Wie in der Steiermark die Energiewende erfolgen soll, wurde bei der zweitägigen Regierungsklausur in Schladming klar abgesteckt. Auch das weitere Vorgehen beim Thema „Agrarphotovoltaik“ steht nun fest.
Bei ihrer zweitägigen Klausur in Schladming hat sich die Steiermärkische Landesregierung das klare Ziel gesetzt, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern laufend voranzutreiben und damit den Weg zur Energiewende in der Steiermark zu beschreiten. Landeshauptmann Christopher Drexler und Stellvertreter Anton Lang begründeten das damit, dass der Angriffskrieg in der Ukraine vor allem menschliches Leid mit sich gebracht hat, aber auch mit großen Sorgen um die Versorgungssicherheit mit Energie einhergeht. Mit diesen Maßnahmen will die Regierung die Abhängigkeit von Energieimporten so rasch wie möglich reduzieren und so auch einen Beitrag zu gesellschaftlich verträglicheren Energiepreisen leisten. Denn nur mit dem Umstieg auf erneuerbare und damit regional verfügbare Energieträger könne langfristig eine leistbare und sichere Energieversorgung sichergestellt werden.
Photovoltaik auf Agrarflächen
Die steirische Energiewende beruht auf den vier Säulen Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Dabei kommt der Sonnenergie besonders große Bedeutung zu. Um die ambitionierten Ziele bis 2030 und darüber hinaus zu erreichen, werden neben der Priorität für Dach-, Deponie- und Brachflächen auch eingeschränkt landwirtschaftlich genutzte Flächen für diesen energiepolitischen Schulterschluss genutzt.
Die Vorrangzonen, die nun in einem Fachvorschlag definiert werden konnten, sind wichtig zur Beschleunigung des Ausbaus der Photovoltaik an energiewirtschaftlich idealen Standorten. Um die kostbare Ressource Boden so effektiv wie möglich zu nutzen, bleiben die beiden hochwertigsten Bodenkategorien laut elektronischer Bodenkarte („mittelwertig bis hochwertig“ und „hochwertig“) weiterhin der landwirtschaftlichen Produktion vorbehalten und alle landwirtschaftlichen Vorrangflächen außerhalb des Sachprogramms werden als Ausschlusszonen für die PV-Nutzung definiert.
Unter diesen Parametern wurden rund 962 Hektar an potentiellen Flächen in 39 Gemeinden in der ganzen Steiermark identifiziert. Wichtig sind dabei eine gute regionale Verteilung sowie die Nähe zur bestehenden Energieinfrastruktur, damit die Photovoltaikanlagen, die errichtet werden, auch tatsächlich an das Netz angeschlossen werden können.
Ausschlusszonen
Dazu erklärte Agrarlandesrat Hans Seitinger: „Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern. Dazu ist auch eine verstärkte Nutzung von Biomasse, Wind, Wasserkraft und Photovoltaik erforderlich. Der nun vorliegende Fachvorschlag für die Ausweisung von PV-Flächen ist ein notwendiger Kompromiss, der die Sicherung der regionalen Lebensmittelproduktion mit der Notwendigkeit zum raschen PV-Ausbau verbindet. Wesentlich ist, dass die hochwertigsten Flächen weiterhin der landwirtschaftlichen Produktion vorbehalten bleiben und landwirtschaftliche Vorrangflächen außerhalb des Sachprogramms als Ausschlusszonen definiert werden.“
Jetzt starten Gespräche mit den jeweiligen Gemeinden. Das Sachprogramm wird einer strategischen Umweltprüfung unterzogen. Die Beschlussfassung soll im ersten Quartal 2023 erfolgen. Unmittelbar danach soll die Umsetzung beginnen. Gleichzeitig forciert die Energie Steiermark den Ausbau der Netzinfrastruktur mit einem Investitionsvolumen von 1,5 Milliarden Euro bis 2030.
In der Steiermark gibt es 23 Windparks mit insgesamt 104 Windkraftanlagen. Damit ist die Steiermark unter den alpinen Bundesländern Österreichs führend. Das Ziel sind 250 Windkraftanlagen in der Steiermark bis 2030. Das daraus entstehende Leistungspotential soll rund 1.000 Megawatt umfassen. Derzeit liegt die durch Windkraftanlagen erzeugte Energie in der Steiermark bei rund 260 Megawatt Leistung.
Bezüglich der Wasserkraft ist man sich einig, dass die jüngst in der Steiermark umgesetzten Projekte im Bereich der Wasserkraft – wie etwa das Murkraftwerk in Graz-Puntigam und das gerade in Bau befindliche Murkraftwerk in Gratkorn – absolut richtig und wichtig sind. Die Landesregierung will weitere vorhandene Potentiale bei der Wasserkraft in der Steiermark identifizieren und heben.
Weiters legte die Landesregierung ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Bioenergie ab. Schließlich macht die Bioenergie in der Steiermark 65 Prozent der erneuerbaren Energie aus. Die Steiermärkische Landesregierung tritt daher vehement gegen die Erneuerbaren-Richtlinie der Europäischen Union auf. Die Steiermark wird sich daher bei der Bundesregierung und auf Europäischer Ebene mit aller Kraft dafür einsetzen, dass in den bevorstehenden Verhandlungen sichergestellt wird, dass die Nutzung nachhaltig erwirtschafteter Biomasse auch zukünftig möglich ist und der Ausbau nicht durch praxisferne Regeln verhindert wird. Die Steiermark unterstützt zudem auch weitere Arten der Bioenergiegewinnung wie etwa in Form von Biogasanlagen.
Mehr Personal
Einig ist man sich auch, dass es in den Verfahren zum Ausbau der erneuerbaren Energie auch bei den komplexen Umweltverträglichkeitsprüfungen schnellere Ergebnisse braucht. Daher will man die Personalausstattung in diesen wichtigen und sensiblen Bereichen sukzessive ausbauen.
Weiters fördert die Steiermärkische Landesregierung Forschungsprojekte im Bereich der Doppelnutzung von Flächen für den Photovoltaikausbau. So sollen in Zukunft Photovoltaik-Doppelnutzungen ermöglicht werden, die heute noch nicht zur Verfügung stehen. Das gilt insbesondere für den gewerblichen Bereich, um nicht zusätzliche Flächen zu verbrauchen und Nutzungskonflikte zu vermeiden. Auch die baukulturelle Einbettung von Photovoltaik-Anlagen in die Landschaft ist Thema von Forschungsarbeiten.
Foto: Land Steiermark/Binder