Verschwundene bäuerliche Berufe

von NEUES LAND

Herbert Blatnik hat sich auf die Suche nach bäuerlichen Berufen begeben, die im letzten Jahrhundert völlig verschwunden sind. Seine Liste ist bedenklich lang.

 

Einige Berufe, die beinahe ausschließlich von Bauern ausgeübt wurden, sind noch jedem von uns geläufig, wie der Holzknecht, Flößer, Köhler, Winzer etc. Doch wer weiß heute etwas über die Rastlbinder, Eisschneider, Heahndltrager, Raitermacher? Die Technisierung der Landwirtschaft im vorigen Jahrhundert hat so manchen ureingesessenen Bauernberuf verschwinden lassen.

 

In der Umgebung von Wenigzell lebte bis in die 1940er-Jahre der Brunnentroghacker Holzer Sepp. Seine Brunnentröge standen im Ruf, „beinahe ewig“ zu halten. Er verwendete nur frisch geschlägertes Tannenholz. Bestellte jemand einen Brunnentrog bei ihm, so konnte er, je nach Größe, bis zu einer Woche daran arbeiten. Beim Abtransport musste ihm der Käufer versprechen, den Trog nie trocken zu lassen.

 

Schweinehirte und Gänseliesl

In der Hierarchie der Knechte belegte der Schweinehirt die unterste Stufe. In der Steiermark waren es meist aufgenommene ältere Kinder, welche die Schweine frühmorgens zusammentreiben und auf die „Schweinstrattn“ führen mussten. Auf der Wiese musste der Bub, mit einem Haselstock bewaffnet, die Schweine beisammenhalten, was bei Futtermangel besonders schwierig war. Manchmal gab ihm ein Bauer einen abgerichteten Hund mit. Sein Pendant war die Gänseliesl, bei der es sich meist um ein schulpflichtiges Mädchen handelte, das aber nur im Winter die Schule besuchen durfte. Sie musste ihre schnatternde Gesellschaft bei Sonnenaufgang abholen, irgendwo weiden lassen und wieder vollzählig zurückbringen.

 

In der Soboth arbeitete ein Altbauer als Dachschindelhacker, von dem wir leider nicht mehr seinen Namen wissen. Nur ausgesuchtes Lärchenholz verarbeitete er. Bis sich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Eternitdächer allmählich durchsetzten, hatte er ein großes Gebiet mit seinen Dachschindeln zu versorgen. Von ihm wird erzählt, dass er kaum Geld für seine Kunst bekam und sich mit Naturalien begnügte.

 

Sargtischler

In der ehemaligen Gemeinde Unterbergla, in der Schrötten, wohnte der Sargtischler Schröttner Hans. Von ihm erzählt der Schriftsteller Karl Reiterer: „Der Schröttner Hans war ein Original ersten Ranges, eine Bauernpersönlichkeit. Er lebte im Auszug, war also ein Bauer, der im Ausgedinge beim Hof verbleiben durfte. Neben seiner Bäuerei betätigte er sich als Sargtischler. Fast jeder Bewohner von Preding bis nach Groß St. Florian kannte ihn, beinahe alle Särge stammten aus seiner Werkstätte. Suchte ihn jemand auf, um einen Sarg für sich selbst anfertigen zu lassen, so war stets derselbe Spruch zu hören: ‚In drei Wochen ist die Truchn fertig, stirb nur nicht vorher‘. Damals war es noch Brauch, einen Sarg für die eigene Ewigkeit schon fertig auf dem Dachboden stehen zu haben. Wurde er noch nicht gebraucht, diente er zum Aufbewahren von Nüssen und gedörrtem Obst. Das Besondere an seinen Särgen war, dass sie seinen Kunden genau angepasst waren, obwohl nie Maß genommen wurde. Eigentlich gebrauchte er nie das Wort Sarg, sondern andere Namen: Holzanzug, Möbilar für die Pfarrer-Alm oder Friedhofkiste.“

 

Raitermacher

Der Rastlbinder zog mit einer Drahtrolle und einer Zange von Haus zu Haus und reparierte irdenes Geschirr, indem er es mit einem kunstvollen Drahtgeflecht „einrastelte“. Derart behandelte Töpfe und Teller konnten noch viele Jahre ihren Dienst erfüllen. Gab es beim Hof für ihn Arbeit, so durfte er sich zum Mittagstisch setzen und im Heustadel übernachten, in der Früh zog er weiter. Der Volkskundler Sepp Walter kannte den vermutlich letzten Raitermacher des Grazer Berglandes, einen geschickten Bauernknecht aus Semriach, der im Winter seine Raiter, das waren große Siebe, herstellte und diese auf Jahrmärkten verkaufte. Diese Siebe brauchte die Bäuerin beim Brotbacken zum „Raitern“ des Mehls, das oft mit Maden durchsetzt war.

Die Heahndltrager mussten starke Männer sein. Von einem Ennstaler Hühnerhändler wissen wir, dass er mit einer bis zu zwei Meter hohen Kraxe Hühner von den Bauern abholte und damit die Gasthäuser von Gröbming abging. Sein „Geschäft“ war relativ risikofrei, weil er das Federvieh nicht sofort kaufen musste. Auf dem Rückweg ging er wieder zu den Bauern und gab ihnen entweder die unverkauften Hühner zurück oder das Geld, von dem er sich ein Viertel behalten durfte.

 

Eisschneider

Schließlich wollen wir an die Eisschneider denken, die eine wichtige Arbeit für die steirische Gastronomie leisteten. Eisschneiden war eine saisonbedingte Arbeit, die im Jänner und Februar überall dort stattfand, wo es große Teiche gab. Geschickte Bauernburschen schnitten das Eis mit grobzähnigen Eissägen und zogen die Eisschollen mit Eishaken aus dem Wasser. Die Arbeit am Teich war gefährlich, oft rutschte jemand aus und fiel ins Wasser. Das Eis war für die Eiskeller von Gasthäusern bestimmt. Als es bei uns noch keine Kühlschränke gab, verfügten viele Wirtshäuser über große unterirdische Eiskeller, wo sie das Eis bis zum Sommer lagern konnten.

 

 

 

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