Wolfgang Mazelle, Leiter der Obstbauabteilung der LK über Vorteile einer frühen Ernte, hohe Mengen und eine gute Stimmung.
NEUES LAND: In diesen Tagen starten die rund 1000 steirischen Apfelbauern ungewöhnlich früh in die heurige Ernte. Wie schätzen Sie die Situation nach den beiden Frostjahren nun ein?
Wolfgang Mazelle: Ausreichender Niederschlag und das schöne Wetter der letzten Wochen haben die heurige Apfelernte sehr positiv beeinflusst. Wir können durchaus von einer guten Ernte mit hervorragenden Qualitäten in Bezug auf Aroma und Geschmack ausgehen.
NL: Wie sieht es in den restlichen EU-Ländern aus?
Mazelle: Ich nahm vergangene Woche an der Prognosfruit in Warschau teil. Es handelt sich dabei um die traditionelle Ernteschätztagung, bei der rund 250 Personen aus allen EU28-Ländern sowie Vertreter aus Übersee teilnehmen. Nach den Meldungen der Produzenten wird in der EU eine Apfelerntemenge von zirka 12,5 Millionen Tonnen prognostiziert – das sind rund 36 Prozent mehr als im Vorjahr.
NL: Was bedeutet das nun für den steirischen Apfelerzeuger?
Mazelle: Grundsätzlich bewirken hohe Erntemengen eine enorme Herausforderung bei der Vermarktung. Trotzdem ist die Stimmung heuer gut bis vorsichtig optimistisch.
NL: Warum?
Mazelle: Dafür gibt es einige Gründe: Die heimischen Lager sind nach vielen Jahren erstmals wieder vollständig geleert – es gibt somit keinen Rückstau aus der alten Ernte. Weiters wirkt sich auch ein früher Erntezeitpunkt sehr positiv auf die Vermarktung aus, denn man hat somit ein größeres Zeitfenster für den Verkauf. Grundsätzlich ist der Hunger auf heimische Äpfel am Markt derzeit sehr groß.
Europa und der Weltmarkt
NL: Die Marktsituation wird zunehmend von den osteuropäischen Ländern beeinflusst. Wie sieht die Situation in Polen aus?
Mazelle: Polen ist der größte Apfelproduzent in der EU. Dort erwartet man heuer eine Rekordernte. Auch wenn noch immer ein großer Teil der polnischen Produktion in die Verarbeitung geht und die polnischen Vertreter versicherten, alles zu tun, um den Markt stabil zu halten, wird dieser Wettbewerb zu spüren sein.
China ist der größte Apfelproduzent auf der Welt.
NL: Große Hoffnungen setzt man heuer ja auf den Markt in China. Warum?
Mazelle: China ist der größte Apfelproduzent auf der Welt. Laut ersten Prognosen wird die Ernte relativ gering ausfallen: Laut Schätzungen gibt einen Rückgang von 43,8 Millionen Tonnen auf rund 31,5 Millionen Tonnen. Das entspricht fast der Apfelernte der gesamten EU. Somit könnte China als Exportmarkt interessant werden.
NL: Apropos Exportmarkt: Konnten Exportkunden trotz der geringen Erntemengen der letzten Jahre als Partner gehalten werden?
Mazelle: Im vergangen Jahr hatten wir nur die halbe Ernte. Trotzdem haben wir den Inlandsmarkt fast zur Gänze bedienen können. Bei den Exportkunden gelang es recht gut, wichtige Partner zu bedienen und somit bei der Stange zu halten. Wie es heuer aussieht, wird sich in aber erst den nächsten Monaten zeigen.
NL: Mit welchen Preisen können die steirischen Obstbauern heuer rechnen?
Mazelle: Eine Preisvorschau ist meiner Meinung nach derzeit nicht seriös. Wir hoffen, im Herbst mit einem stabilen Preisniveau in die Vermarktung zu starten. Und das wäre auch sehr wichtig, denn unsere Apfelbauern hatten in den letzten beiden Jahren mit extremen Einkommensverlusten zu kämpfen.
Zur Person
Wolfgang Mazelle ist Leiter der Obstbauabteilung der Landwirtschaftskammer. Der gebürtige Zeltweger hat in Graz Biologie studiert und trat 1982 in den Dienst der Landeskammer. Mazelle ist unter anderem Geschäftsführer des Verbandes Steirischer Erwerbsobstbauern. Er war auch bei der Einführung des sehr erfolgreichen Werbeslogans „frisch-saftig-steirisch“ maßgeblich beteiligt.
Beitragsbild: OPST Obst Partner Steiermark