Als Sie in einer Pressekonferenz Ihren Rücktritt bekanntgaben, zogen Sie den Vergleich mit der bäuerlichen Hofübergabe. Wann ist eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine gute Übergabe?
Titschenbacher: Wenn man das Gefühl hat, dass eine passende Nachfolge vorhanden ist und diese Person die Aufgabe aus Überzeugung annimmt beziehungsweise dazu bereit ist. Das gilt für eine Funktion ebenso wie für den Bauernhof. Wenn man das alles mit sich selbst und auch gemeinsam mit der Familie – im übertragenen Sinn gilt das auch für jede Gemeinschaft – vereinbaren kann, dann geht eine Hofübergabe gut vonstatten.
Warum haben Sie für Ihre Rücktrittsankündigung den Weg der Überraschung gewählt?
Ich würde es nicht als Weg der Überraschung bezeichnen, sondern als wohlüberlegten Schritt. Natürlich war es für mich keine leichte Entscheidung, weil ich das alles wirklich gerne gemacht habe. Für mich standen letzten Endes zwei Überlegungen im Raum. Einerseits ging es darum, ob ich bei der nächsten LK-Wahl im Jahr 2026 noch einmal als Spitzenkandidat antrete oder nicht. Andererseits darum, wer den Hof – im übertragenen Sinn – weiterführt. Und so war es für mich eine besondere Freude und ein Ausdruck des Gemeinsamen, dass alle Gremien die Entscheidungen für Andreas Steinegger als künftigen Kammerpräsidenten, Maria Pein als Vizepräsidentin und Simone Schmiedtbauer als künftige Bauernbund-Landesobfrau einstimmig getroffen haben.
Eines sei aber klar gesagt: Die einfachsten Botschaften sind nicht immer die besten Antworten.
Als Präsident erhebt man den Anspruch, die Land- und Forstwirtschaft in ihrer ganzen Breite zu vertreten. Kann das angesichts der Vielfalt der einzelnen Sparten und Betriebe überhaupt gelingen?
Ich glaube, dass das immer nur im gemeinsamen Ganzen zu sehen ist. Zum einen mit den Funktionärinnen und Funktionären auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene, zum anderen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf den unterschiedlichen Ebenen. Ich hoffe, dass wir diesem Anspruch annähernd gerecht werden.
Wenn Sie zurückschauen, wo ist Ihnen das am besten gelungen?
Diese Beurteilung lege ich in die Hände der Leserinnen und Leser von NEUES LAND, unserer Bauernbund-Mitglieder sowie der Bäuerinnen und Bauern. Besonders wichtig waren mir aber immer die Bildung und das lebensbegleitende Lernen. Schon in meiner Antrittsrede habe ich auch versucht, eine Grundbotschaft zu vermitteln. Das ist die realistische Zuversicht. Heruntergebrochen auf die einzelnen Branchen und Sparten hat es immer wieder Momente gegeben, die besonders schwierig waren, aber auch Momente, wo man etwas erreichen konnte. Insofern hoffe ich, dass spürbar wurde, dass Zukunft immer wieder möglich ist.
Hatten Sie das Gefühl, dass man als Präsident der Landwirtschaftskammer auch von Menschen, die nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, gehört wird?
Natürlich ist es ein Teil meiner Aufgabe, Bindeglied zwischen Bäuerinnen und Bauern, Kunden und Konsumenten zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass es gemeinsam immer wieder wertvolle Initiativen gegeben hat, um die Leistungen unserer steirischen Land- und Forstwirtschaft entsprechend darzustellen und damit zu würdigen.
Als Bauernbund-Landesobmann sind Sie auch in der Politik ein wichtiger Mitgestalter geworden. 2024 ist es aber bei den Wahlen zu großen, sichtbaren Veränderungen gekommen. Dabei ist auch die Behauptung aufgestellt worden, dass viele Bauern die FPÖ gewählt hätten. Können Sie dem zustimmen?
Im Zuge der Nationalratswahl hat es Wählerbefragungen gegeben, wo zwei Drittel unserer bäuerlichen Familien dem Bauernbund beziehungsweise der ÖVP treu geblieben sind. Angesichts der Prozentsätze, die andere wahlwerbende Parteien erhalten haben, wird aber sichtbar, dass uns manche bei der Nationalrats- und Landtagswahl nicht mehr gewählt haben. Das ist nun ein Auftrag für die Zukunft des Bauernbundes, Vertrauen zurückzugewinnen. Eines sei aber schon klar gesagt: Die einfachsten Botschaften sind nicht immer die besten Antworten!
Andreas Steinegger wird neuer Kammerpräsident, Landesrätin Simone Schmiedtbauer neue Obfrau des Steirischen Bauernbundes. Was wünschen Sie beiden?
Ich wünsche, dass beide immer wieder mit der notwendigen Zuversicht in ihre Aufgabenbereiche hineingehen. Neben dem Fachlichen sowie dem Agrar- und Sozialpolitischen ist nämlich die Zuversicht jenes Fundament, auf dem Vieles gestaltbar ist. Gleichzeitig wünsche ich unseren bäuerlichen Familien, insbesondere unserer Jugend, dass sie sich den Herausforderungen und Problemen mit dem Wissen stellen, dass die Menschen immer Lebensmittel für das Essen und Trinken sowie Energie brauchen. Das alles ist immer mit Grund und Boden verbunden. Mit einer nachhaltig geprägten Land- und Forstwirtschaft, mit dem Denken in Generationen sowie mit dem Programm von Josef Riegler, der ökosozialen Marktwirtschaft, sind die Antworten für viele Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gegeben.
Am 14. März erfolgt der Wechsel in der Landwirtschaftskammer, am 25. März im Steirischen Bauernbund. Wird Franz Titschenbacher dann ganz aus der Öffentlichkeit verschwinden?
Nicht ganz! Ich werde weiterhin im Genossenschaftswesen in der großen Raiffeisen-Familie und im Österreichischen Biomasseverband tätig sein, darüber hinaus im regionalen Bereich der erneuerbaren Energie sowie in unserer Familiengenossenschaft „Agromilia“. All das wird auch künftig einen entsprechenden Teil in meinem Leben einnehmen.
Ich wollte immer signalisieren, dass unser Bauernhof in Altirdning für uns immer das Fundament ist.
Abschließend eine Frage, die viele interessiert. Sie waren neben den öffentlichen Funktionen immer ein aktiver Bauer, der täglich in der Früh in den Stall gegangen ist, aber oft sehr spät heimgekommen ist. Wie hält man das über einen so langen Zeitraum überhaupt aus? Sind Sie eine Sonderform von Mensch?
Das sicher nicht, aber es war für mich immer der persönliche Anspruch, gemeinsam mit meiner Gattin Ulli und unserer Familie den Betrieb weiterzuentwickeln. Damit wollte ich auch signalisieren, wo ich daheim bin und dass unser Bauernhof mit seiner über 700-jährigen Geschichte für uns immer das Fundament ist. Dazu passt vielleicht ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, das ich einmal im Goethe-Museum in Weimar gelesen habe. Darin heißt es: „Er findet die Erholung in der Unterschiedlichkeit der Aufgaben.“ Vielleicht hat das auch für mich gegolten.