Im Interview: Manfred Kohlfürst

von Karl Brodschneider

Manfred Kohlfürst, Bauernbund-Spitzenkandidat für den Bezirk Graz und Umgebung, über die Landwirtschaft in einer boomenden Region.

 

NEUES LAND: Herr Kohlfürst, Sie stehen der Bezirksbauernkammer Graz und Umgebung als Obmann vor. Was zeichnet den Bezirk besonders aus?

Manfred Kohlfürst: Wir sind der Bezirk mit der größten Vielfalt. Wir haben sehr viele kleine Betriebe und die Stadt Graz im Mittelpunkt. Deshalb spielt die Direktvermarktung bei uns eine wichtige Rolle. Wir haben eine große Dichte an Bauernmärkten und beim Ab-Hof-Verkauf.

 

Neue Probleme

NL: Der Großraum Graz zählt österreichweit zu den boomenden Regionen. Welche Herausforderungen sind damit gegeben?

Kohlfürst: Viel Zuzug braucht Wohnungen und Arbeitsplätze. Das geht mit massiver Bodenversiegelung einher. Das ist aber bestes Ackerland, das damit verloren geht. Es führt aber auch dazu, dass Landwirtschaft oft nicht mehr stattfinden kann. Geruch, Lärm und Staub werden immer mehr zum Problem. Ein großes Thema bei uns sind auch die Hunde, Hundekot auf den Wiesen, unbefugte Eigentumsbetretungen sowie Pferde im Wald. Dazu kommen die Freizeitsportler, die sich mit dem Fahrrad oder beim Laufen abseits der Straßen und Wege bewegen. 

 

NL: Wird die Landwirtschaft von den Menschen überhaupt noch verstanden?

Kohlfürst: Wir üben einen Beruf aus, von dem ein Großteil der Menschen meint, dass sie wüssten, wie es funktioniert. Jeder redet mit. Es ist aber alles sehr komplex und viele haben nicht mehr den Bezug zur Landwirtschaft. Man muss uns Bauern schon zugestehen, dass wir unsere Tätigkeit – auch im eigenen Interesse –  nach bestem Wissen und Gewissen ausüben. Schließlich sind wir dafür auch bestens ausgebildet. Durch die Corona-Krise haben wir eine große Wertschätzung erlebt. Diese muss sich aber erst in der Wertschöpfung niederschlagen. Man fordert von uns höchste Standards in der Pflanzenproduktion und beim Tierwohl. Da muss man aber schon auch darauf hinweisen, dass das etwas kostet und den Konsumenten etwas wert sein muss. 

 

NL: Ein besonderes Thema in Graz und Umgebung ist das Regionalprogramm. Wie steht es damit?

Kohlfürst: Das beschäftigt uns schon seit vielen Jahren. Auch für uns in der Landwirtschaft hat der Schutz des Trinkwassers oberste Priorität. Aber die Einschränkungen des Regionalprogramms führen zu mehr Belastungen und Minderträgen. Daher ist es notwendig, dass die Bauern dafür abgegolten werden. Dieses Thema muss weitergeführt werden. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir Landwirtschaft auf einem hohen Niveau betreiben. Vieles ist möglich, aber es muss auch wirtschaftlich passen, denn letzten Endes wollen wir von fairen Produktpreisen leben können.

 

Neuer Standort

NL: Die Bezirksbauernkammer wird ihren Standort im Steiermarkhof verlassen. Wie stehen Sie dazu?

Kohlfürst: Die Übersiedelung nach Lieboch soll Ende 2021 erfolgen. Es war nicht unser Wunsch, wieder auszuziehen, aber wir sehen die Vorteile und begrüßen den neuen Standort. Da ist sicher viel Kompetenz unter einem Dach gegeben. Und eines möchte ich schon betonen, gutes Service ist für unsere Bäuerinnen und Bauern sehr wichtig. Nicht nur bei der Entgegennahme der Mehrfachanträge ist Kompetenz gefordert, sondern auch im Sozialbereich, bei Pachtverträgen, in der Bäuerinnenorganisation und bei vielem anderen mehr.

 

Zur Person

Manfred Kohlfürst ist seit 2017 Kammerobmann von Graz und Umgebung. Er ist verheiratet, Vater von vier Töchtern und Obstbauer in der Marktgemeinde St. Marein bei Graz. Dort war er fünf Jahre Gemeindekassier und ist Pfarrgemeinderatsvorsitzender und Bauernbundobmann. Seit heuer ist Manfred Kohlfürst auch Obmann der steirischen Erwerbsobstbauern.

 

 

Beitragsfoto: Brodschneider

 

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