Temperatursturz, tagelange heftige Regenfälle, Schnee und schwere Stürme, aber vom befürchteten Jahrhundert-Unwetter blieb die Steiermark verschont.
In den vergangenen Tagen wurde die Steiermark wieder von einer dramatischen Wetterlage getroffen. Extreme Windböen und heftige Regenfälle verursachten große Schäden. Dazu kam der Schneefall bis unter 1000 Meter Seehöhe. Von Freitag bis Dienstag waren 508 Feuerwehren zu insgesamt 2116 Einsätzen ausgerückt. Manche Wehren waren noch an diesem Mittwoch mit Pump- und Aufräumarbeiten beschäftigt.
Zivilschutzalarm in Thörl
In manchen Gebieten der Steiermark fielen binnen weniger Tage 200 Liter und mehr auf den Quadratmeter. Bäche schwollen zu reißenden Flüssen an. Für die Marktgemeinde Thörl wurde aufgrund der Hochwassersituation am Sonntag Zivilschutzalarm ausgelöst. Umstürzende Bäume sorgten für massive Unterbrechungen bei der Stromversorgung. Am Sonntag in der Früh waren in der Steiermark rund 25.000 Haushalte ohne Strom.
Landeshauptmann Christopher Drexler informierte sich immer wieder in der Landeswarnzentrale über die augenblickliche Unwettersituation. Nach einer solchen Lagebesprechung am Sonntag appellierte er an die Steirerinnen und Steirer, keine Waldgebiete zu betreten und sich nicht in der Nähe von Ufern aufzuhalten. Und aufgrund der großen Lawinengefahr riet er dringend vor Touren im Gebirge ab.
Unwetter-Warnung
In der Steiermark kam erstmals die Unwetter-Warnung per Handy zum Einsatz. Solche Cell Broadcast-Warnungen wurden am Sonntag an die Bevölkerung in Graz sowie in den Bezirken Graz-Umgebung, Voitsberg, Weiz und Hartberg-Fürstenfeld verschickt. Dabei wurde die Bevölkerung auf mögliche Stürme mit Spitzen bis zu 100 km/h aufmerksam gemacht.
Der Kammerobmann von Bruck-Mürzzuschlag, Johann Eder-Schützenhofer, beschreibt die Auswirkungen der tagelangen Unwetter auf die Landwirtschaft. „Die Mürz ist in vielen Bereichen über die Ufer getreten. Davon sind besonders Maisäcker und das Grünland betroffen, wo der vierte Schnitt noch nicht eingebracht wurde. Aufgrund der massiven Schneefälle musste auch das Weidevieh rasch von den Hochalmen abgetrieben werden.“ Eder-Schützenhofer, selbst Feuerwehr-Kommandant, hat auch eine Bitte parat: „Gerade bei der Lagerung von Siloballen sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht weggeschwemmt werden können. Das kann nämlich Verklausungen verursachen.“
Keine genauen Auskünfte können zur Zeit über die Schäden in den Wäldern gegeben werden. Bis Mitte dieser Woche waren alle aufgerufen, die Wälder zu meiden. Zu groß waren die Gefahren, von umstürzenden Bäumen oder herabfallenden Ästen getroffen zu werden.
Für LK-Präsident Franz Titschenbacher haben die vergangenen Tage wieder eindrucksvoll bewiesen, wie groß die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist und wie wichtig die Einsatzorganisationen sind. „Diese Unwetter sind aber auch eine Mahnung, dass zur Bewältigung der Klimakrise auch der Ausstieg aus den fossilen Energien hin zu erneuerbaren Energien notwendig ist.“
Situation in Niederösterreich
Dass am vergangenen Wochenende ganz Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt werden musste, drückte die dramatische Situation am besten aus. Was in unserem Nachbarbundesland abging, war einfach unglaublich. Der Starkregen wollte einfach nicht aufhören. Einige Beispiele für die Fünf-Tage-Niederschlagsmenge. In Lilienfeld fielen 418 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter, der bisherige Rekord lag bei 273 Millimeter. In St. Pölten gab es 409 Millimeter. Der bisherige Rekord waren 207 Millimeter. Allein von Samstag auf Sonntag prasselten in der Region rund um die Landeshauptstadt 225 Millimeter Regen pro Quadratmeter vom Himmel. Das war die zweithöchste je in Österreich gemessene 24-Stunden-Niederschlagsmenge. Nur am Loiblpass regnete es vor 15 Jahren noch mehr. In Langenlebarn wurden 397 Millimeter gemessen (Rekord bisher 143 Millimeter), in Lunz am See waren es 390 Millimeter.
Diese unfassbaren Niederschlagsmengen verwandelten weite Teile des Landes in große Seen. Dazu trug bei, dass Dutzende Dämme dem Wasserdruck nicht standhielten. Nach deren Bersten waren Tausende Wohnhäuser, Bauerngehöfte und Firmenareale binnen weniger Minuten überflutet.
Pro Tag standen 10.000 Feuerwehrleute im Einsatz. Unter ihnen waren auch zwei steirische Katastrophenhilfsdienstzüge aus Fürstenfeld und Feldbach mit insgesamt 100 Feuerwehrleuten, um bei der Bewältigung der Unwettersituation zu helfen.
Die sintflutartigen Regenfälle in Niederösterreich forderten auch fünf Todesopfer. Die Schäden an Hab und Gut, an der Infrastruktur sowie an der Land- und Forstwirtshaft können derzeit nicht einmal annähernd abgeschätzt werden.
Dramatische Lage in Polen
Noch schlimmer als Niederösterreich erwischte es Polen, Tschechien und Rumänien. Teile der Woiwodschaften Niederschlesien, Schlesien und Oppeln versanken im Wasser. Besonders große Schäden gibt es in Polen rund um die Städte Glucholazy, Klodzko und Breslau. In Tschechien war die Situation vor allem um die Stadt Ostrava dramatisch. Auch die Stadt Litovel wurde großteils unter Wasser gesetzt. Und auch in Rumänien gingen viele Dörfer und Städte in den Fluten unter. Das Lebenswerk vieler Menschen wurde völlig zerstört.
[© BRVHB, Land Steiermark, MV Schönberg]