Bei den Gemeinderatswahlen 2020 ist die ÖVP auf dem Stimmzettel wieder die Nummer eins, in rund 200 Gemeinden will sie es bleiben.
Eine offiziellen ÖVP-Auftaktveranstaltung für die steirischen Gemeinderatswahlen 2020 gibt es nicht. Genau genommen beginnt in jeder Gemeinde dann der Wahlkampf, wenn die Kandidatenliste beim außerordentlichen Parteitag abgesegnet wird. „Im Statut der Steirischen Volkspartei ist nämlich ein solcher Ortsparteitag niedergeschrieben“, erklärt der VP-Bezirksparteiobmann von Graz-Umgebung, Ernst Gödl. In „seinem“ Bezirk gibt es diesmal 36 solche Versammlungen – vor der Gemeindezusammenlegung im Jahr 2015 waren es noch 57. Los ging`s in Graz-Umgebung am 15. Jänner, der letzte Gemeinderatswahl-Parteitag ist am 12. Februar in Thal. In dieser Gemeinde drehte die Volkspartei die Mehrheitsverhältnisse bei den bislang letzten Kommunalwahlen vor fünf Jahren und stellt seither den Bürgermeister. Aber es war nicht die einzige Gemeinde, wo die ÖVP die Gemeinde „umfärbte“. Zum Beispiel stellt sie seither auch in Köflach, Feldbach, Frohnleiten, Sinabelkirchen, Grundlsee, Weinitzen und St. Nikolai im Sausal den Bürgermeister.
Rückschau
Das gute Abschneiden der Volkspartei bei den letzten Gemeinderatswahlen kam insofern unerwartet, weil aufgrund der vorangegangenen Gemeindestrukturreform von manchen Skeptikern sowohl der ÖVP als auch der SPÖ ein jäher Absturz prophezeit worden war. Das trat aber nicht ein. Die ÖVP erzielte bei den Wahlen im März 2015 exakt 42,72 Prozent (minus 4,09 Prozent). Die SPÖ kam auf 31,57 Prozent (minus 5,42 Prozent), die FPÖ auf 13,86 Prozent (plus 7,31 Prozent). Die Volkspartei stellt aktuell 200 der 285 Bürgermeister (mit Graz, wo 2017 gewählt worden ist, sind es 201 der insgesamt 286 steirischen Bürgermeister).
Der Druck steigt
Ein Großteil der damals fusionierten Gemeinden ist bereits als neue Einheit zusammengewachsen. „Dort, wo die Bereitschaft zur Zusammenarbeit da ist, funktioniert es“, erklärt Gemeindebund-Präsident Erwin Dirnberger. Er ist selbst Bürgermeister einer solchen Fusionsgemeinde, nämlich von Söding-St. Johann, und bereits seit 30 Jahren als Bürgermeister im Amt. Beim Finden von Spitzenkandidaten ortet er zumindest bei den steirischen Bürgermeister-Parteien keine größeren Probleme. Er gesteht aber ein, dass auf ihn und seine Amtskollegen immer mehr Verantwortung zukommt: „Der Druck in Haftungsfragen steigt enorm, die rechtlichen Komponenten von Entscheidungen werden immer mehr durchleuchtet.“ Und dass speziell das Bürgermeister-Amt mit einem hohen Zeitaufwand verbunden ist, ist nicht neu.
Bei den Gemeinderatswahlen 2020 gibt es wieder einen vorgezogenen Wahltag. Bereits am 13. März können Frauen und Männer zumindest in einem Wahllokal in der Wohnsitzgemeinde ihre Stimme abgeben. Da es daneben auch noch die Möglichkeit zur Briefwahl gibt, ist die Sinnhaftigkeit des vorgezogenen Wahltages zu hinterfragen. Dirnberger dazu: „Jetzt schauen wir einmal, wie stark das angenommen wird. Dann diskutieren wir weiter!“ Sorgen bereitet es ihn aber schon, dass es immer schwieriger wird, die Wahlbehörden zu besetzen. Ein Ausweg wäre die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die bisher ehrenamtlich tätigen Wahlbeisitzer.
Aufgrund des Wahlergebnisses bei der letzten Landtagswahl ist die ÖVP auf dem Stimmzettel wieder die Nummer eins. Sie wird in allen Gemeinden kandidieren. Wie viele andere wahlwerbende Parteien und Listen noch auf dem Stimmzettel aufscheinen werden, entscheidet sich erst am 14. Februar. Bis dahin müssen alle Kandidatenlisten in der Gemeinde offiziell eingereicht werden.
Der ÖVP-Slogan für die diesjährige Gemeinderatswahl lautet „Volles Herz voraus“ beziehungsweise „Wo unser Herz zuhause ist“. Für die künftigen VP-Gemeindefunktionäre kündigt Philipp Ozek, der Landesgeschäftsführer der Kommunalpolitischen Vereinigung, schon bald nach der Wahl eigene Schulungsprogramme wie zum Beispiel über die Gemeindeordnung an.
Gemeinde-Zukunft
Die Punkte des Wahlprogramms legt ausnahmslos die ÖVP-Ortspartei fest. Bei einer österreichweit durchgeführten Umfrage des Gemeindebundes über die größten kommunalen Herausforderungen scheinen aber viele Themen auf, die sich wohl auch in den Wahlprogrammen finden werden. Zentrales Thema sind die Gemeindefinanzen. Nur durch die Ansiedelung neuer Gewerbe- und Industriebetriebe und gleichzeitig durch ein effizientes Arbeiten in der Kommune kann zusätzliches Geld für neue Projekte locker gemacht werden.
Das Thema Kinderbetreuung steht in der Bevölkerung auf der Prioritätenliste ganz oben. Vor allem bei der Kleinkinderbetreuung gibt es vielerorts einen großen Aufholbedarf. Der Ausbau von Breitband in den Gemeinden ist die zentrale Herausforderung im Bereich der kommunalen Infrastruktur. Während Wasser, Kanal und Müllentsorgung in den Gemeinden gut funktionieren, ist der Druck für den Ausbau eines leistungsstarken Internets enorm. Schnelles Internet ist schließlich eine Schlüsselinfrastruktur und Standortfrage für Gemeinden. Es ermöglicht Arbeitsplätze, verhindert Abwanderung und wird damit zunehmend zur Existenzfrage.
Beitragsbild: Gina Sanders-stock.adobe.com