Am Hof der Familie Reinisch wird seit mehr als 25 Jahren zartes Styria Beef Jungrindfleisch biologisch erzeugt. Bäuerin Birgit Reinisch ist eigentlich studierte Historikerin. Ein Porträt von Roman Bruckner.
Wenn man von Deutschlandsberg über Wildbach und Hinterleiten nach Osterwitz hinauffährt, kommt man bald zum Reinisch Hof vulgo Wallner. Der Betrieb liegt auf 1000 Meter Seehöhe und ist ein reiner Grünlandbetrieb mit einer großen Waldausstattung. Es sind zwei weitere kleinere Betriebe dazu gepachtet, die als Weideflächen dienen. Die Heimflächen werden großteils zweimal gemäht und im Herbst beweidet. 30 bis 35 Limousin Mutterkühe liefern jährlich Jungrinder für die Fleischvermarktung, die eigene Nachzucht und den Zuchtstierverkauf.
Der Betrieb zählt zu den Pionieren der steirischen Mutterkuhhaltung und der Marke Styria Beef. Die derzeitige teilweise schwierige wirtschaftliche Lage der Mutterkuhhaltung wird durch die Zuchtviehvermarktung und die Fleischdirektvermarktung verbessert. Als Mitgliedsbetrieb im Arbeitskreis Mutterkuhhaltung und im Limousin Zuchtverband werden die eigenen Ergebnisse bestens aufgezeichnet und ausgewertet. Im Winter sind die Tiere im tiergerechten Laufstall und werden nur mit eigener Grassilage und Heu gefüttert.
Diplomarbeit
Die 38 Jahre junge Bäuerin Birgit hat vor zwölf Jahren in den Traditionsbetrieb eingeheiratet und damit eine radikale Lebensänderung auf sich genommen. Sie kommt aus einem nichtbäuerlichen Haus in der Nähe von Deutschlandsberg und hat nach der Matura Geschichte in Graz studiert. Sie hat sogar ein Semester im Bundesstaat Montana USA an einer Universität für indianische Studien verbracht. Ihre Diplomarbeit hat sie über die Lebensweise von Indianern geschrieben. „Auf der einen Seite haben die Indianer eine sehr enge, fast religiöse Beziehung zur Natur, auf der anderen Seite leben sie verarmt am Rande der Gesellschaft“, erzählt sie aus ihren Erfahrungen.
Diese Naturnähe wird sie möglicherweise im späteren Leben als Bäuerin bestärkt haben. Aber nach dem Studium gab es keinen passenden Arbeitsplatz für ihr Studium. So wechselte sie in die Wirtschaft und lernte alles neu. In einer Anlagenbaufirma war sie für das Projektmanagement und den Einkauf zuständig. In dieser Zeit lernte sie ihren späteren Ehemann Florian kennen und dadurch ergab sich dann ein weiterer Berufswechsel zur Bäuerin. Für die sympathische Weststeirerin war das anfangs eine große Umstellung – von der Stadt hinauf auf den ruhigen Bergbauernhof in Einzellage. Aber bald kam das erste Kind auf die Welt, dann war genug los in der jungen Familie. 2012 wurde geheiratet und 2014 der Hof übernommen, im selben Jahr war auch die Geburt des zweiten Kindes. Die folgenden Jahre war die junge Mutter hauptsächlich mit den Kindern beschäftigt. Aber mit deren Älterwerden übernahm sie Stück für Stück Aufgaben und Kompetenzen im Betrieb.
Arbeitstag
Heute ist ihr Arbeitstag genau auf den Betrieb und die Kinder abgestimmt. Wenn die Kinder im Schulbus sitzen, geht sie in den Stall. Es folgen Hausarbeit und Betriebsverwaltung, Kochen, am Nachmittag Aufgaben und Lernen mit den Kindern. Ab 16 Uhr geht`s wieder in den Stall. Sie erledigt die ganze Büroarbeit für den Betrieb, Förderungen, Tieraufzeichnungen und die ganzen Zuchtdaten sowie Arbeitskreisaufzeichnungen. Alle zwei Wochen wird am Betrieb geschlachtet, da macht sie die Einteilung. Für die eigenen vermarkteten Jungrinder managt sie den ganzen Verkauf und das Abpacken der Fleischpakete.
Auf die Frage, wie oft sie hinunter in das 17 Kilometer entfernte Deutschlandsberg kommt, meint sie: „Fast jeden Tag!“ Die Kinder müssen beinahe täglich wohin gebracht und geholt werden. Da bleibt wenig Zeit für Freizeit, aber die Spaziergänge mit dem lebhaften Hund müssen sich ausgehen. Wenn die Kinder einmal größer sind, wird vielleicht auch wieder Zeit für ihr Fachgebiet, die Indianer, sein.
Ihre Wünsche für die Zukunft sind, dass alle gesund bleiben und die Kinder einmal mit der Landwirtschaft weitermachen. Über den Fleischkonsum der Gesellschaft macht sie sich Sorgen, weil in der letzten Zeit der Absatz in der Direktvermarktung zurückgegangen ist und in den Medien und auch in der Schule das vegetarische Essen ständig hochgejubelt wird. Die Menschen sehen zu wenig, wie wertvoll das Fleisch und dessen natürliche Erzeugung der österreichischen Mutterkuhhalter ist.
Zur Person
Birgit Reinisch (38) wohnt in 8530 Osterwitz 28. Der Betrieb umfasst 42 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, 60 Hektar Wald, 30 bis 35 Kühe, insgesamt 80 Limousin Zuchtrinder. Lohnschlachtung für Betriebe aus der Umgebung sowie Direktvermarktung von Styria Beef Jungrinder sind weitere Betriebsstandbeine.
Foto: Roman Bruckner