Beim 2. Internationalen Festival der Textilen Kunst kommen „Spitzen“-Experten aus aller Welt zusammen und präsentieren ihre Werke.
Wie zerbrechlich-zarte Eisblumen am winterlichen Fenster, wunderschön und zum Glück nicht ebenso vergänglich wirken die Kunstwerke aus feinstem Garn in schlichtem Weiß oder in fröhlich bunten Farben. Emma de Ro kennt sie alle und sie kennt auch alle Techniken, Muster, Charakteristiken derselben und kann sie perfekt nach ihrer Herkunft einordnen. Seit mehr als 40 Jahren brennt die Kursleiterin für europäische Handarbeitstechniken für das Klöppeln. Am kommenden Wochenende versammeln sich auf ihre Initiative bereits zum zweiten Mal mehrere hundert Handarbeits-Experten aus der ganzen Welt im Bildungshaus Schloss St. Martin im Grazer Süden, um im Rahmen des „Internationalen Festivals der Textilen Kunst“ ihre jeweiligen landesspezifischen Exponate zu präsentieren. Dazu sind natürlich alle Interessierten herzlich eingeladen: „Es wird die beste Stickerin Frankreichs dabei sein“, ist de Ro schon erfüllt von Vorfreude. Emsig trifft sie in den altehrwürdigen Räumlichkeiten die Vorbereitungen für das Festival, wo unter anderem in einer Sonderausstellung auch die Tischkultur des 21. Platz findet. Auf der dazu opulent gedeckten Tafel mit feinstem Porzellan befinden sich auch Tisch-Sets und Servietten sowie -ringe, die mit Klöppelspitze geschmückt sind und die unterschiedlichsten Muster- und Farbkombinationen aufweisen – traditionelle wie hochmoderne. „Ja, Spitzenklöppeln ist ein sehr alte Handarbeitskunst, die sich aus der Flecht- und Knüpftechnik entwickelt hat. Vorläufer der Spitze findet man bereits bei den, so richtig populär von Norditalien, Frankreich und Belgien ausgehend, wurde Klöppeln dann im 15. Jahrhundert, wo in Folge jedes Land, seine Herrscher eigenen Spitzen haben wollten,“ beweist Emma de Ro perfekte Geschichtskenntnisse.
Kaiserlich und rosarot
Auch Österreich hat seine ganz eigene Spitze, die „Austria-Spitze“ und in der Steiermark erlangte speziell das Ausseerland Popularität mit seinem typischen altrosa Garn. „Wenn die kaiserliche Entourage aus Wien zur Sommerfrische anreiste, dann arbeiteten die Ausseer Klöpplerinnen Tag und Nacht, um möglichst viele Spitzen zu produzieren und vor allem an die Herrschaft zu bringen“, lacht de Ro. Auch die steirische Landeshauptstadt hat ihre ganz charakteristische Klöppelspitze: „Das Herz und die Blume sind typische Muster und die Farbe, denn zu Beginn war die Spitze in unserem Raum ausschließlich weiß, nur die slawischen Völker verwendeten Naturtöne.“ Dazu hat Emma de Ro auch ihr aktuelles Buch verfasst, das sie bei der Eröffnung am Freitag vorstellt.
Einfach und meditativ
Wer am kommenden Wochenende beim Festival sich diese filigranen Kunstwerke so ansieht oder Emma de Ro mit den hölzernen Spulen, den „Klöppeln“ so zusieht, der wird sich denken: „Das würde ich doch nie erlernen.“ „Nein, es ist ganz einfach. Es kommt nur darauf an, dass man es gut erklärt bekommt. Meine Schüler sind von vier bis 96 Jahre alt und es hat noch ein jeder erlernt. Wenn man erst dabei ist, wirkt Klöppeln sehr meditativ“, erzählt de Ro. Was braucht es alles dazu? „Vier Klöppel für den Grundschlag, zwei in jeder Hand. Der Grundschlag lautet: Kreuzen, Drehen. Das verwendete Garn besteht zu 90 Prozent aus Baumwolle und den Klöppelbrief. Der ist sozusagen die Vorlage, vergleichbar mit der Schnittvorlage der Schneiderin. Beim Klöppeln läuft alles nach System, sehr exakt und fehlerlos.“, erklärt die leidenschaftliche Lehrerin.
Festival-Programm
Do, 17. Sept 2015, 19.30 Uhr: Eröffnung mit Buchpräsentation „Die Grazer Klöppelspitze“ und Modenschau, Musik, Buffet, Eintritt frei!
Frei, 18. bis So, 20. Sept., täglich 9 bis 18 Uhr: Die Größen der Textilen Kunst präsentieren ihr Können in Form von Ausstellungen.
Vorführung und Präsentation folgender Techniken, u. a: Klöppeln, Irische Häkelei oder Richelieu
Sonderausstellungen: „Tischkultur vom Feinsten im 21. Jahrundert“, „The Beauty of Orient – A Lace Journey“, „Sammlung von Textilien der chinesischen Bevölkerung”
Verkauf von exquisiten alten wie modernen Handarbeiten und Literatur vor Ort
Sa, 19. Sept. 2015, 19.30 Uhr: Steirerabend mit Volkstanzgruppe St. Martin im Sulmtal, Eintritt mit Buffet 20 Euro, Tracht erwünscht
Tageseintritt: 5 Euro
Info und Anmeldung: Emma de Ro, Tel. 0 664 460 70 19,
E-Mail: emma.dero@tele2.at