeden Betroffenen sind diese Ereignisse in jedem Fall eine Katastrophe. Der Markt wird mit diesen Mengen nicht beeinflusst.
NL: Nach dem enormen Schadholzanfall in Ober- und Niederösterreich gibt es somit innerhalb kürzester Zeit bereits die zweite Katastrophe. Werden wir in Zukunft öfter damit rechnen müssen?
Zwettler: Signifikant ist die Häufung der Schadereignisse innerhalb einer überschaubaren Zeitachse. Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit, Überschwemmungen oder Sturmereignisse haben in den letzten Jahren das Nutzungsverhalten der Waldbesitzer stark beeinflusst. Geplante Ernteeingriffe werden immer öfter von Zufallsnutzungen überlagert. Schadholzmengen müssen rasch aus dem Wald, um Folgeschäden etwa durch Borkenkäfer möglichst hintanzuhalten.
Preisniveau in der Forstwirtschaft
NL: Die steirischen Waldbauern sind derzeit sehr verunsichert. Wird das Preisniveau bei Sägerundholz weiter sinken?
Zwettler: Prognosen belegen eindeutig, dass der Rohstoff Holz in Zukunft weltweit sehr stark nachgefragt werden wird. In unserer freien Marktwirtschaft orientiert sich die Holzpreisentwicklung an Angebot und Nachfrage. Derzeit produziert die Holzindustrie auf höchstem Niveau. Der Importdruck ist enorm hoch. So wurden im vergangenen Jahr 7,3 Millionen Festmeter sägefähiges Holz importiert. Somit sind das um rund 19 Prozent mehr als beispielsweise im Jahr 2017. Dennoch übersteigt das Angebot die bereits sehr hohe Nachfrage. Nach den großen Schadholzmengen wird sehr rasch wieder eine Verknappung eintreten.
NL: Die Papierindustrie ist vor der Wintersaison gut bevorratet. Können noch Mengen in der Steiermark aufgenommen werden?
Zwettler: Die hohen Produktionsmengen der Sägeindustrie decken den Bedarf der Papier- und Zellstoffindustrie mit Industriehackgut zu etwa 50 Prozent. Der Importdruck aus den Schadregionen ist auch beim Industrieholz ungebrochen hoch. Der Appell, den wir an die Industrie richten, lautet, Holz aus der Region bevorzugt zu übernehmen.
NL: Welchen Tipp können Sie den heimischen Waldbesitzern für die laufende Saison geben?
Zwettler: Nicht verzagen! Unsere Mitarbeiter stehen den Waldbesitzern mit Rat und Tat zur Seite. Die Pflegeeingriffe zur Erreichung klimafitter Wälder sind unerlässlich. Waldhygiene ist das Gebot der Stunde und steht in der Prioritätenliste an erster Stelle. Der kurzfristige Aufwärtstrend bei den Holzpreisen – wie er für Frischholz gerade „eingeläutet“ wird – sollte genutzt werden. Unumgänglich ist eine vertragliche Vereinbarung in Form eines Schlussbriefes. Die Holzübernahme ist ein zentrales Thema im Holzgeschäft. Eine gemeinschaftliche Vermarktung, wie es beispielsweise der Waldverband Steiermark anbietet, bringt zusätzliche Sicherheit.
Zur Person
- Der ausgebildete Förster Stefan Zwettler absolvierte das Forstwirtschaftsstudium an der BOKU in Wien.
- Nach seinem Einsatz als Forstreferent in der Landwirtschaftskammer Tirol übernahm er 2006 die Leitung der Forstabteilung in der LK Steiermark.
- Zwettler ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist auch ein begeisterter Jäger.
Beitragsfoto: LK/Musch