Im September 2024 ist Erich Kerngast als Direktor des Fachschulzentrums Grottenhof in Pension gegangen. Jetzt möchte er die ganze Aufmerksamkeit seinem Ackerbaubetrieb widmen. Porträt von Roman Bruckner.
Eigentlich ist er ein Diplomingenieur, aber auf Titel legt er wenig wert. Das ist ein typisches Zeichen seiner Persönlichkeit. Er ist sehr gebildet, möchte aber einfach bleiben und mit allen Menschen „keppeln“ können, wie er es bezeichnet. Der begeisterte Südsteirer lebt mit seiner Familie auf dem Hof, den er von den Eltern übernommen hat. Seine Frau Gertrud war ebenfalls Landwirtschaftslehrerin Tochter Katherina unterrichtet auch schon in der Fachschule Silberberg. Sohn Konstantin studiert noch, ist aber ein begeisterter Mähdrescher- und Traktorfahrer auf großen Ackerbaubetrieben.
Berufliche Laufbahn
Erich Kerngast hat nach dem Gymnasium in Leibnitz die Hochschule für Bodenkultur in Wien absolviert. Im Jahr 1985 hat er seine Lehrerlaufbahn, wie die Tochter, in der Fachschule Silberberg begonnen. Nach einigen Jahren kam der Wechsel nach Grottenhof-Hardt. 2005 ist er zum Direktor der Fachschule Alt-Grottenhof bestellt worden.
So wie sein Betrieb im Jahr 2000 vom Schweinemastbetrieb zum Ackerbaubetrieb geworden ist, hat sich sein fachliches Interesse immer mehr dem Pflanzenbau und Boden zugewandt. Das war für die ehemalige Ackerbau- und heutige Bioschule Alt-Grottenhof sicher vorteilhaft. Selbstverständlich hat er dann auch seinen Betrieb auf Bio umgestellt.
In den 20 Jahren als Direktor ist ihm sehr vieles gelungen, sowohl baulich als auch pädagogisch und wirtschaftlich. Eine große Herausforderung war die Zusammenführung der beiden Grottenhöfe im Jahr 2017. So konnte er die Schule im Herbst 2024 in einem wunderschönen, modernen und bestens ausgestatteten Zustand mit vielen Schülern an seinen Nachfolger übergeben. Besonders geliebt hat er am Grottenhof immer das alljährliche Hoffest, wo er die für ihn so wichtige Gemeinschaft mit den Eltern, Absolventen und Gästen pflegen konnte.
Dauernde Begrünung
Die Doppelbelastung mit dem Betrieb zu Hause und dem Beruf in Graz hat er viele Jahre bewältigt. „Es war nicht immer einfach. Der Betrieb hat oft zurückstehen müssen und Freizeit hat es wenig gegeben“, meint er heute. Umso mehr freut es ihn nun, wenn er jetzt mit voller Aufmerksamkeit seine Felder bewirtschafteten kann. Er hat schon viele Ideen, was er alles machen möchte. Ein großes Anliegen ist ihm die dauernde Begrünung des Ackerbodens. Dabei sieht er die Wiese, die man früher als „Mutter des Ackers“ bezeichnet hat, als Vorbild. Bei der Wiese ist es ein Nebeneinander der verschiedenen Pflanzenarten, beim Acker ein Hintereinander. Zu den Unkräutern hat er ein ganz eigenes Verhältnis. Er sieht sie als wichtige Zeigerpflanzen, die ihm sagen, was er in der Bearbeitung und Düngung verbessern sollte. Er möchte sich auch als Versuchsbetrieb für andere Bauern sehen. Seine Erfahrungen sollen allen nutzen.
„Keppeln“ im Urlaub
Er ist Jäger in seiner Gemeinde, bezeichnet sich aber nicht als Trophäensammler, sondern er liebt es, in der Natur zu sein und dabei Felder, Wälder, Gärten und Nutztiere vor Schäden durch übermäßigen Wildbestand zu schützen. Wenn es die Zeit zulässt, reist er auch gerne, aber nicht in typische Urlaubsorte, sondern lieber in ursprüngliche Gegenden, wo er die Begegnung mit den ansässigen Menschen sucht, um sein geliebtes „Keppeln“ zu praktizieren.
Auf die Frage, wo sein liebster Platz am Hof ist, fällt ihm der große Kachelofen im Obergeschoß des Wohnhauses ein. Wenn es draußen kalt und winterlich ist, sitzt er dort am liebsten mit mehreren Büchern und studiert alles von Bodenkunde bis Kunst und Kultur. Und wenn ihm dann noch seine liebe Frau Gertrud ein italienisches Nudelgericht mit eigenen Zutaten bereitet und ein Gläschen steirischen Wein dabei ist, dann ist für ihn die Welt in Ordnung.
Zur Person
Erich Kerngast (67) wohnt mit seiner Familie in 8423 Seibersdorf 44. Er bewirtschaftet einen viehlosen Ackerbaubetrieb mit 14 Hektar und 2 Hektar Wald. Es ist ein Biobetrieb mit Fruchtfolge (Getreide, Sojabohnen, Kürbis, Mais, Kartoffel, Knoblauch).
[© privat]