In den letzten 20 Jahren wurden auf Privatgrundstücken viele neue Bildstöcke und Hauskapellen errichtet. Oft soll darin die Urne aufbewahrt werden.
Es liegen keine genauen Zahlen vor, wie viele Flurdenkmäler es in der Steiermark tatsächlich gibt. Nur die Anzahl der denkmalgeschützten Objekte ist bekannt. Das sind 563 Kapellen, 342 Bildstöcke, 105 Kreuze und 49 Grenzsteine. „Die Steiermark wäre aber sehr arm, wenn wir nicht diese Vielzahl an Flurdenkmälern hätten“, erklärt Diözesanmuseum-Direktor Heimo Kaindl und betont: „Sie sind ein Stück Kulturgut!“
Mit der Errichtung dieser Kleindenkmäler ging es in der Barockzeit los. Im 19. Jahrhundert gab es dann eine besonders starke Errichtungswelle. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden viele neue Flurdenkmäler. Die Setzungsgründe sind vielfältig. „Oft dienten sie als Wegmarkierungen oder sie erinnerten an ein Unglück“, beginnt Kaindl aufzuzählen. „Aber auch als Zeichen des Dankes für eine überstandene schwere Krankheit oder weil man zum Beispiel von einem Feuer oder eine Naturkatastrophe verschont blieb, stellte man sie auf. Dazu kamen Gelöbnisse, weil man zum Beispiel aus dem Weltkrieg wieder gesund nach Hause gekommen ist“, nennt der Volkskundler ein häufiges Motiv in den 1940er und 1950er Jahren. Nicht zu vergessen ist die Bitte an Jesus Christus und die Heiligen um eine gute Ernte und um den Schutz in allen Lebenslagen.
In den letzten zwei Jahrzehnten setzte wieder eine Welle bei der Neuerrichtung von Flurdenkmälern ein. „Mein Eindruck ist, dass die Privatfrömmigkeit stark zunimmt. Man will etwas Heiliges auf seinem Grundstück haben“, bemerkt Kaindl und nennt einen neuen Setzungsgrund: „Man sucht nach einem geeigneten Platz für die Aufbewahrung der Urne.“
Luftkeuschen
Genau genommen sind viele Flurdenkmäler sogenannte „Luftkeuschen“. Der Errichter ist oft nicht der Grundeigentümer, hat von diesem allerdings die Zustimmung erhalten. „Schwierig wird es dann, wenn die Errichter wegziehen oder sterben und man nicht mehr weiß, wem das religiöse Kleindenkmal gehört“, berichtet Kaindl aus der Praxis. Häufig sind es dann Anrainer, Vereine, Agrargemeinschaften oder die Gemeinden, die sich um die Erhaltung und Pflege des Kleinods kümmern. „Ich bin überrascht, wie sehr sich die Menschen dafür einsetzen“, sagt Kaindl und bemerkt: „In den urbanen Räumen ist das aber schwieriger.“
Bei den einzelnen Arten der Flurdenkmäler unterscheidet man zwischen Kapellen, Bildstöcken, Kreuzen sowie Hoch- und Pestsäulen. Wie Eva Heizmann von der Volkskultur Steiermark aufzählt, gibt es Dorfkapellen, Hauskapellen, Schlosskapellen, Friedenskapellen sowie Kapellen, deren Errichtung auf persönliche Schicksalsschläge oder Gebetserhörungen zurückgeht. Alle Kapellen haben einen sogenannten „Titelheiligen“. Dabei ist die Muttergottes die unangefochtene Nummer eins. Für Kaindl ist das logisch: „Weil die Hl. Maria für uns Menschen eindeutig Mensch und Gottes Sohn als Mutter am nächsten war. Daher genießt sie eine bevorzugte Rolle.“
Bei den Bildstöcken gibt es Pfeiler- und Säulenbildstöcke, Kapellenbildstöcke, Breitpfeiler, Bildbäume und Marterln. Der Begriff „Marterl“ dürfte, so Heizmann, vom lateinischen Wort „Martyrium“ stammen. Von diesem Wort wurde „Marter“ (ein starker Schmerz) abgeleitet. Viele dieser Marterln erinnern an eine Marter, die der Mensch erleiden musste“, erklärt Heizmann. „Meist handelt es sich um Unglücksfälle.“ Auch Kalvarienberge und Kreuzweganlagen zählen zur Kategorie der Bildstöcke.
Ein Kreuz umsetzen
Bei den Kreuzen unterscheidet man Weg- oder Feldkreuze, Wetterkreuze oder Passionskreuze. Ursprünglich waren Kreuze aber nicht nur Andachtsstätten, sondern auch wichtige Orientierungspunkte und daher oft an Weggabelungen vorzufinden. Daher rät Kaindl: „Wenn ein Kreuz umgesetzt werden soll, weil zum Beispiel eine Straße begradigt oder eine Kreuzung neugestaltet wird, dann soll es wieder an eine Stelle kommen, wo es eine Funktion hat!“
Was die Hoch- und Pestsäulen betrifft, können diese hohen Säulen zum einen die Muttergottes (Mariensäule) oder die Dreifaltigkeit (Dreifaltigkeitssäule) darstellen. Die Pestsäulen zeigen die Pestheiligen. Auf besonders viele Flurdenkmäler trifft man in der Süd- und Südoststeiermark. „Je weiter man von Süden nach Norden kommt, desto mehr nehmen die Marterln ab“, bemerkt Kaindl abschließend.
Beitragsfotos: Knopper, Volkskultur Steiermark, Brodschneider