Von Hartberg nach Oakland

von Karl Brodschneider

Rosa Fischer war Bauerntochter, Schriftstellerin und Weltbürgerin. Jetzt ist ein Buch über diese bemerkenswerte Oststeirerin erschienen.

 

War es im ausgehenden 19. Jahrhundert für eine Frau aus gutbürgerlichem Haus schon schwer, mit eigenen Prosa- und Lyriktexten Verständnis und Anerkennung im sozialen Umfeld zu finden, so war das für eine Bauerntochter noch schwieriger. In einer Schriftenreihe der Steiermärkischen Landesbibliothek ist nun ein Buch gerade über solch eine Frau veröffentlicht worden. Von ihr erschienen um 1900 außergewöhnlich viele Publikationen erschienen. Trotzdem ist sie heute weitgehend unbekannt.

Die 1869 geborene Rosa Fischer aus Hartberg war eine solche Bauerntochter. Ihr großes Ziel war esr, mit dem Schreiben Geld zu verdienen und unabhängig zu werden. Die Oststeirerin Christina Wiesenhofer- sie stellte das Buch im Beisein von Landesrat Christopher Drexler vor – spürte dem Leben von Rosa Fischer nach. Dabei bringt sie Interessantes und Unbekanntes zu Tage. „Rosa Fischer hatte das Glück, dass in ihrer Familie viel gelesen wurde und dass sie Lehrer hatte, die ihr Talent förderten“, leitet Wiesenhofer ein. Im Zuge dessen verweist sie auf zwei Mentoren, die das junge Bauernmädchen förderten. Der eine war der Volksschriftsteller Ludwig Anzengruber, der andere Peter Rosegger.

Im Heimgarten

Mit der Veröffentlichung ihrer ersten Texte in Peter Roseggers Monatszeitschrift „Heimgarten“ stand die mittlerweile 27-jährige Hartbergerin das erste Mal im Rampenlicht. Nun nahm man sie auch in ihrer Heimat als Autorin wahr. „Mein Aufsatz hat mir Anerkennung gebracht und herzliche Lobworte sind mir zugesagt worden, manchmal das Gegenteil auch“, freute sie sich in ihrem persönlichen Dankesbrief an Peter Rosegger.

Bis 1916 sollten im „Heimgarten“ noch weitere 50 Veröffentlichungen des „Kleinbauerndirndls“, wie Rosegger sie gerne bezeichnete, folgen. In ihren Beiträgen dokumentierte Fischer das Leben der Bauern und einfachen Leute der Oststeiermark und zeichnete ihre Sitten und Gebräuche auf. „Sie war eine Chronistin vom Leben auf dem Land und beobachtete alles sehr genau. Alles, was sie schreibt, ist wahr“, sagt Wiesenhofer über ihre Hauptdarstellerin.

Ähnlich hatte sich auch Peter Rosegger einmal über Rosa Fischer geäußert: „Sie ist eine Ausnahme im trostlosen Dilettantismus, an dem die deutsche Literatur krankt, ja welche selbst die kunstlose Schilderung von Land und Leuten in Misscredit gebracht hat. In Rosa Fischers formell ja vielfach mangelhaften Leistungen finden wir schwerwiegende Vorzüge – eine scharfe Beobachtungsgabe, klares Verständnis der Volksseele, Unmittelbarkeit und künstlerische Sinnlichkeit der Darstellung, tiefe Innigkeit der Empfindung sowie Unschuld und Adel der Weltanschauung.“

Von keiner anderen Frau waren im „Heimgarten“ so viele Texte publiziert worden wie von Rosa Fischer. Damit stiegen auch ihr Selbstbewusstsein – auch durch die damit verbundenen Honorare – und ihre Bekanntheit. Auf Anregung von Peter Rosegger brachte sie 1903 ihr erstes und einziges Buch „Oststeirisches Bauernleben“ heraus.

Zu den Menschen, die sie in ihrem weiteren Leben ein Stück begleiteten, gehörte auch Ottokar Kernstock, der dichtende Priester auf der Festenburg. Dazu gehörten auch die Berliner Opernsängerin Lilli Lehmann und natürlich ihr Ehemann Josef Schieber, den sie 1913 in den USA heiratete.

Amerika

Die Abenteuerlust und Neugierde hatten sich in ihr im Laufe der Jahre immer stärker durchgesetzt, sodass sie 1910 nach Nordamerika reiste. Sie wollte aber nicht nur diesen Kontinent kennenlernen, sondern auch Geld verdienen. Dann wollte sie wieder in ihre oststeirische Heimat zurückkehren. In ihren regelmäßigen Briefen an Peter Rosegger und ihre Angehörigen bestätigte sie, dass sie auch in den USA die politischen und sozialen Verhältnisse sehr genau beobachtete. Nach dem Tod von Peter Rosegger erschienen von ihr unter der Rubrik „Briefe aus Amerika“ gelegentlich Berichte in der oststeirischen Zeitung „Wechselschau“. Allerdings versiegte ihre schriftstellerische Tätigkeit immer mehr. Rosa Fischer starb 1942 in Oakland im US-Bundesstaat Kalifornien.

Christine Wiesenhofer fasst in ihrem Buch – ISBN: 978-3-9503989-7-7, Preis: 20 Euro – zusammen: „Tatsache ist, dass Rosa Fischer eine bemerkenswerte Frau war, eine, die ihr Leben in die Hand genommen. Selbstbewusst hat sie die Enge ihres Milieus hinter sich gelassen. Sie hat es geschafft, sich durch ihr Schreiben eine gewisse finanzielle Absicherung und Unabhängigkeit zu schaffen. Sie war eine Frau, die einerseits von einer naiv anmutenden Religiosität, Natur- und Heimatliebe erfüllt war. Andererseits hatte sie einen klaren, offenen Blick für ihre Umwelt und sprach Missstände direkt an.“

 

 

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