Wie schaut es mit der Sicherheit bei der Lebensmittelversorgung aus? Die steirische Landwirtschaftskammer geht mit einem Sieben-Punkte-Programm an die Öffentlichkeit.
Angesichts des Ukraine-Krieges wird immer häufiger die Frage gestellt, ob es in den Supermärkten auch morgen noch gefüllte Regale geben wird. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage konnten auch Landesrat Hans Seitinger und LK-Präsident in einer Pressekonferenz am Mittwoch nicht geben. „Wir fahren auf Sicht und sind nicht in der Lage, langfristige Prognosen abzugeben“, erklärte Seitinger und stellte klar: „Die Landwirtschaft ist keine Lebensmittelmaschine, die man aus- und einschaltet, wenn man sie braucht.“
Die aktuelle Situation macht aber die Schwächen rund um die Versorgungssicherheit deutlich. „Jetzt wird sichtbar, wie man mit Ressourcen umgeht und wie groß die Eigenverantwortung eines jeden Landes ist“, sagte Seitinger. Dann kam er auf den Punkt zu sprechen, der den Bäuerinnen und Bauern am meisten unter den Nägeln brennt. Das sind die explodierenden Produktions- und Baukosten. Seit März 2021 stiegen die Kosten für das Eiweißfutter um 45 Prozent, jene für den Diesel um 56 Prozent und die Ausgaben für das Futter in der Geflügelmast um 66 Prozent. Im selben Zeitraum erhöhten sich die Preise für Stickstoffdünger gar um 201 Prozent.
Kostenausgleich
Diese dramatische Preisentwicklung halten die landwirtschaftlichen Betriebe nicht mehr aus. Daher ging LK-Präsident Franz Titschenbacher mit einem Sieben-Punkte-Programm an die Öffentlichkeit. „Die Kostensteigerungen müssen auf die Produktpreise umgelegt werden“, forderte Titschenbacher. Um aber die einkommensschwächere Bevölkerung damit nicht hart zu treffen, schlug der Präsident vor, dass die Bauern einen sogenannten „Ernährungssouveränitätshunderter“ unbürokratisch und rasch bekommen sollten. Das ist ein Betrag von 100 Euro pro Hektar als Kostenausgleich. Dieses Geld darf aber, so Titschenbacher, nicht aus dem Agrarbudget entnommen werden.
Eine weitere Forderung der steirischen Landwirtschaftskammer ist die Rückerstattung der Mineralölsteuer für Agrardiesel. An die EU, den Bund und die Länder richtete er den Appell, landwirtschaftliche Produktion zu zuzulassen. Dazu sagte er: „Es geht nicht darum, Biodiversität aufzugeben, sondern nachhaltige Produktion zu ermöglichen.“ Weiters soll die EU die Düngemittelproduktion wieder in ihren Mitgliedsstaaten forcieren, derzeit gibt es die großen Düngemittelfabriken vor allem im russischen Einflussbereich.
Als sechsten Punkt in seinem Forderungskatalog nannte Titschenbacher die Forderung, dass Lagerhaltung von Getreide wieder möglich sein müsse. Zudem wies er mit Nachdruck darauf hin, dass man mit dem verstärkten Einsatz von Bioenergie die Abhängigkeit von Gas beenden kann. „Das alles sind keine utopischen Forderungen, sondern ein realistischer Ansatz, um die Lebensmittel- und Energiesicherheit zu gewährleisten“, schloss Präsident Titschenbacher.
Fleisch oder Getreide?
In den nächsten Wochen und Monaten erwartet sich Landesrat Hans Seitinger große Weichenstellungen, was die Fleischproduktion betrifft. „Viele Schweinebauern oder Geflügelmäster in Deutschland und anderen Ländern fragen sich, ob sie nicht besser dran wären, wenn sie das Getreide auf dem Weltmarkt verkaufen oder doch noch an die Tiere verfüttern sollen“, sagte Seitinger. Er zeigte sich auch davon überzeugt, dass ein neuer Wertewandel bezüglich Lebensmittel ins Haus stehen würde. „Damit geht einher, dass dann nicht mehr so viele Lebensmittel in den Müll geworfen werden“, sagte Seitinger.
Fotos: LK/Danner; agrarfoto.com