Die Zahl der Apfelbauern und Apfelanbaufläche in der Steiermark sinkt dramatisch. Die Auszahlungspreise müssen dringend steigen.
Mit dem Pflücken der Sorten Gala und Elstar hat die Apfelernte in der Steiermark begonnen. Die ersten Prognosen verheißen etwa 110.000 Tonnen. Das ist eine um 25 Prozent geringere Ernte als im Vorjahr. Schuld daran sind die Spätfröste mit bis zu minus sieben Grad Celsius Anfang April und das ungünstige, verregnete Blühwetter.
An den Beginn einer Pressekonferenz mitten in der Obstanlage der Familie Gschweitl in St. Ruprecht an der Raab stellt Präsident Franz Titschenbacher die Botschaft: „Wir können die Bevölkerung ausreichend gut und sicher mit saftigen, vitaminreichen steirischen Äpfeln versorgen.“ Sogleich kommt er aber auf eine krasse Schieflage zu sprechen. Obwohl die heimischen Obstbauern beste Qualität anbieten, maximale Produktionsstandards erfüllen und ein enormes Risiko tragen, haben sie mit mageren 23,7 Prozent den mit Abstand geringsten Anteil in der Wertschöpfungskette der Branche. Die aktuelle Juni-Erhebung der Landwirtschaftskammer zeigt, dass die Obstbauern im Schnitt nur 45 Cent pro Kilo für beste Qualität bezahlt bekommen, obwohl die Produktionskosten bei mindestens 60 Cent liegen.
Enormer Preisdruck
Besonders problematisch ist, dass die Erzeugerpreise für die Obstbauern für die Ernte 2022 gegenüber 2021 trotz erheblich gestiegener Produktionskosten – seit 2020 sind diese im Schnitt um 35,2 Prozent hinaufgeschossen – sogar um 5 Cent gefallen sind. Nicht zuletzt durch diesen enormen Preisdruck sind die Obstbauflächen in der Steiermark laut Daten aus dem Mehrfachantrag seit dem Jahr 2010 um etwa ein Viertel von 6.262 auf 4.790 Hektar zurückgegangen.
Mit dem anstehenden Generationenwechsel könnten sogar noch mehr Obstbaubetriebe die Weichen in Richtung Aussteigen stellen. Derzeit gibt es in der Steiermark nur mehr 1.030 Apfelbauern, Anfang der 1990er-Jahre waren es noch 1.500 Landwirte.
Immer weniger „Normalernten“
Zusätzliche Sorgen bereitet der Klimawandel. Wetterextreme wie die Spätfröste – in den vergangenen acht Jahren gab es nur zwei Normalernten – oder Hitze und Trockenheit treten immer häufiger auf. Gleichzeitig begünstigt der Klimawandel, dass sich eingeschleppte Schädlinge stark vermehren. Im Lichte der von der EU-Kommission geplanten Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) fordert Vizepräsidentin Maria Pein: „Wir sind für ein Weniger beim Pflanzenschutz, aber künftige Vorschriften müssen sich am Notwendigen orientieren. Die heimischen Obstbauern – ob konventionell oder bio – benötigen weiterhin moderne Werkzeuge, um Krankheiten und Schädlinge ausreichend regulieren zu können.“
Unfairer Wettbewerb
Manfred Kohlfürst, Präsident des steirischen und österreichischen Obstbauverbands, bestätigt die extrem schwierige Lage der Obstbauern: „Die Apfelproduktion ist eine 10- bis 15-jährige kapitalintensive Langzeit-Investition mit besonders hohem Risiko. Die schwierige Preissituation, die dramatisch gestiegenen Produktionskosten, die Klimakrise und der unfaire Wettbewerb in der EU bei den Arbeitskräften – Österreich hat die höchsten Lohn- und Sozialstandards – bewirken bei den Obstbauern eine große Verunsicherung und bringen sie in arge Bedrängnis.“ Er betont aber insbesondere, dass die Obstbauern trotz der äußerst angespannten Lage mit zahlreichen Resilienz-Maßnahmen aktiv gegen die multiplen Herausforderungen steuern.
Beitragsfotos: agrarfoto.com, LK/Foto Fischer