Er hatte nur die Volksschule besucht und wurde doch zu höchsten Aufgaben im Staate berufen. Am 2. März jährt sich der Todestag von Ökonomierat Josef Wallner zum 50. Mal. Wer war dieser großartige Agrarpolitiker und Raiffeisenfunktionär eigentlich?
Der im Jänner 1902 geborene Wallner gründete bereits 1925 in seiner Heimatgemeinde Kirchbach eine Fleckviehzuchtgenossenschaft und übernahm im selben Jahr das Obmann-Amt im Jungsteirerbund. So wurde man rasch auf seine Begabungen aufmerksam. 1933 wurde er Bürgermeister, 1934 Mitglied des Steiermärkischen Landtags, 1937 Vizepräsident der steirischen Landwirtschaftskammer. Im Jahr 1938 begann auch für ihn die große Zäsur. Er wurde für kurze Zeit inhaftiert, darauf freigelassen und all seiner Ämter enthoben. Nun widmete er sich ganz seiner Familie und seinem Hof.
Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg ersuchten ihn die Kirchbacher wieder, das Bürgermeisteramt zu übernehmen. Aber auch der Bauernbund und die ÖVP drängten ihn zur Mitarbeit auf Landesebene. So wurde er zum Wiederbegründer des Bauernbundes und zum Mitbegründer der Steirischen Volkspartei. Dann kamen bereits die ersten großen Aufgaben für Josef Wallner: Vizepräsident der Landeskammer unter Josef Hollersbacher und erster Präsident des Landtages (Landeshauptmann war damals Anton Pirchegger). 1948 wurde er Landwirtschaftskammer-Präsident, 1949 Bauernbund-Landesobmann.
Die größten Aufgaben, die es jetzt zu bewältigen gab, waren der Wiederaufbau und die Stärkung der Agrarproduktion, was vor allem wieder nur durch eine stärkere fachliche und auch gesamtmenschliche Bildung zu erreichen war. So wurde 1949 unter seiner Verantwortung der Bund Steirischer Landjugend gegründet.
Seine höchste Berufung als Bauernführer erfolgte 1960, als er vom Bundesbauernrat einstimmig zum Präsidenten des Österreichischen Bauernbundes gewählt wurde. Sein Hauptanliegen in dieser Funktion war zunächst die Erlangung eines Landwirtschaftsgesetzes. Dank der intensiven Unterstützung von Landwirtschaftsminister Eduard Hartmann kam es dann schon 1961 zum Landwirtschaftsgesetz mit dem Grünen Plan.
Um in der Steiermark etwas entlastet zu werden, legte er die Funktion des Landtagspräsidenten zurück. Aus Gründen einer sinnvollen Koordination der Arbeit zwischen dem VP-Agrarklub und dem Bauernbund nahm er 1961 ein Nationalratsmandat an, das er bis 1970 ausübte. Ein Jahr später wurde Josef Wallner zum Dritten Präsidenten des Nationalrates gewählt.
Immer mehr begann er nun auch in ein bis dahin ziemlich unbeachtetes Gebiet vorzustoßen, nämlich in die bäuerliche Sozialpolitik. 1965 ging es um die Einführung einer Bauernkrankenversicherung. Es gelang der Bauernvertretung unter Josef Wallner, vom Staat eine 50-prozentige Kostenbeteiligung zugestanden zu bekommen. Bald darauf wurde die bäuerliche Zuschussrente erreicht. Danach folgte ein langes und zähes Ringen um eine Verbesserung der bäuerlichen Altersvorsorge. Unter der Alleinregierung der ÖVP gelang es schließlich, das Bauernpensionsgesetz zu beschließen, das ab 1971 wirksam wurde. An diesem Meilenstein in der österreichischen Agrargeschichte wird zweifellos das Hauptwerk von Josef Wallner sichtbar.
Der Kirchbacher wusste aber auch, dass die bäuerliche Selbsthilfe seit Friedrich Wilhelm Raiffeisen nichts von ihrem Sinn und ihrer Notwendigkeit eingebüßt hatte. Deshalb setzte er sich auch als Genossenschaftsfunktionär in vielen Bereichen führend ein. Seinen plötzlichen Herztod hatte der Obmann des Raiffeisenverbandes Steiermark just bei einer Genossenschaftstagung in Leoben erlitten. Er stand damals im 73. Lebensjahr. Die meisten anderen Spitzenfunktionen hatte er in den Jahren zuvor abgegeben. Bis 1970 war Wallner Präsident des Österreichischen Bauernbundes und Dritter Präsident des Nationalrats, bis 1971 war er Kammerpräsident und Bauernbund-Landesobmann, bis 1972 Bürgermeister.
Mit seiner Gattin Maria, die er 1935 heiratete, hatte Wallner, der als umsichtiger und schlichter Bauer galt, sieben Kinder. Zwei seiner drei Söhne starben sehr jung unter dramatischen Umständen.
Gedenkfeiern
Am Friedhof in seiner Heimatgemeinde Kirchbach in Steiermark – hier war er von 1933 bis 1938 sowie von 1945 bis 1972 Bürgermeister – wird am Samstag, 2. März, des 50. Todestages von Ökonomierat Josef Wallner gedacht. Die Kranzniederlegung findet um 15 Uhr statt. Am Sonntag, dem 3. März, wird um 10 Uhr zu einem Gedenkgottesdienst im Grazer Dom eingeladen. Im Glauben fand Ökonomierat Wallner auch den Halt in schwierigen Lebenssituationen. Zwei seiner Söhne verlor er unter dramatischen Umständen. In diesen Zeiten bewies er Härte zu sich selbst und legte eine konsequente Haltung an den Tag.
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