Im Interview: Horst Jauschnegg

von Karlheinz Lind

Tierzuchtdirektor Horst Jauschnegg über Tierschutzstandards, explodierende Betriebskosten und klare Forderungen an den Handel.

NEUES LAND: Die Steiermark ist das Bundesland der tierischen Veredelungswirtschaft. Wie geht es unseren tierhaltenden Betrieben im Allgemeinen?

Tierzuchtdirektor Horst Jauschnegg: Die gesamte Branche ist derzeit von enormen Kostensteigerungen geprägt, vor allem bei Diesel und Dünger. Und genau diese Steigerungen sind eine große Herausforderung in der Produktion. Auch in der Verarbeitung gibt es mit den gestiegenen Gaspreisen ein Problem. Molkereien haben damit zu kämpfen, in der Schlachtbranche kommt der Arbeitskräftemangel dazu. Leider decken die unterschiedlich gestiegenen Erzeugerpreise in vielen Bereichen die Mehrkosten nicht. Positive Signale gibt es im Milch- und Zuchtviehbereich. Auch in der Rindfleischproduktion sind die Preise okay. Im Schweinebereich haben zahlreiche Mäster nicht eingestellt, dies hat die Ferkelproduzenten wieder unter Druck gesetzt.

Insgesamt bereiten uns die Vorgaben aus Brüssel große Sorgen. Hier sehe ich die heimische Produktion in Gefahr, denn immer öfter haben hier NGO´s das Sagen und bestimmen über die Zukunft der produzierenden Betriebe. Dazu möchte ich die Wolfsproblematik erwähnen. Gerade wir als Interessensvertretung haben früher Betriebe beraten, um zum Beispiel die Produktion zu optimieren. Heutzutage kämpfen wir gegen Angriffe von außen gegenüber unseren Produzenten. Ich würde mir wünschen, dass wir unsere bäuerlichen Produzenten stärken und nicht einschränken.

 

NL: Gerade die Schweinebranche steht mit dem Aus der Vollspaltenhaltung massiv im Umbruch. Wie sehen Sie die Zukunft?

Jauschnegg: Leider hat eine lange Diskussionsphase massive Verunsicherung bei unseren heimischen Schweinebauern ausgelöst. Mit dem neuen Tierschutzgesetz ist nun die rechtliche Basis geschaffen worden und bietet den Landwirten Planungssicherheit. Sie wissen nun, wohin die Reise geht. Im Vergleich zu Deutschland sind wir deutlich besser aufgestellt. In Österreich haben wir als Interessensvertretung und unter Mitwirkung der Verbände noch einen guten Zugang zu Politik und Ministerium, um praxistaugliche Vorgaben mitzubestimmen. Natürlich ist das Verbot der Vollspaltenhaltung eine Herausforderung, aber die Übergangsfristen geben Planungssicherheit. Jetzt ist aber die Frage zu klären, ob die erhöhten Produktionskosten, auch bezahlt werden. Weiters müssen unsere Bauern diese neuen Ställe auch bauen dürfen. Hier richte ich den klaren Appell an die Landespolitik, für Rechtssicherheit zu sorgen. Sonst gefährden wir unsere Eigenversorgung.

 

NL: Im Rinderbereich hat man mit der Problematik des Methanausstoßes zu kämpfen. Wie kann hier dagegen gesteuert werden?

Jauschnegg: Eingangs muss man festhalten, dass die Landwirtschaft in Österreich gerade einmal knapp zehn Prozent an Treibhausgasausstoß verursacht. Der Rest wird durch das Verbrennen von fossilen Energieträgern verursacht. Laut Medienberichten durch NGO´s könnte man meinen, dass die Landwirtschaft alleine daran Schuld wäre. Eigentlich ist es das Gegenteil: Im Zeitraum 1990 bis 2020 konnten die von der Landwirtschaft verursachten Treibhausemissionen sogar um 19 Prozent reduziert werden. In einem EU-Ranking ist Österreich sogar das Land, das pro Kilogramm produzierter Milch und produziertem Rindfleisch die niedrigsten Emissionen aufweist. Gerade unsere standortangepasste Landwirtschaft in Kombination mit Weidehaltung und einem hohen Anteil an hofeigenem Futtermittel sorgt dafür. In diesem Zusammenhang möchte ich sogar den Appell an eine nachhaltige Intensivierung richten. Nur so können wir in Zukunft unsere ständig steigende Weltbevölkerung ernähren.

 

NL: Auch unsere Geflügelbauern haben einerseits mit enorm gestiegenen Produktionskosten und andererseits mit Billigimportware zu kämpfen. Laufen wir hier Gefahr, eine ganze Branche zu verlieren?

Jauschnegg: Der Import von versteckten Käfigeiern – also in verarbeitenden Produkten – sowie der Import von Billiggeflügelfleisch setzen der gesamten Branche hart zu. Hier sehen wir, was passiert, wenn man die Tierschutzstandards zu hoch hinaufschraubt. Derzeit müssen österreichische Puten sogar nach Polen exportiert werden, da im heimischen Einzelhandel billige Importware den Platz eingenommen hat.

 

NL: Bio versus konventionell. Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Biobranche?

Jauschnegg: Für mich braucht es Beides am Markt und beide Produktionsschienen haben ihre Berechtigung. Wichtig ist, dass es bei Bio eine nachfrageorientierte Ausweitung der Produktion gibt. So wird derzeit bereits Biomilch nach Deutschland exportiert, da dort eine große Nachfrage besteht. Bauen die deutschen Produzenten einen eigenen Markt auf, haben wir ein Problem. Auf jeden Fall brauchen wir beide Schienen. Und gerade in Zeiten, wo Handelsdünger schwer verfügbar und auch sehr teuer ist, gewinnt der Wirtschaftsdünger ebenfalls an Bedeutung.

 

NL: Die derzeitige Inflation bringt ja gerade Produkte aus höherpreisigen Segmenten unter Druck. Wie wirkt sich diese Situation auf unsere Veredelungsbetriebe aus?

Jauschnegg: Die derzeitige Inflation belastet nicht nur Erzeuger, sondern auch die Konsumenten. Somit rücken die Billigschienen der Handelsketten wieder in den Vordergrund. Doch eines muss uns klar sein: Tierwohl und Billigstprodukte in einem kann es nicht geben.

 

NL: Sie sprechen das Thema Tierwohl an. Wo wird in diesem Bereich die Reise hin gehen?

Jauschnegg: Tierwohlprodukte sind in der Erzeugung wesentlich teurer und die Produzenten brauchen abgesicherte Lieferverträge über längere Zeiträume. Es kann nicht sein, dass Tierwohl gefordert, aber nicht bezahlt wird. Landwirte müssen in neue Ställe investieren, die sehr teuer sind und über lange Zeit abgeschrieben werden müssen. Deshalb fordere ich auch vom Gesetzgeber, dass gerade in der öffentlichen Beschaffung auch solche Produkte eingekauft werden. Denn auch die Standards werden ständig erhöht.

 

NL: In unzähligen Ernährungstrends ist die Einschränkung des Fleischkonsums enthalten. Wird in Zukunft wirklich kein Fleisch mehr gegessen?

Jauschnegg: Wir erkennen einen leichten, moderaten Rückgang beim Fleischkonsum. Würde man manchen Medien Glauben schenken, könnte man meinen, dass bereits die Hälfte der Bevölkerung Veganer sind. Das stimmt natürlich nicht, der Anteil liegt im einstelligen Prozentbereich. Aber es gibt immer mehr Menschen, die sich bewusst ernähren und nicht mehr so häufig zu Fleischprodukten greifen. Wenn dann Fleisch auf den Tisch kommt, muss es etwas Besonderes sein.

 

NL: Der nationale GAP-Strategieplan wird in der kommenden Förderperiode 2023 bis 2027 die bisherigen ländlichen Entwicklungsprogramme als Förderinstrument für den ländlichen Raum ablösen. Wie schätzen Sie die Investitionsförderungen für tierhaltende Betriebe ein?

Jauschnegg: Glücklicherweise ist es gelungen, stabile Rahmenbedingungen für die nächste Förderperiode zu schaffen. Bezüglich Investitionszuschuss hatten wir als Interessensvertretung eine klare Forderung: die Grenze der anrechenbaren Investitionskosten müsse von 400.000 Euro klar angehoben werden. Gerade die gestiegenen Baukosten sowie Investitionen in neue Tierwohlställe hätten dies gerechtfertigt. Leider konnten wir unsere Forderung nicht durchsetzen.

Zur Person

  • Horst Jauschnegg, 54 Jahre alt, stammt von einem Milchviehbetrieb in Hengsberg.
  • Nach der HBLA Raumberg studierte Jauschnegg an der Universität für Bodenkultur in Wien Tierzucht.
  • Bereits 1997 trat er in den Kammerdienst ein.
  • Nach 17 Jahren in der Forstabteilung wechselte Jauschnegg als Leiter in die Tierzuchtabteilung.
  • Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Beitragsfoto: Lind

Zum Thema passend

Einen Kommentar abgeben