Die Milchbauern befinden sich in einer gefährlichen Zange zwischen stark gestiegenen Produktionskosten und Tierwohl-Forderungen.
Die Kostensituation bei den Milchbauern hat sich durch den Ukraine-Krieg dramatisch verschärft. Die Energiekosten sind um 50 Prozent gestiegen, die Futterkosten um 30 Prozent. LK-Präsident Franz Titschenbacher warnt: „Ein Ende der Kostenexplosion ist nicht in Sicht. Die Erlöse der Milchbauern können mit den gestiegenen Ausgaben und den Kosten für die ständig steigenden Standards wie beispielsweise für noch mehr Tierwohl nichtmithalten!“
Die in der Steiermark tätigen Molkereien sind in Vorlage getreten und haben die Erzeugermilchpreise in kleinen Schritten erhöht. Dennoch fordert Titschenbacher von der Bundesregierung einen Teuerungsausgleich ein, zumal der Staat an den höheren Betriebsmittelpreisen im Wege der Umsatzsteuer mitverdient. Zudem ruft der Präsident zum großen Schulterschluss zwischen Bauern, den milchverarbeitenden Betrieben und dem Lebensmittelhandel auf.
Gaspreise explodiert
Auch bei den Molkereien ist die Situation ernst. Johann Loibner, Vorstand der Berglandmilch, informiert: „Im Vergleich vor einem Jahr sind die Gaspreise jetzt neun Mal höher, die Strompreise vier Mal höher. Gleichzeitig ist die Berglandmilch mit enormen Kostensteigerungen bei Verpackung und Logistik konfrontiert. Lieferketten sind durchbrochen, versprochene Verpackungen werden nicht rechtzeitig geliefert.“ Loibner kündigt an, dass die Berglandmilch all ihre Betriebe in den nächsten drei Jahren auf Biomasse umstellen wird. Und er verteidigt das Vorhaben der Berglandmilch, die Milch bei ihren etwa 120 Bauern in der Südoststeiermark nur mehr alle drei Tage abholen zu wollen.
Bei der Ennstal Milch und Obersteirischen Molkerei gibt es bezüglich der Milchabholung kein derartiges Ansinnen. Allerdings stellt Andreas Radlingmaier, Aufsichtsratsvorsitzender der Ennstal Milch, in den eigenen Landmarkt-Märkten fest, dass sich der Verkauf von Premium-Produkten in Richtung Einstiegsprodukte verlagert. „Die Konsumenten beginnen bei den Lebensmitteln zu sparen“, bringt es Radlingmaier auf den Punkt.
Ähnliches bemerkt auch die Obersteirische Molkerei (OM). Deren Obmann Jakob Karner sagt: „Premiumprodukte haben einen rückläufigen Absatz. Diskontprodukte sind immer mehr begehrt. Daher müssen wir zusätzliche Märkte im Ausland für unsere Premiumprodukte suchen.“ Auf den drohenden Gas-Engpass reagiert die OM in ihren Werken in Knittelfeld und Kapfenberg mit der Versorgung durch Heizöl. „In wenigen Tagen sind wir in der Lage, den Betrieb in einer Notsituation mit Heizöl aufrecht erhalten zu können. Es wäre sonst ein Wahnsinn, wenn wir die Milch nicht mehr von unseren Bauern abholen und verarbeiten könnten“, sagt Karner.
Einer der aktuell 3906 steirischen Milchbetriebe ist jener von Silvia Prugger in St. Johann am Tauern. In ihrem Stall hat sie 28 Stück Vieh, davon 15 Milchkühe, stehen. Auch sie beklagt die stark gestiegenen Preise für Energie, Futtermittel und Stroh. „Ich bin froh, dass wir im Jahr 2011 einen Laufstall bauen konnten, denn unter den derzeitigen Preisen wäre das jetzt nicht machbar.“
Gelebtes Tierwohl
Und zur aktuellen Tierwohl-Diskussion merkt sie an: „Für mich ist Tierwohl eine Selbstverständlichkeit. Es ärgert mich, dass Tierwohl meist als Marketingbegriff herhalten muss. Gelebtes Tierwohl ist im Berggebiet auch mit Kombinationshaltung mit Weide und Stallhaltung erreichbar. Entscheidend sind ein komfortabler Liegeplatz im Stall, eine gesunde wiederkäuergerechte Fütterung und ein respektvoller Umgang mit den Tieren. Geht es den Tieren gut, geht es auch uns Bäuerinnen und Bauern gut.“
Beitragsfotos: LK/Danner, agrarfoto.com