Bauernparlament hat genug zu tun

von Karl Brodschneider

Viele Berichte und Beschlüsse in der Kammervollversammlung und was es mit zwei leeren Sesseln in zwei Bezirkskammern auf sich hat.

 

Die Konstituierung der neuen Vollversammlung der steirischen Landwirtschaftskammer war Anfang März mit der Wahl und Angelobung von Präsident Franz Titschenbacher und Vizepräsidentin Maria Pein erfolgt. Nun gab es die erste große Sitzung, die eine Reihe von Beschlüssen und Berichten beinhaltete und an deren Ende der Fraktionssprecher des Steirischen Bauernbundes, Andreas Steinegger, zusammenfasste: „Die vielen Wortmeldungen haben gezeigt, dass wir ein lebendes Parlament sind.“

Eingangs gab Präsident Franz Titschenbacher einen Überblick über die aktuellen agrarpolitischen Themen. Von der Steiermärkischen Landesregierung wurden die Tierschutzverordnung und die Tierzuchtförderungsverordnung beschlossen. Das Steiermärkischen Bienenwirtschaftsgesetz liegt zur Begutachtung auf. Der Präsident informierte, dass das Interesse, über den Waldfonds Fördergelder für Waldbaumaßnahmen auszunutzen, in allen Bezirken sehr groß ist. Für ein Jahr laufen in der Steiermark auch Messungen des trockenen Stockstoffeintrags. Ziel dieses Projekts mit fünf Modellregionen ist es, so Titschenbacher, die nachweisliche Hintergrundbelastung des trockenen Stickstoffeintrags über die Luft zu eruieren. Mit dem Grundwasserschutzprogramm haben die Messungen aber nichts zu tun.

Info-Kampagne

Seitens der Landwirtschaftskammern ist, so Titschenbacher, eine Infokampagne zum Thema Q Plus Rind-Programm in Vorbereitung. Ziel ist es, die Rinderbauern breit über die Möglichkeiten zur Qualitätssteigerung und die verbesserten de-minimis-Fördersätze zu informieren. Q plus Rind ist ein freiwilliges Programm zur Qualitätsverbesserung und zur Verbesserung der Tiergesundheit in der Mutterkuhhaltung, der Rinder- und Kälbermast. Teilnehmen können Betriebe mit einem AMA-Gütesiegelvertrag und mit der AMA-Zusatzvereinbarung Modul Q Plus Rind.

Der Präsident machte auch auf den aktuellen Stand bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) aufmerksam. Demnach gab es im Vorjahr in Europa 11.196 nachgewiesene ASP-Fälle bei Wildschweinen sowie 1247 ASP-Fälle bei Hausschweinen. Besorgniserregend ist, dass die Ausbreitung der nachgewiesenen ASP-Fälle in Ungarn bereits bis auf eine Entfernung von 97 Kilometern an die österreichische Staatsgrenze herangerückt ist.

titschenbacher und Pein

Bei der ersten Kammervollversammlung Anfang März wurden LK-Präsident Franz Titschenbacher und Vizepräsidentin Maria Pein gewählt und angelobt.

Wie die Kammerführung mitteilte, sei der Antragszugang zur Ländlichen Entwicklung ungebrochen hoch. Allein im März wurden über 500 einzelbetriebliche Förderanträge vorgelegt. Die hohen Antragszahlen führen aber zu längeren Bearbeitungszeiträumen, sodass die Landwirte bis zu sechs Monate auf ihre Bewilligung warten müssen. Titschenbacher dazu: „Man kann davon ausgehen, dass noch immer sehr viele Anträge in der Ländlichen Entwicklung gestellt werden, die bereits im Rahmen der COVID-Investitionsprämie eingereicht wurden. Umgekehrt wird aktuell durch Budgetvorgriffe die Ausfinanzierung vorläufig gesichert, sodass man bei Erreichen der Mindestpunkte im Auswahlverfahren von einer positiven Bewilligung ausgehen kann.“ Auch die MFA-Erfassung in den Bezirkskammern ist seit Anfang März voll im Gang. Allein im März waren das knapp 10.000 MFA-Flächen.

Gemeinsame Agrarpolitik

Landesrat Hans Seitinger sprach über die innerösterreichische Positionsabstimmung zur Gemeinsamen Agrarpolitik. „Das ist ein sehr hartes Brett, das wir zu bohren haben“, sagte Seitinger. „Aber bis zum Frühherbst muss in Österreich darüber Klarheit herrschen.“ Seine Aufmerksamkeit galt auch den aktuellen Entwicklungen am Holzmarkt, wo es bei den Endprodukten in letzter Zeit zu großen Kostensteigerungen gekommen ist. „Das Verhältnis von Endpreis zum Bauernpreis passt allerdings nicht“, merkte er an und blickte sorgenvoll auf die Holzverwendung im Wohnbau: „Wir müssen aufpassen, dass uns da nicht etwas wegbricht!“

Viel Platz wurde auch den Berichten der Ausschuss-Vorsitzenden Martin Kaltenegger und Fritz Rauer eingeräumt. Die Landeskammer Steiermark hat, so Kaltenegger, ein Positionspapier für den künftigen Photovoltaik-Ausbau erarbeitet. Das legt die Prioritäten fest: zuerst Dachflächen, dann vorbelastete Flächen und dann minderwertige Landwirtschaftsflächen, wobei eine Doppelnutzung mit der agrarischen Produktion zu forcieren ist. Bezüglich Wolf positionierte sich Kaltenegger eindeutig: „Der Wolf gehört bejagt. Er ist ein Raubtier und lässt sich nicht mit der Nutztierhaltung vereinbaren.“

Nicht ungleich behandeln

Weil immer mehr Pflanzenschutzmittel in Österreich verboten werden, stellte Fritz Rauer eine klare Forderung auf: „Wenn ein Wirkstoff in Österreich verboten wird, dann muss auch der Verkauf von ausländischen Lebensmitteln, die mit dem gleichen Wirkstoff behandelt worden sind, im Inland verboten werden. Ansonsten führt das zu unfairen Marktbedingungen.“

Ein leidenschaftliches Plädoyer für den Bauernbund – auch als Antwort auf eine Wortmeldung von UBV-Sprecher Johann Ilsinger – hielt Landeskammerrat Paul Lang: „Nur der Bauernbund und seine Funktionäre arbeiten täglich an der Front zum Wohl der Bauern. Da steckt sehr viel Knochenarbeit dahinter. Halten wir zusammen!“

Die Bewegründe zur Gründung des Bäuerlichen Versorgungsnetzwerk Steiermark stellte Landeskammerrat Markus Hillebrand vor: „Die Landes- und Bundespolitik haben sich vorgenommen, die Versorgung von Großküchen mit bäuerlichen regionalen Lebensmitteln zu forcieren. Es wurde daher ein bäuerliches Netzwerk für die Vermarktung gesucht. Zudem bestand der vielfache Wunsch der Großküchen nach einem zentralen, spartenübergreifenden Ansprechpartner für regionale Lebensmittel aus bäuerlicher Hand.“ Hillebrand sagte, dass Markus Weyer im März mit der Geschäftsführung betraut worden sei. Der Südsteirer absolvierte eine technische und wirtschaftliche Ausbildung und hat fundierte Berufserfahrung in der Lebensmittelindustrie, wo er zuletzt im Bereich Einkauf tätig war.

Verkauf beschlossen

Von der Vollversammlung beschlossen wurden der Verkauf der Bezirkskammer Voitsberg. Hier will ein privater Investor ein betreutes Wohnen errichten. Weiters wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Landeskammer auf einem von der Marktgemeinde Irdning-Donnersbachtal zur Verfügung gestellten Areal am Standort Gumpenstein die neue Bezirkskammer Liezen errichten kann.

Nach der Wahl Ende Jänner haben nicht nur die Funktionäre in der Landeskammer ihre Arbeit aufgenommen, sondern auch jene in den zwölf Bezirkskammern. Zu den zehn bereits bewährten Bezirkskammerobmännern wurden in zwei Bezirken neue Persönlichkeiten an die Spitze der Bezirkskammer gewählt. In Murtal übernahm Martin Kaltenegger das Amt von Leonhard Madl. Im Bezirk Südoststeiermark folgte Franz Uller dem scheidenden Obmann Günther Rauch nach, der als Seniorenvertreter in die Landeskammer einzog.

Leider konnten in den Bezirkskammern Bruck-Mürzzuschlag sowie Murtal nicht alle Mandate vergeben werden, da der Unabhängige Bauernverband (UBV) dort jeweils zwei Mandate erreichen konnte, aber es war jeweils nur ein Kandidat auf der Wahlliste eingetragen. Offensichtlich ist die Bereitschaft, für den UBV tätig zu sein, doch geringer, als es sich die Verantwortlichen wünschen, denn in zwei so großen Bezirken nur jeweils einen Kandidaten zu finden, zeugt nicht von besonderem Vertrauen in die Organisation.

Mandat nicht angenommen

Im Bezirk Graz-Umgebung hat der Spitzenkandidat des UBV sein Mandat nicht angenommen und den als Nummer vier gereihten Kandidaten nominiert. Wenn gewählte Mandatare ihr Amt gar nicht annehmen, stellt sich die Frage, warum sie dann überhaupt an der Spitze kandidiert haben. Genau genommen liegt hier eine Wählertäuschung vor, da die Wähler nicht das bekommen haben, wofür sie gestimmt haben.

 

 

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