Energiewende als Chance

von Karlheinz Lind

Knapp die Hälfte aller steirischen Haushalte wird mit Biomasse beheizt. In den nächsten Jahren wird dieser Anteil weiter steigen.

Das Klimathema ist in der heimischen Land- und Forstwirtschaft allgegenwärtig. „Ich würde es sogar als Mutter aller Themen bezeichnen, die uns derzeit beeinflussen“, bekräftigt Christina Metschina dessen Bedeutung. Metschina ist Leiter des Referates Energie, Klima und Bioressourcen in der Landwirtschaftskammer Steiermark. Gemeinsam mit seinem Team befasst er sich intensiv mit der Rolle der Land- und Forstwirtschaft in Bezug auf Klimawandel, Klimaschutz und intelligenten Lösungsansätzen.

Grundsätzlich sieht er für die Bäuerinnen und Bauern große Zukunftschancen: „Verschiedenste Förderprogramme von Bund und Land lösen derzeit einen regelrechten Boom auf Biomassekessel jeglicher Form und Nahwärmeanschlüsse aus“, so der Experte im Gespräch mit NEUES LAND. Und diese Aussage lässt sich auch mit Zahlen klar belegen. Im Jahr 2020 – das sind die aktuellsten Zahlen der Erhebungen – wurden in der Steiermark über 3300 Biomassekleinanlagen bis 100 Kilowatt Leistung neu installiert. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2016 nur gut 2000 solcher Anlagen neu in Betrieb genommen. „Dieser Trend hat sich laut ersten Schätzungen auch im Jahr 2021 fortgesetzt und wird sich sogar noch steigern. Die Förderungen für einen Umstieg von fossilen Heizsystemen auf biomassebetriebenen Anlagen sind für die Jahre 2022 und 2023 gesichert“, so Christian Metschina.

Ungleichgewicht

Trotz dieser guten Vorzeichen kämpft man derzeit mit einer Schieflage bei der Förderung. Durch den „Raus aus dem Öl-Bonus“ und anderen Fördermöglichkeiten könnten Privathaushalte bei der Umstellung von Öl oder Gas auf Holz oder Nahwärme bis zu 10.000 Euro lukrieren. Stellt man von einem alten Holzkessel auf eine moderne Hackgutanlage oder einen Holzvergaser um, kann dies bei landwirtschaftlichen Betrieben nur über die Ländliche Entwicklung mit einer Förderobergrenze von 4000 Euro unterstützt werden. Private Haushalte erhalten keine Unterstützung. „Hier handelt es sich um eine absolute Ungleichbehandlung, gegen diese wir massiv ankämpfen“, so der Energie-Experte.

Durch den aktuellen Trend zu alternativen Heizsystemen sieht Metschina auch die steirische Nahwärmebranche im Aufwind. „Durch die attraktiven Fördermöglichkeiten für Nahwärme-Anschlüsse gibt es große Chancen, Heizwerke zukunftsfit zu machen. Durch die Netzverdichtung – also weitere Anschlüsse bei einem bestehenden Nahwärmenetz – kann ein Heizwerk wesentlich wirtschaftlicher geführt werden. Derzeit versorgen bereits mehr als 600 Heizwerke über 100.000 Haushalte mit heimischer Wärme aus Biomasse. Insgesamt werden 45 Prozent aller 506.801 steirischen Haushalte mit Biomasse beheizt.

Steigende Preise

Seit einigen Monaten steigen die Preise bei Öl, Gas und Kohle stark an. „Die Energieversorger geben diese Preissteigerungen bereits an ihre Kunden weiter. Das sollten die Landwirte auf jedem Fall auch machen“, so Metschina. So müssten auch bei Hackgutlieferungen oder bei Scheitholz eine Steigerung einkalkuliert werden. Landwirte können ruhig 85 bis 90 Euro für einen Raummeter Brennholz (Hartholz) verlangen, wenn die Qualität stimmt.

Verstimmt reagiert Metschina auf die Forderungen verschiedener Non-Profit-Organisationen für eine Außernutzungstellung von Forstflächen: „Das darf für uns kein Thema sein. Österreich ist europaweiter Vorreiter in der Waldbewirtschaftung und beim Waldzustand. Dies ist nur möglich, weil die Wälder bereits seit Generationen bewirtschaftet und genutzt wurden beziehungsweise werden.“ Denn genau diese Nutzung wird die heimischen Wälder klimafitter machen.

Christian Metschina gibt den steirischen Bäuerinnen und Bauern auch einen wichtigen Rat mit: „Unsere Landwirte haben den Energieweg bereits beschreiten. Mittels Herstellung von Brennmaterial, Wärmeproduktion aus Biomasse und durch die Ökostromproduktion aus Biogas und Photovoltaik tut sich für viele Höfe ein zweites oder drittes Standbein zur Einkommenssicherung auf. Auch die Energiekosten am Hof können somit reduziert werden.“

Zum Thema

Landwirtschaft und Klima sind untrennbar miteinander verbunden. Die Berichte des Weltklimarates zeigen, dass die Landwirtschaft im Zuge des Klimawandels, wie kein anderer Sektor, vor gravierenden Herausforderungen steht. Die Land- und Forstwirtschaft ist dabei in einer Dreifachrolle: Sie ist unmittelbar vom Klimawandel betroffen, verursacht produktionsbedingt selbst Treibhausgase, liefert aber zugleich seit Jahren aktiv Lösungen für den Klimaschutz. Der Anteil der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft an den Gesamtemissionen beträgt in Österreich rund zehn Prozent. Der heimischen Land- und Forstwirtschaft ist es als einzigem produzierenden Sektor gelungen, durch umfassende Reduktionsmaßnahmen im eigenen Wirkungsbereich die Emissionen gegenüber 1990 um rund 15 Prozent zu senken.

Beitragsfoto: Österreichischer Biomasseverband

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