Die Vollversammlung des Österreichischen Biomasse-Verbandes hat seine Führungsgremien neu gewählt und Franz Titschenbacher zum neuen Präsidenten bestellt. Er löst damit Rudolf Freidhager ab, der die Führung des Verbandes interimistisch übernommen hatte.
Titschenbacher bedankte sich beim scheidenden Präsidenten, der ihn als Stellvertreter weiterhin unterstützen wird. Der steirische Landwirtschaftskammerpräsident und proHolz-Obmann ist seit jeher ein großer Verfechter der energetischen und stofflichen Nutzung von Biomasse. Dazu Titschenbacher: „Mit der Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung, die wir ausdrücklich begrüßen, startet der Komplettumbau des Energiesystems. In 30 Jahren wird es damit praktisch keine fossilen Energieträger mehr geben. Bioenergie stellt bereits jetzt anteilsmäßig über die Hälfte der erneuerbaren Energie und kann aufgrund der nachhaltig verfügbaren Potenziale Erdöl mittelfristig als bedeutendste Energiequelle ablösen. Neben den bestehenden Anwendungen wird sie eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Gas- und Fernwärmenetze, der kalorischen Stromerzeugung und des Transportsektors spielen.“
Vorhandene Ressourcen durch Inlandsnachfrage mobilisieren
Bioenergie ist ein integraler Bestandteil der nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Land- und forstwirtschaftlichen Flächen und der darauf basierenden Wertschöpfungskette. Die bei der Urproduktion und bei der Verarbeitung anfallenden Nebenprodukte stellen derzeit knapp 20% des österreichischen Primärenergiebedarfs. In Österreich werden etwa 48 Millionen Tonnen Biomasse zu Nahrungsmitteln und anderen Produkten verarbeitet, 17 Millionen werden in den Verarbeitungsbetrieben selbst, in anderen Branchen oder Haushalten energetisch genutzt. „Der Schlüssel zur Energiewende liegt in der Mobilisierung der nachhaltig verfügbaren Biomasse- Potentiale in der Land- und Forstwirtschaft, einer hohen Inlandsnachfrage nach heimischen Nahrungsmitteln und Holzprodukten und eine intelligente Nutzung der anfallenden Nebenprodukte und Abfallströme“, erklärt Titschenbacher. Für einen Kubikmeter Holz, der in einem Holzhaus verbaut wird, fallen etwa sechs Kubikmeter Nebenprodukte in Form von Rinde, Sägenebenprodukte, Waldhackgut, Brennholz und Sägemehl an, die für verschiedenste Anwendungen genutzt werden können. Bei der Produktion eines Liters Biodiesel sind es zwei Kilogramm Eiweißfuttermittel für die Lebensmittelproduktion und 1,5 Kilogramm Stroh, das zur Verbesserung des Bodens am Feld bleibt. „Auch wenn wir im Biomasse-Bereich noch über hohe Potenziale verfügen, kann die Energiewende nur gelingen, wenn wir den Energieverbrauch konsequent reduzieren und alle erneuerbaren Energien ausbauen. Ein weiterer bedeutender Schlüssel für die Mobilisierung von Rohstoffen und die Reduktion der Treibhausgase ist die Bioökonomie. Von Seiten des Biomasse-Verbandes werden wir uns daher auch in Zukunft für diese Themen konsequent einsetzen“, versichert Titschenbacher.
Dringender Handlungsbedarf bei KWK-Anlagen und Kesselinstallationen
Biomasse ist ein sehr effizienter Energiespeicher, da die Sonnenergie bereits im Brennstoff gespeichert ist und einfach und kostengünstig gelagert werden kann. Die Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse bietet eine doppelte Dividende für das Energiesystem. Einerseits stellen Biomassekessel äußerst flexibel hohe Wärmelasten bereit, die durch das Stromsystem alleine gar nicht gedeckt werden können. Andererseits wird durch die kombinierte Strom- und Wärmeproduktion in KWK-Anlagen Strom produziert, wenn Wasserkraft und Photovoltaik wenig Energieerträge liefern. „Wir stehen derzeit vor der Situation, dass wir das Ziel der Dekarbonisierung vor Augen haben, über fehlende Energiespeicher und kalorische Kraftwerke diskutieren und gleichzeitig eine Vielzahl von Betreibern und Unternehmen haben, die genau diese Leistungen erbringen und durch eine mangelnde gesetzliche Ökostrom-Regelung kurz vor dem Aus stehen. Gleichzeitig liegen die Biomasse-Kesselinstallationen noch immer auf niedrigem Niveau. Hier müssen rasch Lösungen auf den Tisch, die das Weiterbestehen der Anlagen sichern und die Wertschöpfung im Land garantieren“, fordert Titschenbacher die neue Bundesregierung auf, schnell zu handeln. „Das Thema ist auch für den heimischen Wald von höchster Brisanz. Fallen die KWK-Anlagen weg, fehlen die Verarbeitungskapazitäten für anfallendes Schadholz. Das wäre in der jetzigen Situation mit Borkenkäferschäden auf historischen Höchstniveau eine ernste Gefährdung der Waldgesundheit.“