Trotz extremer Wetterereignisse passen heuer die Ernte-Erträge bei den meisten Kulturen. Sorgen machen eingeschleppte Schädlinge.
Alljährlich zieht die Landwirtschaftskammer Steiermark im Herbst eine vorläufige Erntebilanz. Heuer stand diese ganz im Zeichen des Klimawandels. „Dieser stellt unsere Bäuerinnen und Bauern vor große und neue Herausforderungen“, sagte LK-Präsident Franz Titschenbacher. Besonders krass waren die Morgenfröste Anfang April, die enorme Schäden an den vorzeitig entwickelten Obstkulturen wie Marillen, Kirschen und auch Äpfel anrichteten. Die Monate Februar und März waren heuer extrem trocken und warm. Zum Beispiel war die Durchschnittstemperatur im Februar in der Südoststeiermark um 4,4 Grad höher als sonst. Ab Juni folgten dann in rascher Abfolge zahlreiche Hagelgewitter und Starkregen, die binnen weniger Minuten zu Erosionen und Überschwemmungen führten.
Unwetterschäden
Die durch Frost, Hagel, Trockenheit und Überschwemmung verursachten Schaden an landwirtschaftlichen Kulturen belaufen sich heuer auf insgesamt 45,3 Millionen Euro. Allein der Frost im April sorgte im steirischen Obstbau für Schäden in der Höhe von 26 Millionen. Die Ertragseinbußen durch Hagel und Überschwemmung machten 15,3 Millionen Euro aus.
LK-Vizepräsidentin Maria Pein nannte den Humusaufbau als Strategie gegen den Klimawandel. „Die immer häufiger und intensiver auftretenden Wetterextreme wie Starkregen und Trockenheit erfordern eine verbesserte Wasserspeicherfähigkeit der Ackerböden“, erklärte Pein. Die Experten in der von der Landwirtschaftskammer im Vorjahr in Feldbach eingerichteten Kompetenzzentrum für Boden-, Humus- und Erosionsschutz arbeiten mit derzeit 60 innovativen Praktikern an diesem Thema.
Kirschessigfliege
Der Klimawandel begünstigt aber auch das vermehrte Auftreten von eingeschleppten Schädlingen, Unkräutern und Krankheiten. „Diese invasiven Schaderreger haben keine natürlichen Gegenspieler und verursachen große Schäden in der Land- und Forstwirtschaft“, mahnte Kammerdirektor Werner Brugner. Besonders dramatisch ist heuer die Auswirkung der aus Ostasien eingeschleppten Kirschessigfliege auf den heimischen Holunderanbau, wo die Steiermark Weltmarktführer ist. Die Kirschessigfliege zerstörte etwa die Hälfte der Holunder-Ernte und ist auch für den Weinbau eine große Bedrohung.
Gefahr für viele steirische Kulturen geht aber auch von der marmorierten Baumwanze, vom Maiswurzelbohrer, vom Baumwollkapselwurm, von der Grünen Reiswanze, von der Tomatenminiermotte und vom Buchsbaumzünsler aus. Dazu kommen die invasiven Neophyten wie Ambrosia, Staudenknöterich oder Kermesbeere.
Was die einzelnen Kulturarten betrifft, freute sich die Kammerführung über – bedingt durch den häufigen Regen im Sommer – sehr gute zweite, dritte und vierte Aufwüchse im Grünland. Lediglich der erste Schnitt blieb aufgrund der fehlenden Winterfeuchtigkeit unter dem Normalwert.
Die Getreideanbaufläche betrug in der Steiermark heuer rund 21.580 Hektar. Bei Gerste – vereinzelt auch bei Weizen – wurden Erträge von über zehn Tonnen je Hektar eingefahren. Zu schaffen machte allerdings das niedrige Hektolitergewicht aufgrund zu dichter und mastiger Bestände. Die Rapsflächen betrugen heuer nur mehr 210 Hektar, dagegen stieg die Hirseanbaufläche (einschließlich Sorghum) um sechs Prozent auf 2560 Hektar. Wenig Glück hatten die Landwirte in diesem Jahr mit der Sojabohne. Die hohen Niederschläge machten der Sojabohne zu schaffen. Mancherorts lag die Ernte gar nur unter zwei Tonnen. Die Ölkürbisfläche stieg 2020 um 30 Prozent auf 13.270 Hektar. Im Durchschnitt konnten 630 Kilo je Hektar geerntet werden. Die Kernqualität ist sehr gut.
Obst und Wein
Mit geschätzten 121.000 Tonnen fällt die steirische Apfelernte heuer um etwa 17 Prozent geringer aus als 2019. Fruchtgröße und Geschmack sind aber sehr gut. Von durchschnittlichen Erträgen mit sehr guter Nachfrage und stabilen Preisen sprechen die Gemüsebauern. Die Weinbauern erwarten heuer mit 253.000 Hektoliter die drittgrößte Weinernte.
Beitragsfoto: LK Steiermark/ÖHV