Zwei Tage mit viel Europa

von Karl Brodschneider

Die gesicherte Lebensmittel- und Energieversorgung spielten bei den diesjährigen Raumberger Europatagen eine ebenso große Rolle wie der fortschreitende Klimawandel und der Krieg in der Ukraine.

 

Das Generalmotto der Raumberger Europatage beschwor ein „Europa in Frieden, Freiheit und Demokratie“. Die hochkarätigen Referenten machten klar, was das bedeutet. Vor allem der ukrainische Botschafter Vasyl Khymynets berührte die Zuhörer. „Beim Krieg in meinem Land geht es um das Aufeinandertreffen der Tyrannei gegen die Demokratie“, sagte der Botschafter und erklärte: „Daher ist es auch ein Krieg gegen Europa!“ Allein die von ihm genannten Zahlen machten betroffen. Demnach wurden in den vergangenen Monaten schon 11.000 ukrainische Kinder zwangsweise nach Russland deportiert. Rund 200.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sind mit Minen verseucht. „Die Russen wollen, dass wir leiden und psychisch gebrochen werden. Aber wir lassen uns nicht brechen und wollen nicht in einem Terrorstaat und in der Tyrannei leben“, erklärte Khymynets unmissverständlich.

Direktor Johann Gasteiner mit Botschafter Vasyl Khymynets, LK-Präsident Franz Titschenbacher und RWA-Generaldirektor Reinhard Wolf.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe auch in der österreichischen Bevölkerung die Wahrnehmung der militärischen Bedrohung deutlich verändert, zeigte sich der steirische Militärkommandant Heinz Zöllner überzeugt. Die Bundesregierung reagiert darauf, in dem sie für das österreichische Bundesheer in den nächsten vier Jahren zusätzlich 16 Milliarden Euro bereitstellt. Sogar Vizekanzler a. D. Josef Riegler nahm in seinem Referat auf die europäische Sicherheitspolitik Bezug. „Es ist ein Gebot der Stunde, in Europa einen wirksamen Schutzschirm gegen Raketen und Drohnen aufzubauen“, sagte Riegler.

Minus zehn Prozent

Der Krieg in der Ukraine hat auch das Thema der Versorgungssicherheit wieder in den Mittelpunkt gerückt. RWA-Generaldirektor Reinhard Wolf veranschaulichte das mit Beispielen. Im Vergleich zu 2021 ist in der Ukraine im Herbst nur die Hälfte des sonst üblichen Wintergetreides angesät worden. Viele Länder in Nord- und Zentralafrika sind aber vor allem auf ukrainisches Getreide angewiesen. Aber nicht nur deswegen wandelt die Welt am Rande einer humanitären Katastrophe. „Wenn es weltweit zwei Jahre lang eine um zehn Prozent geringere Ernte gibt, droht eine riesige Hungerkatastrophe. „Nur China hat einen ganzen Getreide-Jahresbedarf auf Lager, in der EU sind es nur neun Prozent“, sagte Wolf. Sein dringender Appell an die österreichische Bundesregierung: „Wir brauchen im Grundnahrungsmittelbereich eine Versorgungsstrategie. Derzeit gibt es das nur für das Mineralöl.“ 

Mehr Tempo notwendig

„Der Weg aus der Energieabhängigkeit ist der Weg in den Klimaschutz“, ließ Umweltministerin Leonore Gewessler in ihrem per Video eingespielten Referat wissen. „Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energieträger beschleunigen“, forderte sie. Was das für die Erreichung der Klimaschutzziele für die Steiermark heißt, kleidete Josef Landschützer von der Energie Steiermark in konkrete Beispiele: „Bis 2030 brauchen wir sieben neue Wasserkraftwerke, 84 zusätzliche Windräder, 160.000 Haushalte mit einer Photovoltaikanlage auf den Dächern sowie 785 Hektar PV-Freifläche.“

Weiter hoch bleiben werden die Gas- und Strompreise. Chefvolkswirt Gunter Deuber rechnet für die kommenden vier Jahre mit einem Preisanstieg von 20 Prozent. „Die gefühlte Inflation wird allerdings viel stärker sein, weil die Produkte des täglichen Lebens preislich noch mehr anziehen werden“, meinte Deuber.

Generationenauftrag

In den weiteren Referaten der auf zwei Tage anberaumten Europatage spielten auch der Klimawandel und die europäische Agrarpolitik eine große Rolle. Ehe dann Direktor Johann Gasteiner von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein und LK-Präsident Franz Titschenbacher – sie hatten zusammen mit einem kleinen Team die Europatage organisiert – ihre Zusammenfassung präsentierten, waren noch der Diözesanbischof von St. Pölten, Alois Schwarz, und Superintendent Wolfgang Rehner am Wort. Titschenbacher schloss dann die Tagung mit seiner tiefen Überzeugung: „Europa ist ein Generationenauftrag!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zum Thema passend

Einen Kommentar abgeben