Selbsternannte Friedensmission

von Karl Brodschneider

Die Reisetätigkeit des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban irritiert und empört die meisten europäischen Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen der noch amtierenden EU-Institutionen. Zwar hat Ungarn mit Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernommen, Orban hat deshalb aber kein Recht, im Namen der EU sprechen und verhandeln zu dürfen. Das obliegt dem EU-Ratspräsidenten und dem EU-Außenbeauftragten.

Darauf scheint Orban zu pfeifen und so hat er sich binnen weniger Tage mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskyi, mit Russlands Machthaber Wladimir Putin sowie mit Chinas Staatschef Xi Jinping getroffen. Für Russland war diese Zusammenkunft eine willkommene Möglichkeit, die Uneinigkeit in der EU darzustellen. Und dass dann kurze Zeit später schwere russische Raketenangriffe zu zahlreichen Toten in ukrainischen Städten geführt und dabei sogar ein Kinderspital in der Hauptstadt Kiew teilweise zerstört haben, dürfte aber nicht einmal Orban als hilfreich bei seiner selbsternannten Friedensmission empfunden haben.

Sein Treffen in China hat auch ganz andere Gründe. Für China ist Ungarn das Einfallstor nach Europa. Mit chinesischen Krediten soll die Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad ausgebaut werden. Und der kometenhaft aufgestiegene E-Auto-Hersteller BYD will in Südungarn ein riesiges Werk bauen.

Nächstes Ziel von Orban ist der Nato-Gipfel. Auch die US-Regierung sieht seine Tour kritisch, zuweilen Orban kein Hehl daraus macht, dass er sich Donald Trump als künftigen US-Präsidenten wünsche.

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