Der neue Geschäftsführer der Volkskultur Steiermark, Simon Koiner, über seine Ziele, das Steirische Heimatwerk und das Aufsteirern.
NEUES LAND: Seit Jahresanfang sind Sie Geschäftsführer der Volkskultur Steiermark GmbH. Wie definieren Sie Volkskultur?
Simon Koiner: Volkskultur bedeutet für mich die Summe unserer Ausdrucksformen – in Musik, Gesang, Tanz oder Sprache. Das Handwerk, die steirischen Kulturlandschaften und natürlich unsere Bräuche und Traditionen zählen da ebenso dazu. Eben all das, was man als unser steirisches Lebensgefühl bezeichnet. Volkskultur steht zum einen für Beständigkeit, zugleich aber auch für Offenheit und Lebendigkeit.
NL: Was sind Ihre Hauptaufgaben, was Ihre Ziele?
Koiner: Die Volkskultur Steiermark GmbH, die neben ihrer Servicefunktion für die volkskulturellen Verbände auch das Steirische Heimatwerk in der Grazer Sporgasse führt, steht seit ihrer Gründung im Jahr 2008 für zeitgemäße Interpretation unserer Volkskultur und Vernetzung der verschiedenen Akteurinnen und Akteure. Dieses Bild möchte ich in den kommenden Jahren weiterzeichnen und dabei die Kooperation mit und unter den Akteurinnen und Akteuren ausbauen, die Jugend intensiver in Kontakt mit unseren Kulturschaffenden bringen und die Volkskultur innerhalb des nunmehr vereinten Kulturressorts noch besser vernetzen.
NL: Der Name Simon Koiner ist eng mit dem steirischen Bauernstand verbunden. Was verbinden Sie mit der Landwirtschaft und dem Bauerntum?
Koiner: Obwohl ich in Graz aufgewachsen bin, verbindet mich sehr viel mit der Landwirtschaft. Schon als Kind war ich oft auf dem großelterlichen Hof unterwegs und durfte erfahren, wie unsere Landwirtinnen und Landwirte wertvollen Natur- und Kulturraum bewirtschaften und diesen für künftige Generationen weiterentwickeln. Seit einigen Jahren darf ich mich auch im privaten Bereich nach der abgeschlossenen Revitalisierung eines alten Bauernhauses der (Klein)Landwirtschaft mit einer Streuobstwiese und einigen Hühnern widmen. Insofern teile ich diese Faszination mit meinem Großvater durchaus.
NL: Bäuerliche Menschen sind bei der Pflege und Weitergabe von Kultur und Brauchtum überproportional stark vertreten. Sehen Sie das auch so?
Koiner: Diese Entwicklung ist aus unserer Geschichte heraus erklärbar. Denn unsere steirische Vergangenheit ist stark bäuerlich geprägt und das Brauchtum hat sich aus der Verknüpfung des bäuerlichen Arbeitsjahres mit religiösen Elementen entwickelt. Brauchtum und Tradition sind durch Weitergabe von Generation zu Generation überliefert und mittlerweile auch wissenschaftlich dokumentiert. Im bäuerlichen Umkreis ist diese Kontinuität durch den engen Austausch der Generationen erfreulicherweise ausgeprägter als in anderen Teilen der Gesellschaft.
NL: Kann die Politik die Pflege, Erhaltung und Weitergabe von Kultur und Brauchtum bewusst fördern beziehungsweise steuern?
Koiner: Die Politik fördert diese Form der Kulturarbeit in vielerlei Hinsicht, insbesondere durch Förderungen, Sichtbarmachung und die Unterstützung von besonderen Initiativen. Die Zusammenführung der Ressorts Kultur und Volkskultur unter Landesrat Christopher Drexler birgt hier große Chancen für die steirische Kulturszene. Ein solches Förderungsangebot ist beispielsweise der aktuell laufende Call zur Erhaltung von Flur- und Kleindenkmälern. Zu diesen Maßnahmen zählt aber auch die Unterstützung der Verbände und Vereine oder aber die Vernetzungs- und Servicearbeit der Volkskultur Steiermark GmbH als Tochtergesellschaft des Landes Steiermark.
NL: Seit zwei Jahren gab es kaum Bälle. Auch der Steirische Bauernbundball musste 2021 und auch heuer 2022 abgesagt werden. Wie stark leidet darunter das Steirische Heimatwerk?
Koiner: Für das Steirische Heimatwerk als Kompetenzzentrum für steirische Trachten mit unserer hauseigenen Schneiderei war und ist die aktuelle Zeit eine ganz besondere Herausforderung. Diese Zeit wollen wir aber auch nützen, um neue, kreative Ansätze zu verwirklichen und die Tracht am Puls der Zeit weiterzuentwickeln, damit wir mit frischem Wind und neuen Ideen in die heurige Saison gehen können.
NL: Wie stark wirkt sich die Pandemie auf die vielen Gesangs- und Musikvereine aus?
Koiner: Volkskultur lebt vom Aufeinander-Zugehen, vom gegenseitigen Austausch und vom Miteinander. Dies in einer Pandemie zu leben, ist natürlich mit Schwierigkeiten verbunden. Alle Volkskulturschaffenden waren daher betroffen, von den Musikvereinen und Chören bis hin zu den Tänzern. Dennoch kam es im volkskulturellen Bereich zu keinem Stillstand, denn die Begeisterung für gemeinsames Musizieren und Tanzen sowie für unsere Traditionen haben der Pandemie standgehalten, jedoch in anderen Formaten. Aber natürlich hoffen wir alle auf eine Entspannung der Situation im heurigen Frühjahr.
NL: Wird es heuer wieder das Aufsteirern geben?
Koiner: Die Volkskulturschaffenden haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie aufgrund ihrer tiefen Verwurzelung rasch mit neuen Situationen umzugehen lernen. Daraus sind neue, spannende Formate entstanden. Auch das Aufsteirern hat sich in den letzten Jahren verändert und diese neue Situation genützt. Ich bin daher sicher, dass es auch heuer ein Aufsteirern geben wird, in welcher Form auch immer.
Zur Person
Simon Koiner, Jahrgang 1991, ist seit Anfang Jänner 2022 Geschäftsführer der Volkskultur Steiermark GmbH. Er studierte Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz und war ab 2015 als Referent im Büro von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer tätig. Dort verantwortete er unter anderem die Fachbereiche Kultur und Volkskultur. Er ist ein Enkel des früheren Landwirtschaftskammerpräsidenten Simon Koiner.
Beitragsfoto: Land Steiermark