Hofnamen erlauben den Blick auf eine Jahrhunderte alte bäuerliche Kultur. Sie gilt es zu bewahren.
Er ist ein kostbares Kulturgut und stiftet Identität. Zumeist von Generation zu Generation weitergegeben hat er über Jahrhunderte den Status einer bedeutsamen Orientierungshilfe erhalten und doch gerät er zusehends in
Vergessenheit: der Vulgoname. „Er verliert an Bedeutung“, bestätigt Burkhard Pöttler vom Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie an der Karl-Franzens-Universität Graz, „der ländliche Besitz geht zurück, Leute sind heute einfach und eindeutig identifizierbar“. Gerade früher sei bei einer Vielzahl gleicher Namen im Dorf der Hofname zur Unterscheidung, ja zum Sichzurechtfinden wichtig gewesen, „über lange Zeit war er vielerorts bedeutsamer als der Schreibname“, blickt Pöttler in die Geschichte zurück. „In manchen Fällen war die Bindung des Namens an den Hof so bestimmend, dass der wirkliche Familienname völlig in den Hintergrund trat und verloren ging“, ergänzt Martina Edler vom Grazer Volkskundemuseum.
Viele Ursprünge
Wie wird der Vulgoname überhaupt gebildet? „Üblicherweise sind es Kombinationen von Vornamen früherer Besitzer mit Gewerbe- oder Funktionsbezeichnungen, doch es können beide auch allein stehen“, erklärt Gernot Peter Obersteiner vom Steiermärkischen Landesarchiv. Dort kann man übrigens die Geschichte des eigenen Vulgonamens erforschen oder einen solchen überhaupt erst ausfindig machen. Dank der historischen Grundbücher der steirischen Bezirksgerichte ist es für Interessierte möglich, die Besitzgeschichte einzelner Häuser und damit verbunden auch die Herkunft der Vulgonamen zu eruieren. „Für die Besitzforschung müssen die Katastralgemeinde und die Grundbuch-Einlagezahl bekannt sein“, erklärt Obersteiner, „von der Einlagezahl ausgehend, gelangt man über die Urbarnummer der bis 1848 zuständigen Grundherrschaft in der Regel bis in die Zeit Maria Theresias und damit Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, alles Weitere hängt von der jeweiligen Quellenlage ab“.
Selber forschen
Dass Haus- und Hofnamen bis heute Orientierung bieten, unterstreicht auch ihre Präsenz auf dem digitalen Atlas der Steiermark. Auf dem Geoportal GIS Steiermark kann man eine Ortssuche mit dem Vulgonamen durchführen. Sofern die Daten bekannt sind, erhält man die entsprechende Information samt aktueller Adresse auf der Steiermarkkarte. Nachschau halten kann man zudem auf dem Franziszeischen Kataster, quasi „der 200 Jahre alten Urmappe des Katasters“, berichtet Rudolf Hütter von der Fachbereichsleitung Geo-Information des Landes Steiermark. Landauf, landab engagieren sich Initiativen für den Erhalt und die Wiederbelebung des Vulgonamens. NEUES LAND will diese unterstützen, die Energien und Kräfte bündeln und dem Vulgonamen zu neuer Aufmerksamkeit und Beachtung verhelfen. Alle Leserinnen und Leser sind herzlich dazu aufgefordert, ihre Geschichten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen und natürlich selbst Ursprünge zu erkunden und damit spannende Geschichten zu entdecken.
Der Vulgoname
Wenn ständig vom Schneiderpeter die Rede ist und doch eigentlich Florian Baumgartner gemeint ist, dann hat man es mit einem Vulgonamen zu tun. Der Vulgoname bezeichnet das Gehöft unabhängig vom jeweiligen Eigentümer. Die Tradition reicht bis ins Mittelalter zurück, als aufgrund von Namensgleichheiten im Dorfgefüge ein Unterscheidungskriterium zunehmend wichtiger wurde. Die Benennung
eines Hofes ist in der Vergangenheit nach ganz unterschiedlichen Kriterien erfolgt: Die Bezeichnung kann auf einen Familiennamen, auf besondere Persönlichkeiten in der Hofgeschichte, auf den Beruf, die Besitzgröße oder auch die Lage und das Gelände zurückzuführen sein. Ob der Vulgoname über Jahrzehnte Bestand hatte und hat oder immer wieder Veränderungen erfahren hat, unterliegt keinen festen Regeln. Die örtliche Dorfgemeinschaft hatte hier wohl ein Wörtchen mitzureden.
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