Die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl zeigt, dass die Beisitzer langsam die Freude an ihrer ehrenamtlichen Arbeit verlieren.
Der kürzlich ausgesandte Brief von Bundesminister Wolfgang Sobotka an alle Wahlbeisitzer und Vertrauenspersonen in den rund 10.300 Wahllokalen in ganz Österreich dient ausschließlich der Motivation. „Sie sind das Rückgrat der sicheren Abwicklung freier und geheimer Wahlen. Ihre Tätigkeit ist keinesfalls selbstverständlich, denn sie ist ein starker Beweis für Ihr Engagement für unsere Demokratie“, lobt der Innenminister und begründet die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl mit „Rechtswidrigkeiten einiger weniger Bezirkswahlbehörden bei der Auswertung der Briefwahlstimmen“. Auf Bürgermeister Franz Silly aus St. Martin im Sulmtal machte dieses Schreiben wenig Eindruck. „Wir haben alles ordentlich gemacht und sind trotzdem in Misskredit geraten“, sagt er in seiner Funktion als Gemeindewahlleiter. Eine Regelung bringt Silly fast in Rage. „Dass der Wahlleiter den Stimmzettel des Wahlberechtigten entgegennehmen und in die Wahlurne werfen muss, halte ich für einen Blödsinn. Als ob man beim Reinwerfen einen Wahlbetrug machen kann. Das ist realitätsfremd!“
Vorgabe
Mit dieser gesetzlichen Vorgabe sind die Zeiten vorbei, dass zum Beispiel Kinder, die ihre Eltern in die Wahlzelle begleiteten, nachher den Stimmzettel in die Urne werfen durften und damit erste Kontakte mit der Demokratie machten. Ein Aha-Erlebnis hatte kürzlich Bürgermeister Hermann Grassl aus Hartl. Seiner Einladung zur Sitzung der Gemeindewahlbehörde, welche unter anderem die Wahlzeiten festlegen sollte, waren nur die von der ÖVP nominierten Beisitzer gefolgt. Die Vertreter aller anderen Parteien blieben dieser wichtigen Sitzung fern, sodass die Gemeindewahlbehörde nicht beschlussfähig war. An diesem Freitag gibt es zum letztmöglichen Termin eine zweite Sitzung.
Auch wenn sein Wahllokal in Obergralla erst um 7 Uhr öffnet, muss sich Wahlbeisitzer Alexander Macek dort schon um 6 Uhr einfinden. „Alle Stimmzettel sind vorher von den Beisitzern noch einmal durchzuzählen“, berichtet Macek. Noch etwas ist für ihn neu: „Der Name des Wählers wird vom Beisitzer in das Abstimmungsverzeichnis unter fortlaufender Zahl eingetragen. Gleichzeitig wird beim Namen des Wählers von einem anderen Beisitzer im Wählerverzeichnis die fortlaufende Zahl aus dem Abstimmungsverzeichnis eingetragen. Bisher halfen Gemeindemitarbeiter bei dieser Tätigkeit, jetzt nicht mehr.“
Schwieriger
„Noch gibt es relativ wenig Leute, die ihre bisher ausgeübte Funktion des Wahlbeisitzers nicht mehr weiterführen wollen“, weiß der VP-Bezirksobmann von Graz-Umgebung, Ernst Gödl, zu berichten. Er glaubt aber, dass es in Zukunft schwieriger werden wird, Beisitzer für die Bezirkswahlbehörde zu finden. Auf diese Beisitzer wartet erst am Tag nach der Wahl die Arbeit, wenn nämlich in der Bezirkshauptmannschaft mit der Auszählung der Briefwahlstimmen begonnen wird.
Bundespräsidentenwahl
Der zweite Wahldurchgang der Bundespräsidentenwahl muss am 2. Oktober nochmals ausgetragen werden. Der Verfassungsgerichtshof hatte die Stichwahl, bei der Alexander van der Bellen als knapper Gewinner vor Norbert Hofer hervorging, aufgehoben. Ausschlaggebend dafür waren vor allem Rechtswidrigkeiten einiger Bezirkswahlbehörden bei der Auswertung der Briefwahlstimmen. Bei der Wiederholungswahl haben jene Wählerverzeichnisse Geltung, die schon bei den Wahlgängen am 24. April und 22. Mai in den örtlichen Wahllokalen herangezogen worden sind. Das bedeutet, dass Personen, die nach dem 24. April 2016 das 16. Lebensjahr vollendet haben, nicht wahlberechtigt sind. Vom Bundesministerium für Inneres werden die Kosten für die Wahlwiederholung mit zirka 2,2 Millionen Euro beziffert.
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